Wundmanager im Fokus: Fluch oder Segen?

Welche Ausbildung haben Wundmanager? 

Welche Leistungen bieten sie an? 

Und wieso kommt es häufiger zu Regressen?

Bei der Behandlung chronischer Wunden bilden Wundmanager zum Teil das Bindeglied zwischen Pflege und Arztpraxis. Dabei gibt es jedoch große Unterschiede, was die Qualifikationen betrifft. Was viele nicht wissen: „Wundmanager“ ist keine geschützte Berufsbezeichnung. 

Das heißt, im Prinzip kann sich jede Person Wundmanager nennen unabhängig von ihrer tatsächlichen Eignung. Fachlich ausgebildete Wundmanager dürfen jedoch bei entsprechender Qualifikation und in Abstimmung mit der Arztpraxis aktiv in die Wundversorgung eingebunden werden. Dies stellt eine gewünschte Entlastung für das medizinische Personal dar. Zu ihren Aufgaben gehören die Dokumentation der Wundentwicklung, die Materialempfehlung, Gespräche mit Patienten und Patientinnen sowie die Beratung von Pflegekräften und MFA zu Themen wie Positionierung oder Ernährung der Betroffenen.

Beschäftigungsmodelle von Wundmanagern und ihre Auswirkungen
  1. Einige arbeiten auf Provisionsbasis und finanzieren sich durch die Verordnungen bestimmter Produkte, was potenziell Interessenskonflikte mit sich bringen kann. 

  2. Andere sind in einem Angestelltenverhältnis tätig und somit unabhängig von Verordnungen, was eine neutralere Beratung ermöglicht.

Welche Vorteile hat die Zusammenarbeit mit Wundmanagern?

Wundmanager, die sorgfältig arbeiten, begutachten Patienten und Patientinnen mit chronischen Wunden engmaschig und behalten den Heilungsprozess im Blick. Wundmanager, die über eine hohe Expertise verfügen, stehen Praxispersonal, Pflegekräften und Angehörigen mit ihrer Kompetenz zur Seite und nehmen ihnen Arbeit ab, indem sie Wunden professionell versorgen, mit Praxen telefonieren, Material prüfen, Lieferungen organisieren und Rezepte anfragen.

Im positiven Fall reduziert sich dadurch die Zahl der Termine in der Praxis beziehungsweise der Hausbesuche durch den Arzt oder die Ärztin bei den Betroffenen. Das führt zu einer Entlastung des gesamten Praxisteams.

Von gut ausgebildeten Wundmanagern, die professionell arbeiten, profitieren natürlich auch die Patienten und Patientinnen, da die Anwendung der jeweils passenden Maßnahmen den Heilungsverlauf beschleunigt.

Welche Risiken bestehen bei der Zusammenarbeit?

Ärzte und Ärztinnen, MFA und Pflegekräfte profitieren von Wundmanagern nur, wenn diese über umfassendes Handlungswissen verfügen und zuverlässig arbeiten. 

Ist dies nicht der Fall, erwächst daraus ein großer Arbeitsaufwand für die MFA. Sie müssen nachhaken, Unterlagen einfordern und darauf hinweisen, dass Empfehlungen anders gestaltet sein sollten. Das Gleiche gilt für die so wichtige Wunddokumentation. Zudem steigt der Kontrollbedarf in Bezug auf die eingereichten Behandlungspläne und Produktempfehlungen, da eine vertrauensvolle Zusammenarbeit unter diesen Voraussetzungen nicht möglich ist.

Der größte Nachteil bei einer unzureichenden Neutralität der Wundmanager ist jedoch das hohe Regressrisiko für den Arzt oder die Ärztin. Dieses entsteht durch die Empfehlung der Verordnung der ggf. unnötig teuren Produkte und deren Menge, die die Wundmanager empfehlen, da sie von den Herstellern Provisionen erhalten.

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Warum birgt die Zusammenarbeit mit manchen Wundmanagern ein Regressrisiko?

Ein Regressrisiko entsteht insbesondere dann, wenn Wundmanager auf Provisionsbasis arbeiten. In diesem Modell finanzieren sich einige Wundmanager teilweise oder vollständig über die Einnahmen aus der Vermittlung bestimmter Produkte. Dies kann dazu führen, dass der Materialverbrauch unnötig steigt – etwa durch die Empfehlung von mehr oder größeren Wundauflagen, als tatsächlich benötigt. Ärzte und Ärztinnen tragen die Verantwortung für das Wirtschaftlichkeitsgebot und das Regressrisiko bei der Verordnung von Wundauflagen.

