Wunddesinfektion: Antiseptika zur Wundbehandlung, Auswahl, Anwendung

Wunddesinfektion: Antiseptika zur Wundbehandlung, Auswahl, Anwendung

Eine Wunddesinfektion ist die Verringerung von Mikroorganismen wie Bakterien, Viren oder Pilzen im Wundareal durch die Anwendung von Antiseptika.

Antiseptika sind Substanzen, die entweder die Vermehrung von Mikroorganismen hemmen oder diese ganz abtöten. Im Gegensatz zu Antibiotika wirken Antiseptika unspezifisch gegen viele unterschiedliche mikrobielle Erreger. Man spricht hier von einem breiten Wirkungsspektrum. Außerdem verursachen Antiseptika keine bekannte Resistenzbildung bei Bakterien. Die abtötende oder wachstumshemmende Wirkung von Antiseptika tritt im Allgemeinen schnell ein und hält lange an.

Wunddesinfektion und Wundreinigung

Die Wunddesinfektion darf nicht mit der Wundreinigung verwechselt werden.

Bei der Wundreinigung, bzw. dem Debridement wird das Wundareal von Belägen und Schmutz befreit sowie eine Reduzierung der Keime erreicht. Eine Wundreinigung sollte möglichst immer durchgeführt werden. Eine Wunddesinfektion dagegen sollte nur nach Bedarf stattfinden. Lokale Antiseptika können nämlich auch die menschlichen Zellen in der Wundumgebung angreifen und dadurch die Wundheilung stören. Weil Beläge und Biofilme die Wirksamkeit von Wundantiseptika stark einschränken, erfolgt die Desinfektion der Wunde grundsätzlich nach der Wundreinigung.

Die Wundreinigung findet immer, die Wunddesinfektion nur bei Bedarf statt. Die Wunddesinfektion wird nach der Wundreinigung durchgeführt.

Wann ist eine Wunddesinfektion nötig?

Eine Wunddesinfektion ist nötig, wenn die Wunde ein hohes Infektionsrisiko aufweist oder bereits infiziert ist.

Vor allem Verletzungen durch Tierbisse haben ein hohes Infektionspotenzial, weil die Maulhöhlen von Tieren und Menschen ein großes Keimspektrum aufweisen. Eine Infektion der Wunde ist durch Symptome wie Rötung (Rubor), Schwellung (Tumor), Wärme (Calor), Schmerzen (Dolor), Funktionsverlust (Functio laesa) und teilweise Fieber erkennbar.

Chronische Wunden sind immer von Bakterien besiedelt. Für das Auftreten einer Infektion und einer Beeinträchtigung der Wundheilung ist die Anzahl der Bakterien entscheidend. Um die konkreten Erreger sowie die Anzahl der Keime zu bestimmen, wird ein bakteriologischer Abstrich entnommen. Für die Entnahme des Wundabstrichs haben sich drei Methoden etabliert:

  • Der Essener Kreisel wird als Standard-Methode bei der Durchführung des Abstrichs gesehen. Die Probenentnahme erfolgt in kreisenden Bewegungen von außen nach innen. Auf diese Weise kann das gesamte Bakterienspektrum der Wunde dargestellt werden. Diese Technik ist gut geeignet, um ein Screening der Wunde durchzuführen.
  • Beim Wundabstrich nach der Levine-Technik wird ein Tupfer über ein vorher festgelegtes Wundareal gerollt. Dadurch werden nicht alle Wundareale erfasst, was zu einem unvollständigen Abbild des Keimspektrums führen kann. Diese Technik wird eher zur Bestätigung einer Infektionserregers angewendet.
  • Nach der Z-Technik wird ein Tupfer in weichen Z-förmigen Bewegungen über die Wunde geführt. Die Wundränder werden dabei ausgespart.

