Chemische Verletzungen durch Laugen
Verätzungen durch Laugen sind sehr gefährlich, weil Laugen schnell tief in das Gewebe eindringen können.
Ersthelfer müssen sich zuallererst selbst schützen, bevor sie verätzten Personen helfen können. Alle Laugenverletzungen sind Notfälle. Deshalb muss der Notruf immer verständigt werden.
Weiterführende Inhalte
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Symptome
Sind die oberen Hautschichten von einer Verätzung durch Laugen betroffen, haben Betroffene starke Schmerzen.
Ist die Lauge in tiefere Gewebeschichten eingedrungen, nimmt das Schmerzempfinden wieder ab. Durch eine Schädigung der Nerven können die Schmerzen auch komplett verschwinden. Bei Schädigungen der Dermis und tieferem Gewebe können Laugenverätzungen außerdem heftig bluten. In den Augen verursachen Laugen Schmerzen und Sehstörungen oder Erblindung des betroffenen Auges. Betroffene kneifen die Augenlider meist krampfartig zusammen.
Wenn Laugen durch den Mund aufgenommen wurden, können Schmerzen im Mund und der Speiseröhre auftreten. Außerdem speicheln Betroffene vermehrt. Hinzu kommen Schluckbeschwerden. Atemnot kann ebenfalls auftreten. Übelkeit, Erbrechen und krampfartige Bauchschmerzen sind Symptome, wenn die Lauge in den Magen gelangt ist.
Ursachen und Entstehung
Die Zellmembran wird durch Kontakt mit Laugen aufgelöst.
Dadurch sterben die Zellen sofort ab und verlieren ihre Struktur. Das Gewebe mit betroffenen Zellen erscheint dann breiig und weißlich. Eine derartige Verflüssigung des Gewebes heißt Kolliquationsnekrose.
Solange die Lauge nicht verdünnt oder neutralisiert wird, dringt sie ungehindert tiefer ins Gewebe ein. Deshalb wird bei einem Verschlucken von schwächeren Laugen meist mehr die Speiseröhre als der Magen geschädigt.
Durch Kontakt mit Laugen verflüssigt sich das betroffene Gewebe. Dadurch dringen Laugen häufig tief in das Gewebe vor.
Risikofaktoren
Laugenhaltige Rohrreiniger, Bleich- oder Flächendesinfektionsmittel kommen in den meisten Haushalten vor.
Das im Rohrreiniger enthaltene Natriumoxid reagiert mit starker Hitzeentwicklung (exotherm) bei Kontakt mit Wasser. Auf der Haut muss Rohrreiniger daher lange und vollständig unter fließendem, kaltem Wasser abgespült werden.
Natriumhypochlorid ist Bestandteil von Bleichen und einigen Flächendesinfektionsmitteln. Als sehr starke Lauge verflüssigt Natriumhypochlorid das Gewebe bei Kontakt sehr schnell. Die Gefahr eines Eindringens in tiefe Gewebeschichten ist deshalb besonders hoch. Natriumhypochlorid muss schnell mit Seife abgewaschen und gut mit Wasser abgespült werden.
Kinder sind am häufigsten von chemischen Verletzungen durch Laugen betroffen. Grund sind erreichbare Reinigungsmittel und bereits kurze unbeobachtete Momente. Alle potenziell gefährlichen Substanzen sollten außer Reichweite von Kindern und Tieren aufbewahrt werden.
Bei handwerklichen Tätigkeiten verursacht Zement oft Verätzungen. Das im Zement enthaltene Kalziumoxid reagiert bei Kontakt mit Wasser zur Lauge Kalziumhydroxid. Diese verflüssigt dann das Gewebe und verursacht Verätzungen. Deshalb muss Zement trocken abgebürstet werden und darf nicht mit Wasser abgespült werden.
Verätzungen durch Laugen passieren hauptsächlich durch Unfälle im eigenen Haushalt.
Behandlung und Therapie bei Verätzungen
Ersthelfer müssen sich durch geeignete Maßnahmen, z.B. Schutzhandschuhe, zunächst selbst schützen.
