Expertenstandard Dekubitus
Der „Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege“ wurde in der 2. Aktualisierung im Jahr 2017 vom Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) herausgegeben1.
Anwender des Expertenstandards sind die Mitglieder der verschiedenen Pflegeberufe in Alten-, Gesundheits- und Krankenpflege sowie in Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. Außerdem bezieht der Expertenstandard Fachkräfte im Pflegedienst mit Hochschulqualifikation in pflegebezogenen Studiengängen als Anwender ein.
Zusammengefasst benennt der Expertenstandard alle genannten Berufsgruppen als Pflegefachkraft. Die vom Expertenstandard angesprochenen Einrichtungen sind Einrichtungen der ambulanten Pflege, der stationären Altenhilfe und der stationären Gesundheitsversorgung.
Weiterführende Inhalte
Wie definiert der Expertenstandard einen Dekubitus?
Dekubitusprophylaxe ist das übergeordnete Ziel des Expertenstandards.
Die Experten definieren Dekubitus angelehnt an die internationale Definition2 als
„… eine lokal begrenzte Schädigung der Haut und/oder des darunter liegenden Gewebes, typischerweise über knöchernen Vorsprüngen, infolge von Druck oder Druck in Verbindung mit Scherkräften. Es gibt eine Reihe weiterer Faktoren, welche tatsächlich oder mutmaßlich mit Dekubitus assoziiert sind, deren Bedeutung aber noch zu klären ist“.
Was ist das Ziel des Expertenstandards?
Der aktuelle Stand der Wissenschaft zeigt, dass adäquate Maßnahmen in der Pflege der Entstehung eines Dekubitus in den meisten Fällen entgegenwirken können. Dazu gehören die Anwendung bewegungsfördernder Maßnahmen sowie Maßnahmen und Hilfsmittel zur Druckentlastung und -verteilung. Daher sieht der Expertenstandard die Prophylaxe von Dekubitus als pflegefachliche Kernaufgabe.
Hauptartikel: Dekubitus
- Dekubitus-Assessment
- Dekubitus: Grade, Stadien, Klassifikation
- Expertenstandard Dekubitus
- Fallbeispiele Dekubitus, Behandlungs- und Heilungsverläufe mit Bildern
- Fersendekubitus
- Hilfsmittel zur Dekubitusprophylaxe
- Positionierung zur Dekubitusprophylaxe
- Sakraldekubitus
- Stuhlmanagement bei Sakraldekubitus
- Wundauflagen zur Dekubitus-Wundversorgung
Welche Ergebniskriterien formuliert der Expertenstandard?
Der Expertenstandard formuliert insgesamt sieben Ziele, die in den Ergebniskriterien auf sechs Handlungsebenen zu finden sind.
- E1: Aktuelle, systematische Einschätzung des individuellen Dekubitusrisikos.
- E2: Patienten/innen bzw. Bewohner/innen und an der Versorgung Beteiligte sind über die Dekubitus-Gefährdung sowie notwendige Maßnahmen informiert. Die Maßnahmen werden kontinuierlich fortgeführt.
- E3: Patienten/innen bzw. Bewohner/innen und deren Angehörige kennen die Dekubitusgefahr sowie geplante Maßnahmen. Sie setzen die Maßnahmen im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit um.
- E4: Geförderte Eigenbewegung von Patienten/innen bzw. Bewohner/innen und Entlastung gefährdeter Körperstellen.
- E5: Für jeweilige Patienten/innen bzw. Bewohner/innen geeignete druckverteilende und -entlastende Hilfsmittel sind unverzüglich angewendet.
- E6a: Patienten/innen bzw. Bewohner/innen haben keinen Dekubitus.
- E6b: Dekubitus-Häufigkeiten und Wirksamkeit der Dekubitusprophylaxe liegen der Einrichtung zahlenmäßig vor.
Expertenstandards in der Wundversorgung
- Expertenstandard Dekubitusprophylaxe
- Hilfsmittel zur Dekubitusprophylaxe: Empfehlungen des Expertenstandards
- Expertenstandard Erhaltung und Förderung der Hautintegrität in der Pflege
- Expertenstandard Förderung der Mundgesundheit
- Expertenstandard Pflege von Menschen mit chronischen Wunden
- Expertenstandard Schmerzmanagement
- Expertenstandard Sturzprophylaxe
Wie sollen die Ergebniskriterien des Expertenstandards erfüllt werden?