Für die bakteriologische Probenentnahme kann auch eine Biopsie nötig werden. Das ist insbesondere bei Infektionen mit tiefen Ulzerationen (z. B. beim diabetischen Fußsyndrom) oder Fistelgewebe der Fall. Außerdem ist eine Biopsie angezeigt, wenn im bakteriologischen Abstrich bei einer Wundinfektion keine Erreger nachgewiesen wurden.

Video: Essener Kreisel Wundabstrich

Video: Essener Kreisel, Wundabstrich

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Welche Wundantiseptika werden für die Desinfektion von Wunden verwendet?

Antiseptika werden nach ihrer chemischen Struktur in unterschiedliche Gruppen eingeteilt.

Die Wirkungsweise der verschiedenen Antiseptika ist abhängig vom enthaltenen Wirkstoff. Die folgenden Antiseptika werden häufig für die Wunddesinfektion eingesetzt:

  • Octenidin (octenisept®) wirkt abtötend gegen gram-positive und gram-negative Bakterien (bakterizid), Hefen und Pilze (fungizid) sowie gegen einige Viren (viruzid). Als Kation zerstört Octenidin die Zellwand und die Zellmembran der Mikroorganismen durch Interaktionen mit ihrer negativen Ladung.
  • Polihexanid (PHMB) wirkt bereits niedrig dosiert bakterizid, fungizid sowie viruzid und tötet auch Sporen ab (sporizid). Ebenso wie Octenidin zerstört PHMB als Kation die negativ geladene Zellwand und Zellmembran von Mikroorganismen durch Wechselwirkungen. PHMB ist im Polyurethanschaum der Schaumstoffwundauflage DracoFoam Infekt enthalten.
  • Im PVP-Iod (z.B. Betaisodona®) ist das Iod in einem Komplex mit Polyvinylpyrrolidon (auch Povidon genannt) gebunden. PVP-Iod wirkt bakterizid, fungizid, viruzid und sporizid. Der antiseptisch wirkende Bestandteil (Wirkstoff) ist das Iod, welches für den Eiweißaufbau wichtige Enzyme hemmt. Außerdem zerstört Iod die lipidhaltige Zellmembran und Zellwand der Mikroorgansimen, weil es stark mit ungesättigten Fettsäuren reagiert. Bei Schilddrüsenerkrankungen oder Überempfindlichkeiten gegen Iod darf PVP-Iod nicht verwendet werden.
  • Natriumhypochlorid wird als Antiseptikum hauptsächlich in der Zahnmedizin verwendet. Der Wirkstoff zerstört Zellwand und Zellmembran von Mikroorganismen. Die Meinungen bezüglich Sicherheit und Wirkung bei der Anwendung als Mittel zur Wunddesinfektion gehen stark auseinander. Auf dem Markt sind ausreichend Alternativen erhältlich, auf die stattdessen zurückgegriffen werden sollte.
  • Silber wirkt fungizid und bakterizid. Die abtötende Wirkung entsteht durch eine Hemmung lebenswichtiger Enzyme und der Zellteilung. Außerdem destabilisiert Silber sowohl die Zellmembran als auch die Zellwand der Keime.
  • Alkohole (z.B. Ethanol, Isopropyl-Alkohol) wirken bakterizid, fungizid, viruzid und sporizid durch Zerstörung der Eiweißstrukturen. Nachteilig bei der lokalen Verwendung von Alkohol ist die reizende Wirkung für die menschliche Haut. Alkohol brennt auf offenen Wunden und trocknet diese aus.

Zusätzlich zur lokalen Anwendung von Wundantiseptika kann eine systemische Therapie mit geeigneten Antibiotika erforderlich werden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine lokale Infektion zu generalisieren droht oder bereits eine generalisierte Infektion (Sepsis) vorliegt.

Die Autorin Dr. Roxane Lorenz
Dr. Roxane Lorenz

Nach ihrem Studium der Biologie an der Ruhr-Universität Bochum promovierte Dr. Lorenz zum Dr. rer. nat. Seit 2012 ist sie in der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung bei Dr. Ausbüttel tätig, seit 2018 auch als Leiterin dieser Abteilung sowie der Forschungsabteilung.