Ulcus cruris venosum
Die Deutsche Gesellschaft für Phlebologie definiert das Ulcus cruris venosum als einen Substanzdefekt im pathologisch veränderten Gewebe des Unterschenkels infolge einer chronisch venösen Insuffizienz.
Durch Hypertonie und damit einhergehender Hypervolämie wird das Venensystem langfristig geschädigt. Ursächlich ist meistens eine Insuffizienz der Venenklappen, wodurch das Blut nicht mehr vollständig aus den Beinen zum Herzen zurücktransportiert werden kann. Das Blut staut sich dann in der Knöchelregion und schädigt durch den Druck das umliegende Gewebe.
Mit einem Anteil von ca. 50 Prozent stellt das Ulcus cruris venosum die größte Gruppe der Ulcus cruris-Erkrankungen dar. Der restliche Anteil ist unterteilt in Ulcus cruris arteriosum, Ulcus cruris mixtum und einer weiteren Ulcus-Form.
Symptome und Anzeichen erkennen
Typische Hautveränderungen beim "offenen Bein":
- glänzende Haut
- dünne Haut
- leicht verletzbare Haut
- braun-gelbe Hautflecken
- kleine Narben durch schlechte Abheilung von Verletzungen
- entzündliche Veränderungen bei bakterieller Infektion
- Veränderung der Nägel
Diagnostische Abklärung
Zur diagnostischen Abklärung eines Ulcus cruris venosum gehören unter anderem:
- Anamnestische Erfassung der Risikofaktoren
- Klinische Untersuchung
- Direktionale Dopplersonographie, eventuell Farbduplexsonographie
- Bestimmung des Knöchel-Arm-Druck-Index (KADI bzw. ABPI)
- Digitale Substraktionsangiographie (DAS)
Einordnung innerhalb der CVI-Stadien
Das Ulcus cruris venosum entsteht als Folge einer chronisch venösen Insuffizienz (CVI). Diese wird in drei Stadien eingeteilt. Ein bestehendes Unterschenkelgeschwür entspricht dem Stadium 3b.
CVI Stadium 1
- Venenerweiterung und/oder Besenreiser am Knöchel und/oder in der Knöchelregion und oberhalb des Fußes (Fußgewölbes)
- Ödeme am Knöchel
CVI Stadium 2
- Hyperpigmentierung der Haut
- Ödeme am Unterschenkel
- Hautverhärtung; Haut ist glänzender und lässt sich nicht in Falten abheben
- Ockergelbe Verfärbung der Haut
CVI Stadium 3a
- Abgeheiltes Ulcus cruris venosum
CVI Stadium 3b
- Florides Ulcus cruris venosum
Die Patientin in diesem Fallbeispiel schämte sich für ihr Ulcus cruris venosum, sie suchte lange Zeit keinen Arzt auf. Erst durch die empathische Intervention eines Familienmitglieds suchte die Frau sich Hilfe.
Fallbeispiel lesenWas verursacht die Entstehung eines Ulcus cruris venosum?
Durchblutungsstörungen
Die häufigste Ursache für ein Unterschenkelgeschwür ist eine schlechte Durchblutung. Normalerweise verteilen die Arterien das Blut im Körper und bringen Nährstoffe und Sauerstoff in alle Körperregionen. Die Venen sorgen dafür, dass das verbrauchte Blut wieder zum Herzen und zur Lunge transportiert wird.
Wenn die Durchblutung der Gefäße beeinträchtigt ist, können weder Sauerstoff noch Nährstoffe in das Gewebe gelangen. Die Folgen können Schmerzen und Gewebeschäden sein. Die entstandene Wunde nennt man dann abhängig von den Blutgefäßen mit der Funktionsstörung Ulcus cruris arteriosum (Arterien), Ulcus cruris venosum (Venen) oder Ulcus cruris mixtum (Arterien und Venen)
Laut Definition entsteht ein UCV immer an den Unterschenkeln.
Krampfadern (Varizen)
Weitaus häufiger entstehen Ulcus cruris Wunden aber durch geschädigte Venen. Krampfadern sind ein sehr deutliches Zeichen, dass die Venen nicht einwandfrei funktionieren.
Die Wadenmuskulatur pumpt das Blut zum Herzen. In den Venen sorgen Venenklappen dafür, dass das Blut nicht wieder zurückfließen kann. Wenn die Klappen nicht richtig schließen können und die Venen ausgebeult sind, fließt das Blut wieder zurück Richtung Füße.
Intakte Venenklappe
- Venen leiten das Blut zurück zum Herzen
- Venen und Venenklappen bestehen aus Bindegewebe
- Nur intakte Venenklappen gewährleisten einen einwandfreien Bluttransport
Nicht intakte Venenklappe
- Durch eine Bindegewebsschwäche werden die Venen und Venenklappen insuffizient
- Rücktransport des Blutes ist gestört
- Das Blut versackt in der Extremität
- Es entsteht lokale Stase im Gewebe
Welche Risikofaktoren begünstigen den Ulcus cruris venosum?