Im Gegensatz dazu ist ein Anstellungsverhältnis unproblematisch, da hier keine finanziellen Anreize für die Empfehlung bestimmter Produkte bestehen. Dennoch ist Vorsicht geboten: Die teilweise enge Zusammenarbeit mit Herstellern führt häufig dazu, dass Wundmanager spezifische Marken bevorzugen oder deren Verordnung fordern – was sie rechtlich nicht dürfen. Die KV Nordrhein rät daher dringend dazu, Empfehlungen besonders sorgfältig zu prüfen: „Nicht immer handelt es sich um günstige Produkte und auch die angeforderten Mengen sind mitunter nicht angemessen“, schreibt die KV.

Wundmanager im Fokus: Alles, was Sie über das Berufsbild, Tätigkeitsfeld und die Zusammenarbeit wissen sollten

mit Heidemarie Herr (Ex-Wundmanagerin) und Sebastian Hempfling (Moderation)

Dienstag, 29. April 2025 | 19:30 - 20:30 Uhr

 

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Wie können Sie Regresse vermeiden?

Die Entscheidung über die Verordnung von Wundauflagen sowie die Verantwortung für die Behandlung liegen grundsätzlich beim Arzt oder der Ärztin. Das bezieht sich auch auf das Wirtschaftlichkeitsgebot, das eingehalten werden muss. Dazu gehört auch eine saubere und kontinuierliche Dokumentation des Wundverlaufs. Andernfalls droht ein Regress.

Wenn Wundmanager Behandlungspläne vorschlagen, muss der Arzt oder die Ärztin sich die Hintergründe für Behandlungspläne erläutern lassen. Zusätzlich ist es wichtig, vorab Informationen zu den Preisen der vorgeschlagenen Verbandstoffe einzuholen, etwa über den DRACO Preisvergleich.

Laut der KV Nordrhein sollten die entsprechenden Rezepte grundsätzlich „vor Unterschrift kritisch auf Plausibilität und Wirtschaftlichkeit überprüft werden“. So kann sichergestellt werden, dass Verordnungen den Anforderungen des Wirtschaftlichkeitsgebots entspricht und das Risiko eines Regresses minimiert wird.

Weitere Details und Empfehlungen finden Sie in den entsprechenden Artikeln der Ärztezeitung und der KV Nordrhein 1 .

5 Tipps: So gelingt die Zusammenarbeit zwischen MFA und Wundmanagern

Im Alltag läuft der Kontakt zwischen Wundmanagern und Praxis meist über die MFA. Sie müssen also dafür Sorge tragen, dass der Arzt oder die Ärztin alle notwendigen Informationen vorliegen hat, um die Empfehlungen der Wundmanager zu prüfen. Diese fünf Tipps helfen dabei:

1.

Übermitteln die Wundmanager die Dokumentationen aktiv, regelmäßig und zeitnah an die Praxis?

Andernfalls haken Sie nach und fordern die Unterlagen ein. Denn der Arzt oder die Ärztin muss aufgrund der vorliegenden Nachweise beurteilen können, ob die empfohlenen Maßnahmen zum jeweiligen Zustand der Wunde passen. Fehlende Dokumentationen vergrößern das Regress-Risiko. Zudem kann es zu einer unsachgemäßen Behandlung kommen, mit schweren gesundheitlichen Folgen für die Betroffenen – dem Arzt oder der Ärztin fehlt dann die Grundlage, um die Entwicklung der Wunde sachgemäß zu beurteilen. Eine womöglich notwendige Anpassung der Therapie erfolgt dann zu spät und die Beschwerden verschlechtern sich. Der Heilungserfolg ist gefährdet.

2.

Erscheinen die Wundmanager bei Fragen oder Problemen in der Praxis, um diese zu besprechen?

Regelmäßige persönliche Gespräche sind sinnvoll.

3.

Wie sind die Empfehlungen für Verordnungen aufgebaut?

Achten Sie darauf, dass diese möglichst keine Herstellernamen enthalten, sondern sich auf Größe, Funktion etc. der Produkte beschränken, zum Beispiel: Schaumstoffauflage 10 x 10, sanft haftend für infizierte Wunden.

4.

Prüfen Sie die Wunddokumentation und die Produktempfehlungen.

