TILI-Score 2.0 - Therapeutischer Index für Lokale Infektionen

TILI-Score 2.0 - Therapeutischer Index für Lokale Infektionen

Wie diagnostiziert man im klinischen Alltag schnell und zuverlässig eine infizierte Wunde?

Der Therapeutische Index für Lokale Infektionen (TILI-Score) ist ein validiertes und einfach anwendbares Diagnoseinstrument für das frühzeitige Erkennen und effiziente Behandeln einer lokalen Wundinfektion.

Im Jahr 2019 wurde der TILI-Score durch eine Expertengruppe der Initiative Chronische Wunden (ICW) entwickelt. In Kooperation mit Wund-DACH wurde er 2021 aktualisiert, sodass nun der TILI-Score 2.0 vorliegt. Wund-DACH ist der Dachverband aller deutschsprachigen Wundheilungsgesellschaften gegründet durch Fachverbände aus Deutschland (D), Österreich (A), und der Schweiz (CH).

Der TILI-Score unterteilt in "keine direkte Indikation" und "direkte Indikation" für eine antiseptische Wundbehandlung. 

Keine direkte Indikation für eine Wundbehandlung

Zunächst bewertet der TILI-Score das Vorliegen der klassischen 5 Kardinalsymptome einer Entzündung:

  • Rötung (lateinisch Rubor), 
  • Überwärmung (lateinisch Calor)
  • Schwellung (lateinisch Tumor)
  • Schmerz (lateinisch Dolor)
  • Funktionseinschränkung (lateinisch Functio laesa)

Zusätzlich hat die Expertengruppe ein weiteres Symptom definiert:

  • Anstieg und/oder Änderung der Farbe oder des Geruchs des Exsudats

Diese 6 Symptome sind einzeln betrachtet wichtig, aber nicht alleinig beweisend für eine Wundinfektion. Daher ergibt sich im TILI-Score erst dann eine Indikation für eine antiseptische Wundbehandlung, wenn mindestens 5 der 6 indirekten Symptome vorliegen.

6 indirekte Symptome des TILI-Score, Infografik
Abb. 1: Beispielhafte Darstellung der 6 indirekten Symptome, die vom TILI-Score bewertet werden

Direkte Indikation für eine Wundbehandlung

Zusätzlich betrachtet der TILI-Score 3 Anzeichen, die alleinig eine antiseptische Wundtherapie rechtfertigen:

  • Potenziell pathogene Mikroorganismen
  • Chirurgisch septische Wunde
  • Freier Eiter 

Der TILI-Score konzentriert sich also auf wundspezifische Kriterien und dient der raschen Objektivierung lokaler Wundinfektionen. Hauptsächlich findet er im ambulanten Sektor Verwendung, weil dort meist die Diagnose und initiale Behandlung von Wundinfektionen erfolgen. Neben dem TILI-Score sind, je nach Ausprägung des Befundes, eine bakteriologische und mykologische Untersuchung, sowie eine Bestimmung der Vitalparameter und serologischen Werte für eine Diagnostik erforderlich. 

Im Gegensatz zum TILI-Score dient der W.A.R Score der Identifikation von Wunden, bei denen noch keine Wundinfektion vorliegt, jedoch ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer solchen besteht. Dabei konzentriert sich der W.A.R.-Score auf verschiedene patientenspezifische Risikofaktoren.

Der TILI-Score Version 2.0 – Diagnostik lokaler Wundinfektionen (nach Dissemond et al. 2021)

Keine direkte Indikation
Eine lokale Infektion liegt vor, sobald 5 von 6 indirekten Indikationen vorliegen
Periläsionales Erythem 
Überwärmung 
Ödem, Verhärtung und Schwellung 
Spontaner Schmerz oder Druckschmerza 
Stagnation der Wundheilung 
Anstieg und/oder Änderung der Farbe oder des Geruchs des Exsudats 
Direkte Indikation
Eine lokale Infektion liegt vor, sobald 1 direkte Indikation vorliegt
Nachweis potenziell pathogener Mikroorgansimenb 
Chirurgisch septische Wunde 
Freier Eiter 
Eine antiseptische Wundtherapie sollte durchgeführt werden, wenn mindestens fünf der sechs unspezifischen Parameter (keine direkte Indikation) oder mindestens eine der direkten Indikationen vorliegen.
a Vorsicht bei Patienten mit Polyneuropathie oder bei Einnahme von Schmerzmitteln
b Dies kann in verschiedenen Ländern und Institutionen sehr unterschiedlich sein. Ein Beispiel ist der Nachweis von multiresistenten Bakterien wie Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA)
 

Literatur

Die Autorin Dr. Roxane Lorenz
Dr. Roxane Lorenz

Nach ihrem Studium der Biologie an der Ruhr-Universität Bochum promovierte Dr. Lorenz zum Dr. rer. nat. Seit 2012 ist sie in der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung bei Dr. Ausbüttel tätig, seit 2018 auch als Leiterin dieser Abteilung sowie der Forschungsabteilung.