Risiken, die die Entstehung eines "Offenen Beines" begünstigen oder beschleunigen, sind
- Rauchen
- Bewegungsmangel
- Übergewicht
- Ungesunde Ernährung (viel Fett und Zucker)
- Venenschwäche
- Zunehmendes Alter
- Hormone (Frauen sind häufiger betroffen)
Behandlung und Therapie
Das Unterschenkelgeschwür kann nur abheilen, wenn die Durchblutungsstörungen behoben sind, die die Ursache für die Wunde waren.
Bei einem venös bedingten Ulkus muss der Körper unterstützt werden, damit das Blut aus den Beinen wieder zum Herzen gepumpt werden kann.
Ein Kompressionsverband oder Kompressionsstrumpf unterstützt den Körper, indem er das Gewebe zusammendrückt. Zusätzlich unterstützen leichte Bewegungen, z.B. Fußkreisen und kurze Spaziergänge, die Arbeit der Kompressionsbinden. Flüssigkeit im Gewebe wird dadurch schneller abtransportiert, das Bein wird dünner und die Wunde kann schneller abheilen.
Unterstützend können auch Medikamente, Physiotherapie oder eine Operation sein. Bitte sprechen Sie hier mit Ihrem Arzt, welche zusätzlichen Therapiemöglichkeiten für Sie in Frage kommen.
Bei einer arteriellen Durchblutungsstörung kann eine Operation nötig sein, um die Durchblutung zu verbessern. Auch hier wird Ihr Arzt Sie über die Behandlungsmöglichkeiten aufklären.
Schmerztherapie
Bei der Behandlung und Versorgung eines Ulcus Cruris venosum können auch immer Schmerzen eine Rolle spielen. Die Ursache der Schmerzen ist dabei individuell verschieden und immer abhängig von der Grunderkrankung, der Wunde selber und ihrer Versorgung sowie der Gesamtverfassung des Patienten.
Es muss unterschieden werden zwischen den Schmerzen einer akuten Behandlung, z.B. der Wundreinigung und grundsätzlich bestehenden Schmerzen. Bei chronischen Wunden sind auch die Schmerzen oft ein andauernder Begleiter. Vom Ulcus Cruris venosum wurde zwar lange angenommen, dass er weniger schmerzhaft sei als andere Beinulcera, der UCV kann jedoch ebenfalls mittelstarke bis starke Schmerzen verursachen. Diese können einen negativen Einfluss auf die Wundversorgung und die allgemeine Genesung haben, da sie mit einem erhöhten Stresslevel einhergehen. Dies kann zu einer schlechteren Durchblutung und damit geringerer Sauerstoffversorgung im Gewebe führen. Eine weitere Verzögerung der Wundheilung kann die Folge sein. Zudem führen Schmerzen zu Angst vor der Behandlung und reduzieren die Lebensqualität der Betroffenen. Detailiertere Informationen finden Sie im Artikel "Wunde und Schmerz".
Ein elementar wichtiger Punkt ist natürlich die Behandlung der Grunderkrankung, im Fall des Ulcus Cruris Venosum die chronisch-venöse Insuffizienz (CVI). Bei Patienten mit einer CVI können Schmerzen durch die Schwellung der Beine auftreten. Die Kompressionstherapie wird auch nicht von allen Betroffenen problemlos akzeptiert. Neben der Schmerztherapie sollte auch auf Juckreiz geachtet und gegebenenfalls behandelt werden.
Beim Verbandwechsel gibt es durch den Einsatz von modernen Wundauflagen auch die Möglichkeit, diesen möglichst schmerzarm zu gestalten. Auch bei kleineren Verletzungen verhindern Wunddistanzgitter, dass z.B. Kompressen mit der Wunde verkleben und dann beim Entfernen schmerzhaft abgerissen werden müssen. Besonders bei chronischen Wunden und Wundverbänden, die unter Kompressionstherapie eingesetzt werden, sollten atraumatische Wundauflagen eingesetzt werden, die nicht mit der Wunde verkleben und auch mehrere Tage am Stück auf der Wunde bleiben können. Dadurch wird die Wundruhe und somit die Heilung gefördert.
Kausaltherapie
Zur Abheilung eines Ulcus cruris venosum ist eine kausale Therapie unerlässlich. Diese besteht zum einen in der Verbesserung des venösen Rückflusses durch Kompression (40 – 70 mmHg) und Bewegung und zum anderen durch chirurgische Maßnahmen wie beispielsweise der Sanierung der Venen.
Die Kompressionstherapie ist unerlässlich, damit die Wunde zur Abheilung gebracht werden kann. Die Mitarbeit der Patienten ist hier entscheidend. Werden Kompressionsbinde oder –strumpf nicht toleriert, sollte ein intensives Gespräch mit dem Betroffenen gesucht werden. Die Kompressionstherapie unterstützt die Wundheilung dadurch, dass der Rückfluss des Blutes wieder erfolgen kann und somit der Druck aus dem Gewebe genommen wird und die Blutzirkulation wieder funktioniert.
