Tele-Wundversorgung

Die Digitalisierung der Medizin ist eine Chance für Menschen mit chronischen Wunden. Durch die ärztliche Betreuung aus der Ferne steigt die Qualität in der Wundversorgung.

Tele-Medizin ist eine ortsunabhängige medizinische Versorgung, die an die Beteiligung von Technik geknüpft ist. Darunter fallen eHealth-Apps, Videosprechstunden oder Fernkonsultationen.

Ein wichtiger Einsatzbereich digitaler Technologien ist die Versorgung chronischer Wunden, wie beispielsweise des diabetischen Fußsyndroms oder Dekubitus. Diese stellen das Ärzteteam, Betroffene und das Pflegepersonal vor besondere Herausforderungen, da sie sehr pflegeintensiv sind und nur langsam heilen. Zudem ist die Qualität der Behandlung von Patientinnen und Patienten nicht allerorts vergleichbar. Die Versorgung ist sehr abhängig vom Wohnort, von der Fachkenntnis des Personals und von den richtigen Verbandsmitteln. Gerade im ländlichen Raum, in dem Fachärzte rar sind, ist Telemedizin eine hervorragende Möglichkeit für eine qualitativ-hochwertige Wundversorgung.

Welche Vorteile bietet die digitale Wundversorgung?

Eine digitale Wundversorgung ist schnell, effektiv, ortsunabhängig und trägt aktiv zu einer Verbesserung der Wundheilung bei.

Die Tele-Wundversorgung bietet einige Vorteile für das Praxisteam, die Patientin oder den Patienten und das Gesundheitssystem:

  • Effektive und intensive Betreuung im häuslichen Umfeld, Vermeidung stationärer Aufenthalte oder zeitintensive Praxisbesuche.
  • Steigerung der Qualität der Wundversorgung durch die Zusammenarbeit der Fachärztin oder des Facharztes mit dem ambulanten Pflegepersonal, der Wundexpertin oder dem Wundexperten.
  • Die Patientin oder der Patient erhält für das aktuelle Wundstadium die optimale Behandlung, die Therapie kann kurzfristig angepasst werden.
  • Ärztinnen und Ärzte erhalten eine hohe Diagnosesicherheit und haben eine deutliche Arbeitserleichterung, weil weniger zeitintensive und unrentable Hausbesuche durchgeführt werden müssen.

Wie weit ist der Ausbau der digitalen Wundversorgung fortgeschritten?

Der digitale Wandel des deutschen Gesundheitssystems schreitet kontinuierlich voran. Das „Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen“ (E-Health-Gesetz), ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten.

Es schreibt eine sukzessive Einführung einer Telematikinfrastruktur im deutschen Gesundheitswesen vor. Ziel ist es, alle Akteure des Gesundheitssystems zu vernetzen, damit sektorenübergreifenden Kommunikationsmöglichkeiten und effiziente Transfers von Gesundheitsdaten geschaffen werden. 2019 trat zusätzlich das „Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation“ – kurz Digitale Versorgung Gesetz (DVG), in Kraft. Dadurch möchte der Gesetzgeber die digitale Transformation des Gesundheitswesens noch weiter beschleunigen. Fokus wird unter anderem auf Neuerungen der Digitalisierung, wie Gesundheitsapps, gelegt. 

Gerade die telemedizinische Betreuung von Patienten mit chronischen Wunden ist für Unternehmen, Kliniken und Praxen in den letzten Jahren zunehmend interessant geworden. Wunden können direkt am Ort der Behandlung per Foto oder Video dokumentiert, kategorisiert und genau vermessen werden. In einer Vielzahl von Projekten werden neue Technologien und digitale Angebote erprobt:

Unter anderem baut das Ärztenetz MuM – Medizin und Mehr eG ein telemedizinisch gestütztes Netzwerk aus. Ausgebildete Wundexpertinnen und -experten besuchen dafür regelmäßig die Patientinnen und Patienten vor Ort. Durch den video-gestützten Austausch mit Fachkräften des Ärztenetzwerks sowie angebundenen Experten von Kliniken kann eine bestmögliche Wundversorgung gewährleistet werden.

Bei der von der Vitaphone GmbH entwickelten Versorgungsform „TeleArzt“ delegieren Ärztinnen oder Ärzte Hausbesuche an MFA, beispielsweise Nicht-ärztliche Praxisassistentinnen oder Versorgungsassistentinnen in der Hausarztpraxis. Bei Hausbesuchen führt die MFA einen sogenannten TeleArzt-Rucksack mit sich. Dieser enthält digitale Technik, wie beispielsweise Tablets, die mit der Praxis vernetzt ist. Das Tablet kann zur Video-Telefonie verwendet werden und sammelt gleichzeitig mittels Sensoren erhobene Daten von EKG, Blutdruck- oder Blutzuckermessgerät. Die MFA begutachtet die Wunde vor Ort beim Patienten, übermittelt Fotos und beantwortet standardisierte Fragen zur Wunde, Wundrandstatus oder dem Vorliegen von nekrotischem Gewebe. Der Fragebogen wird als Score zusammengefasst und zusammen mit den dokumentierten Wundversorgungsmaßnahmen an die Praxis weitergeleitet.