Passt beides zusammen, etwa in Bezug auf die Menge? Bedenken Sie: Bei einer modernen Wundversorgung können die Wundauflagen bis zu sieben Tage auf der Wunde verbleiben. Unnötige Wechsel gilt es zu vermeiden. Bei zu häufigem Wechsel ist der Behandlungserfolg gefährdet, da die Wunde keine Wundruhe bekommt. Sie heilt somit schlechter oder gar nicht. Für den Wundmanager kann wegen der Provisionen ein häufiger, unnötiger Wechsel der Wundauflagen von Vorteil sein. Das gleiche gilt auch für sogenannte „Wundburger“, bei denen ggf. unnötigerweise mehrere Produkte auf die Wunde aufgebracht werden. Eignen Sie sich eigenes Wissen an, etwa über die Draco-Fortbildungen zum Thema Wundmanagement. Dann fällt es Ihnen leichter, Unstimmigkeiten aufzudecken.

5.

Die Entscheidungs- und Therapiehoheit liegt beim Arzt

Es ist rechtlich unzulässig, dass Wundmanager spezielle Verordnungen einfordern, etwa mit dem Hinweis, die betroffene Person habe das Produkt bereits erhalten und jetzt müsse das Rezept nachgereicht werden – verweisen Sie auf die Entscheidungs- und Therapiehoheit des Arztes oder der Ärztin.

Fazit

Wundmanager unterstützen MFA und Pflegekräfte bei der Wundversorgung und können durch ihre fachliche Kompetenz eine wertvolle Hilfe sein – vorausgesetzt, sie verfügen über ausreichend Erfahrung und geben neutrale Empfehlungen. Dennoch ist Vorsicht geboten, da einige Wundmanager durch provisionsbasierte Vergütung oder eine übermäßige Fokussierung auf bestimmte Produkte ihre erforderliche Neutralität nicht wahren.

Letztlich liegt die Verantwortung für die medizinisch korrekte und wirtschaftliche Versorgung der Patienten sowie das Regressrisiko bei der Verordnung von Wundauflagen immer bei den behandelnden Ärzten oder Ärztinnen.

Hintergrund: Ausbildung und Kompetenzen in der Wundversorgung

Die Begriffe für Fachkräfte in der Wundversorgung werden häufig synonym verwendet, obwohl sie unterschiedliche Qualifikationen und Aufgabenbereiche beschreiben. Nachfolgend werden die häufigsten Bezeichnungen und ihre Hintergründe erläutert.

Wundpfleger und Wundschwester

Die Bezeichnungen Wundpfleger und Wundschwester werden umgangssprachlich synonym für „Wundmanager“ verwendet und beschreiben Personen, die in der Wundversorgung tätig sind. Ihre Aufgaben umfassen unter anderem die Betreuung von Patienten, die Auswahl geeigneter Materialien sowie die Beratung von medizinischem Personal.

Wundexperte ICW

Die Bezeichnung „Wundexperte ICW“ ist geschützt und wird ausschließlich an Fachkräfte vergeben, die eine Fortbildung bei der Initiative Chronische Wunden (ICW) erfolgreich abgeschlossen haben. Diese Weiterbildung qualifiziert sie, Wunden professionell zu beurteilen und zu versorgen. MFA mit einer ICW-Weiterbildung oder einer Zusatzqualifikation wie VERAH (Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis), EVA (Entlastende Versorgungsassistentin) oder NäPa (Nichtärztliche Praxisassistentin) können ebenfalls Wunden beurteilen und in Abstimmung mit dem Arzt oder der Ärztin versorgen. Zu ihren Aufgaben gehören unter anderem die Auswahl des Equipments, das Entfernen von Belägen (z. B. durch scharfes Débridement) sowie das Anlegen von Wundauflagen und Verbänden.

Wundtherapeut und Fachtherapeut Wunde

Die Bezeichnungen „Wundtherapeut“ und „Fachtherapeut Wunde“ stehen für weiterführende Qualifikationen im Bereich der Wundversorgung. Die Module dieser Weiterbildungen umfassen vertiefte Kenntnisse zu Ursachen und Krankheitsgeschehen sowie Kompetenzen zur Anleitung von Kollegen und Kolleginnen, beispielsweise durch die Erstellung von Verfahrens- und Arbeitsanweisungen.

Ziel der Weiterbildungen

Die genannten Bezeichnungen sind Beispiele für qualifizierende Aus- und Weiterbildungen im Bereich der Wundversorgung. Sie verdeutlichen die Bandbreite an Spezialisierungen, die Fachkräfte erwerben können, um eine qualitativ hochwertige Versorgung sicherzustellen. Wichtig ist, dass die Aufgaben und Verantwortlichkeiten stets in enger Abstimmung mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin erfolgen, um eine optimale Patientenversorgung zu gewährleisten.

Referenzen und weiterführende Informationen