Gleichzeitig erfolgen eine direkte Wundtherapie mit Wundreinigung und eine phasengerechte idealfeuchte Wundversorgung. Bei klinisch infizierten Wunden steht die Bekämpfung der Infektion im Vordergrund.
Jetzt Fallbeispiel der Behandlung eines Ulcus cruris venosum ansehen.
Zum WundverlaufDer Erfolg einer Therapie hängt wesentlich von der Mitarbeit und Motivation der Patienten ab.
Adhärenz bei Ulcus cruris venosum fördernBewegung und Kompression
- Bewegung und Kompression unterstützen die Kontraktion der Muskulatur
- Die Kontraktion gibt Druck auf das Gefäßsystem
- Die lokale Stase wird reduziert
- Der Rücktransport des Blutes zum Herzen wird angeregt
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Alle InfosPhlebologischer Kompressionsverband
Für nicht-ischämische Wunden werden moderne beziehungsweise idealfeuchte oder hydroaktive Wundauflagen verwendet. Die Auswahl der geeigneten Wundauflage ist abhängig von: Wundstadium, Wundheilungsphase, Klinischen Infektionszeichen, Exsudationsmenge, Zustand des Wundrandes, Wundumgebung. Weitere Aspekte sind Wirtschaftlichkeit, leichte Handhabung, Patientenbedürfnisse und die Akzeptanz der Wundauflage durch den Patienten.
Heilungsverlauf
Chronische Wunden entstehen, weil eine gewisse Grunderkrankung vorliegt, die eine Abheilung der Wunde verhindert.
Sehr häufig sind Durchblutungsstörungen dafür verantwortlich. Eine Wunde kann nur heilen, wenn sie ausreichend mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt wird. Bei Durchblutungsstörungen ist dies oft nicht der Fall. Deshalb ist die Behandlung der Grunderkrankung essentiell.
Alle Wunden heilen in der gleichen Abfolge, wobei die Dauer der Phasen individuell verschieden sein kann. Am Anfang befinden sich Wunden immer in der Reinigungsphase (Exsudationsphase). In dieser Phase versucht der Körper, durch ein erhöhtes Flüssigkeitsaufkommen, Fremdkörper und Bakterien aus der Wunde zu schwemmen. Chronische Wunden hängen oft in dieser Phase fest und schaffen nicht aus eigener Kraft die Bekämpfung einer möglichen Wundinfektion. Hier kann durch die Verwendung von antiseptischen Spüllösungen und Wundauflagen unterstützt werden (s. Infizierte Wunden).
Ist die Wundreinigung abgeschlossen, bildet sich Granulationsgewebe. In dieser zweiten Phase wird das verloren gegangene Gewebe neu gebildet. Dies geschieht durch die Ausbildung eines Stützgerüstes und der Neubildung von Gefäßen. Fibroblasten wandern aus der Wundumgebung ein und bilden das neue Gewebe. Dieses Gewebe wird später als Narbe sichtbar bleiben.
Das Granulationsgewebe füllt die Wunde von unten nach oben und von außen nach innen auf. Dieses kann mehrere Wochen bis Monate dauern, je nach Größe und Tiefe der Wunde. Das Gewebe bildet dann die Grundlage für die sich anschließende Epithelisierungsphase.
In dieser Phase bildet sich die abschließende Haut, die die Wunde endgültig verschließt. Die Zellen wandern von den Wundrändern ein und bedecken die Wunde von außen nach innen. Dieses Narbengewebe wird auch als solches sichtbar bleiben. Das Epithelgewebe verschließt letztlich die Wunde.
Bei der Heilung einer chronischen Wunde, bzw. einer Wunde mit einem größeren Gewebeverlust, entsteht immer eine Abheilung unter Narbenbildung. Der Körper kann das verlorene Gewebe nicht regenerieren, sondern nur ersetzen. Dieses Füll- oder Narbengewebe erreicht aber nicht mehr die Funktionalität oder Stabilität von normaler Haut. Deshalb entstehen an diesen Stellen oft neue Wunden. Eine solche Narbe braucht wenigstens 12 Monate bis sie sich stabilisiert hat und ausgereift ist. Pflege und Schutz der Narbe sind wichtig, damit hier keine neue Wunde entsteht.
Gerade Patienten mit einem UCV, bedingt durch eine CVI, müssen lebenslang Kompressionsstrümpfe tragen, damit die Venenfunktion erhalten bleibt und kein neues Ulcus entsteht.
Möglicher Heilungsverlauf
Die Behandlung der CVI ist entscheidend für die Wundheilung. Wird die venöse Abflussstörung nicht behoben, kann auch die Wundheilung nicht erfolgen.
Neben Infektionen der Wunde ist besonders die Ödembildung für die Patienten schmerzhaft und hinderlich. Wird die Kompressionstherapie nicht ausreichend durchgeführt, können die Beine sehr stark anschwellen, was schmerzhaft ist und insgesamt den Lymphstrom und die Durchblutung behindert. Stark angeschwollene Beine sind die Folge.