Außerdem muss der Notruf schnell verständig werden. Das Etikett auf der Verpackung sollte der Notärztin/dem Notarzt unbedingt gezeigt werden. Hausmittel, wie Öl, Salben, Puder, Mehl oder ähnliches, dürfen niemals auf Verätzungen aufgetragen werden.
Lauge auf der Haut muss sofort für mehrere Minuten unter fließendem Wasser abgespült werden. Die Kleidung ist zuvor vollständig zu entfernen. Bei einem Verschlucken der Lauge dürfen Betroffene nicht zum Erbrechen gebracht werden. Die Lauge könnte dann die Speiseröhre und den Mund ein zweites Mal verätzen. Stattdessen muss die Lauge verdünnt werden. Am besten indem Betroffene Wasser oder Tee in kleinen Schlucken trinken.
Verätzungen der Augen müssen unverzüglich gespült werden. Dabei darf nur das verletzte Auge behandelt werden. Dazu wird der Kopf zur Seite des verletzten Auges geneigt. Das betroffene Auge wird von innen nach außen gespült. Dadurch läuft die Spülflüssigkeit nach außen ab und kann nicht versehentlich in das gesunde Auge gelangen. Anschließend sollten beide Augen im Anschluss mit einem sterilen Verband verbunden werden.
Die weitere Behandlung im Krankenhaus hängt von der Art und Schwere der chemischen Verletzung ab. Chirurgische Eingriffe können z.B. erforderlich sein, wenn innere Organe betroffen sind oder die Haut großflächig und tief verätzt wurde.
Verätzungen durch Laugen müssen immer notärztlich versorgt werden. Die erforderlichen Erste-Hilfe-Maßnahmen hängen von der Art der Laugenverletzung ab.
Heilungsverlauf
Chemische Verletzungen nach Kontakt mit Laugen betreffen häufig die komplette Dermis. Derartig tiefe Verätzungen benötigen eine Heilungsdauer von mehreren Wochen bis Monaten.
Verletzungen der Dermis heilen schmerzhaft und mit Narbenbildung ab. Tiefe Wunden der kompletten Dermis heilen unter starker Narbenentwicklung über Wochen bis Monate. Wundheilungsstörungen und Entzündungen kommen dabei sehr häufig vor.
Eine oberflächlich verätzte Dermis hingegen heilt meist mit mäßiger Narbenbildung in ein bis zwei Wochen wieder ab. Wenn lediglich die Epidermis betroffen ist, heilt die Haut im Allgemeinen gut und schnell wieder ab. Die Heilung nimmt bei kleinen, oberflächlichen Laugenverletzungen nur wenige Tage in Anspruch und geschieht meist ohne Narbenbildung.
Mögliche Komplikationen bei Verätzungen
Bei chemischen Verletzungen schwillt das betroffene Gewebe zunächst an (Ödembildung).
Die Flüssigkeit im verletzten Gewebe stammt aus dem Blutkreislauf und führt zu einer Abnahme des Blutvolumens. Da dieser Vorgang sehr schnell geht, kann der Blutdruck oft nicht mehr aufrechterhalten werden. Besonders bei inneren oder großflächigen Verätzungen ist dann ein hypovolämischer Schock die Folge. Betroffene zittern, frieren, haben blasse Haut oder sind kaltschweißig.
Hohlorgane, wie Speiseröhre, Magen-Darm-Trakt oder die Luftröhre können durch Kontakt mit einer Lauge löchrig (perforiert) werden. Innere Blutungen, Austritt von Magen- oder Darminhalt in die Bauchhöhle sind die Folge. Diese lebensgefährlichen Komplikationen müssen umgehend operativ versorgt werden. Unabhängig von weiteren Komplikationen muss bei einer Verätzung immer der Notruf verständigt werden.
Insbesondere großflächige Verätzungen heilen sehr schlecht und sind anfällig für Entzündungen. Meist muss das nekrotische Gewebe chirurgisch entfernt werden mit einer anschließenden Eigenhauttransplantation zur Wundversorgung.
Bei Verätzungen sind Komplikationen sowohl direkt bei Kontakt mit der Lauge als auch im Heilungsverlauf häufig.
Siehe auch:
Verletzungen durch Säuren