Ein aktuelles Modellprojekt erprobt in vier Pflegeeinrichtungen im Erzgebirge die elektronische Visite mittels Videodatenbrillen. Durch diese Videodatenbrille, die Pflegefachkräfte tragen und steuern, kann das Ärzteteam die Wunde wie mit eigenen Augen sehen und untersuchen. Das Projekt wird von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) im Rahmen der KBV-Zukunftspraxis unterstützt.

Die Corona-Pandemie beschleunigt die digitale Transformation in der Patientenversorgung.

Apps für Smartphones & Tablets

Draco bietet mobile Lösungen für eine professionelle Wundversorgung.

Die DRACO® WundDoku App ermöglicht die Dokumentation chronischer Wunden, schnell, datenschutzkonform, mit Bild und/oder Text. Die DRACO® WundDoku App ist vor allem bei Hausbesuchen der perfekte Begleiter. Mit dem Produktfilter nach Wundeigenschaften kann per Smartphone, Tablet oder PC eine Empfehlung der am besten geeigneten Wundauflage eingeholt werden.

Wie kann die Patientin oder der Patient eine Videosprechstunde vereinbaren?

Für eine Videosprechstunde braucht es einen zertifizierten Anbieter, Kamera, Mikrofon, Lautsprecher und eine stabile Internetverbindung.

Für Patienten und Patientinnen gibt es zwei Möglichkeiten, um Videosprechstunden zu vereinbaren: Entweder wenden sie sich an ein Unternehmen, das einen Arztkontakt vermittelt. Dann wird oft eine Gebühr fällig. Oder man geht den umgekehrten Weg und wählt erst eine Ärztin aus, die Videosprechstunden anbietet: Dann übernimmt die Krankenkasse die Kosten. Zum Termin wählt man sich bei einem der zertifizierten Anbieter ein – es braucht Kamera, Mikrofon, Lautsprecher und eine Internetverbindung. Eine spezielle Software ist nicht von Nöten. Viele der Dienste bieten zeitweilig kostenlose Lizenzen für Ärztinnen und Ärzte an – das könnte der Verbreitung der Technik einen weiteren Schub geben.

Welche Maßnahmen werden zum Schutz der Daten ergriffen?

Gesundheitsdaten sind sehr sensibel und der Umgang mit ihnen schwierig. Der Schutz von personenbezogenen Daten wird durch die Datenschutzgrundverordnung geregelt.

In der gesamten Europäischen Union wird der Schutz von personenbezogenen Daten durch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) geregelt. Nach der DGSVO dürfen in Deutschland personenbezogene Daten über amerikanische Dienste, wenn überhaupt, nur nach erteilter EU-US Privacy Shield Zertifizierung geteilt werden. Mittlerweile sind DGSVO-konforme Messenger speziell für Arztpraxen auf dem Markt.

Aus Gründen den Datenschutz obliegen die Anbieter von Videosprechstunden Auflagen, um die Anforderungen zur technischen Sicherheit und zum Datenschutz nach Anlage 31b zum Bundesmantelvertrag-Ärzte erfüllen. Eine Liste zertifizierter Videodienstanbieter ist auf den Seiten der KBV zu finden (Liste zertifizierter Videodienstanbieter, Stand 02.01.2023):

  • Sie müssen zertifiziert sein
  • Sie dürfen etwa keine Accounts verlangen
  • Daten dürfen nicht gespeichert werde
  • Die Verbindung muss Ende-zu-Ende verschlüsselt sein und Peer-to-Peer, also ohne zentralen Server, der die Daten abgreifen könnte, stattfinden (Peer-to-Peer)

Allerdings ist kein vollständiger Schutz gegen Hacker möglich. Am Ende muss die Patientin oder der Patient selbst entschieden, ob und welche Informationen über digitale Techniken geteilt werden sollen.

Welche Probleme birgt Digitalisierung des Gesundheitssystems?

Grundlage für eine erfolgreiche Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems ist eine sichere und umfassende digitale Infrastruktur. Nur dann kann eHealth im Gesundheitswesen zu einer effektiveren und effizienteren Versorgung von Menschen führen.

Gerade in ländlichen Regionen ist der Ausbau einer leistungsstarken und flächendeckenden Mobilfunkversorgung noch nicht abgeschlossen. Veraltete Technik, Schulungsbedarf des Pflegeteams oder ein Festhalten an alten Strukturen erschweren die Einführung der digitalen Technik zusätzlich.

Zudem steht eHealth immer im Spannungsfeld mit den individuellen Rechten, wie Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung.

Literatur

Die Autorin Dr. Roxane Lorenz
Dr. Roxane Lorenz

Nach ihrem Studium der Biologie an der Ruhr-Universität Bochum promovierte Dr. Lorenz zum Dr. rer. nat. Seit 2012 ist sie in der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung bei Dr. Ausbüttel tätig, seit 2018 auch als Leiterin dieser Abteilung sowie der Forschungsabteilung.