Der Expertenstandard setzt auf Wissen und Kompetenz der Pflegefachkräfte sowie Voraussetzungen, die die Einrichtung erfüllen muss. Diese Voraussetzungen sind in den Strukturkriterien des Expertenstandards beschrieben. Die Umsetzungsmaßnahmen sind in Prozesskriterien dargestellt.
Strukturkriterien
Die Strukturkriterien des Expertenstandards konkretisieren die Voraussetzungen, die Pflegefachkräfte sowie die Einrichtungen erfüllen müssen, um die Ergebniskriterien zu erreichen.
Im Verantwortungsbereich der Pflegefachkraft liegt die eigenverantwortliche Aneignung von stets aktuellem Wissen über Dekubitus. Dazu gehören Wissen über Dekubitus-Entstehung, bewegungsfördernde Maßnahmen sowie Maßnahmen und Hilfsmittel zur Druckentlastung und -verteilung.
Potenzielle Dekubitus-begünstigende Faktoren unterscheiden sich je nach Personengruppe. So sind ältere, weitgehend immobile Personen z.B. einem Dekubitus-Risiko hauptsächlich durch Liegen oder Sitzen ausgesetzt. Bei Babys und Kindern hingegen entsteht das größte Dekubitus-Risiko durch punktuelle Anwendung medizinscher Geräte. Daher müssen Pflegefachkräfte die Kompetenz besitzen und trainieren, um Dekubitusrisiken individuell systematisch einzuschätzen. Außerdem müssen sie geeignete Maßnahmen planen, steuern und einsetzen können.
Pflegefachkräfte müssen in der Lage sein Betroffene, deren Angehörige sowie weitere an der Pflege Beteiligte zu informieren, zu schulen, zu beraten und aktiv in die erforderlichen Maßnahmen einzubeziehen. Letztendlich muss die Pflegefachkraft die Kompetenz besitzen, um die Effektiv der prophylaktischen Maßnahmen auch zu beurteilen.
Die Einrichtung muss über eine Verfahrensregelung zur Dekubitusprophylaxe verfügen sowie Informations- und Schulungsmaterial zur Verfügung stellen. Weiterhin muss die Einrichtung Wechseldruck und Weichlagerungssysteme bei Bedarf unverzüglich bereitstehen haben. Für die Erfassung und Bewertung der Dekubitus-prophylaktischen Maßnahmen muss die Einrichtung Ressourcen zur Verfügung stellen.
Prozesskriterien
Die von den Pflegefachkräften durchzuführenden Maßnehmen zur Dekubitus-Prophylaxe sind in den Prozesskriterien dargestellt.
Zu Beginn des pflegerischen Auftrags und in individuell festgelegten Abständen sollen die Pflegefachkräfte das Dekubitusrisiko jeder Patientin/Bewohnerin bzw. jedes Patienten/Bewohners systematisch einschätzen. Die individuell erforderlichen Maßnahmen plant die Pflegefachkraft gemeinsam mit Betroffenen und weiteren an der Pflege Beteiligten. Des Weiteren schult und informiert die Pflegefachkraft alle Beteiligten. Dadurch sollen diese im Rahmen ihrer Möglichkeiten aktiv an den Maßnahmen mitwirken und die Notwendigkeit der Maßnahmen verstehen können.
Die Pflegefachkraft fördert Eigenbewegungen und wendet notwendige druckentlastende Maßnahmen an. Können Eigenbewegungen nicht ausreichend gefördert werden, setzen Pflegefachkräfte geeignete druckverteilende und -entlastende Hilfsmittel ein. Alle Maßnahmen und Hilfsmittel müssen Anwendung finden, bevor ein Dekubitus entstanden ist.
Dieses Fallbeispiel präsentiert den Fall einer Patientin, die unter einem Dekubitus am Kreuzbein litt. Lesen Sie hier, wie die Wunde ohne Operation geheilt werden konnte.
Fallbeispiel lesenVideo: Dekubitusprophylaxe - Wichtig, nicht nur für den Pflegedienst!
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