Stuhlmanagement – Tipps zum Hautschutz bei Sakraldekubitus
Hat ein Patient einen Dekubitus im Sakralbereich, ist die Stuhlausscheidung ein besonderes Problem. Gerade bei Durchfällen drohen Infektionen bis zur Sepsis. Welche Möglichkeiten der Stuhlableitung gibt es? Und worauf ist zu achten?
Weiterführende Inhalte
Ein Dekubitus ist eine gefürchtete Komplikation, wenn Menschen sich länger nicht bewegen können. Er beeinträchtigt die Betroffenen erheblich, geht mit Schmerzen einher und kann sich zu einem lebensbedrohlichen Zustand entwickeln. Für Pflegende bedeutet dies, alle Möglichkeiten der Dekubitusprophylaxe auszuschöpfen und regelmäßig zu überprüfen, ob diese auch ausreichen, um einen Dekubitus zu verhindern.
Dekubitus im Sakralbereich – wie häufig ist er?
Das Auftreten eines Dekubitus ist in den letzten Jahren zwar zurückgegangen, liegt aber unter Pflegeheimbewohnern immer noch bei etwa 8,5 Prozent. Das zeigt eine Metaanalyse, in der unter anderem die Rate der in Pflegeheimen erlittenen Druckverletzungen, in sechs Studien mit knapp 80.000 älteren Menschen, ermittelt wurde. Am häufigsten waren dabei Druckverletzungen der Stadien I und II. Die häufigsten Stellen waren die Ferse (34,1 Prozent), das Kreuzbein, also der Sakralbereich (27,2 Prozent) und der Fuß (18,4 Prozent).1
Bei der Prophylaxe ist es vor allem wichtig, das individuelle Risiko für einen Dekubitus gut in den Blick zu nehmen. Bei einem Sakraldekubitus oder auch Dekubitus am Steißbein bzw. Kreuzbein spielen zwei Risikofaktoren eine besondere Rolle:
- Immobilität und
- Vorhandensein einer Inkontinenz-assoziierten Dermatitis, kurz IAD, bei Vorliegen einer Harn- und/oder Stuhlinkontinenz.1
Das hat eine Studie mit über 5.000 Patienten in Pflegeeinrichtungen gezeigt. Aber auch ohne Immobilität ist eine IAD ein entscheidender Risikofaktor: Bei Personen mit Inkontinenz waren 17,1 Prozent der untersuchten Patienten von einem Dekubitus im Sakralbereich betroffen, in der gesamten Population waren es 3,8 Prozent.2
Hauptartikel: Dekubitus
- Dekubitus-Assessment
- Dekubitus: Grade, Stadien, Klassifikation
- Expertenstandard Dekubitus
- Fallbeispiele Dekubitus, Behandlungs- und Heilungsverläufe mit Bildern
- Fersendekubitus
- Hilfsmittel zur Dekubitusprophylaxe
- Positionierung zur Dekubitusprophylaxe
- Sakraldekubitus
- Stuhlmanagement bei Sakraldekubitus
- Wundauflagen zur Dekubitus-Wundversorgung
Folgen und Komplikationen
Wie jedes Druckgeschwür kann sich ein Dekubitus im Sakralbereich großflächig ausbreiten und zu einer tiefen Wunde entwickeln. Die Lage in der Intimregion birgt dabei besondere Risiken. Hier sammeln sich Urin, Stuhl und Schweiß und damit besteht die Gefahr, dass Bakterien in die Wunde gelangen und eine Infektion auslösen können. Ein besonderes Infektionsrisiko liegt vor, wenn Patienten mit einem Sakraldekubitus eine Diarrhö haben. Millionen bis Milliarden Bakterien, Viren und auch Pilze befinden sich in jedem Gramm Stuhl.3 Gelangen sie in die Dekubituswunde, kann diese sich leicht infizieren.
Liegt noch kein Dekubitus vor, besteht das Risiko, dass eine Diarrhö zur Entstehung eines Sakraldekubitus ursächlich beiträgt. Denn Enzyme und Mikroorganismen im Stuhl greifen die Haut und den Säureschutzmantel stark an. Deshalb ist es auch so wichtig, die Haut direkt nach dem Stuhlgang zu säubern. Dadurch ist die Haut aber bei einer Diarrhö immer wieder Waschlotionen und mechanischen Irritationen ausgesetzt. Selbst wenn milde, pH-hautneutrale Waschmittel eingesetzt werden und die Haut nur vorsichtig abgetupft wird, kann dies die Hautverhältnisse weiter verschlechtern, offene Hautstellen begünstigen und damit wahrscheinlich auch das Risiko eines Dekubitus im Sakralbereich erhöhen.4
Daher spielt ein gutes Stuhlmanagement, gerade bei Diarrhö, eine wichtige Rolle, um einen Sakraldekubitus bzw. Komplikationen bei bestehendem Dekubitus zu vermeiden.
Siehe auch:
Hilfsmittel zum Stuhlmanagement – Indikationen und Grenzen
Der Begriff Stuhlmanagement umfasst grundsätzlich den gesamten Prozess von der Nahrungsaufnahme über die Verdauung bis zur Ausscheidung. Dabei können auch Hilfsmittel eine wichtige Rolle spielen, gerade bei Diarrhö.5 Im Folgenden werden einige klassische Hilfsmittel zur Stuhlableitung vorgestellt:
Analtampon: Dies ist ein anerkanntes Hilfsmittel, das bei Stuhlinkontinenz und Stuhlschmieren benutzt werden kann. Es kann vom Träger selbst, aber auch von einer anderen Person eingesetzt werden und dichtet den Anus ab, sodass kein unwillkürlicher Stuhlabgang erfolgen kann. Die Tragedauer beträgt je nach Produkt zwischen acht und 24 Stunden. Indikationen für ein Analtampon sind zum Beispiel neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Querschnittslähmung, Schlaganfall oder auch Verletzungen des Schließmuskels oder Stuhlinkontinenz ohne erkennbare Ursachen. Allerdings gehören Darminfektionen, frische und offene Wunden bzw. Verletzungen im Rektum sowie eine Diarrhö zu den Kontraindikationen. In diesen Fällen dürfen Analtampons nur nach Rücksprache mit dem Arzt angewendet werden.6
Fäkalkollektor: Dies ist ein Stuhlauffangbeutel, der mit einer Hautschutzplatte versehen ist. Er wird wie ein Stomabeutel auf den Anus geklebt und fängt so den Stuhlgang auf. Geeignet ist er vor allem für immobile, bettlägerige Menschen mit kurzzeitiger Diarrhö. Nachteilig ist allerdings, dass es oft Probleme mit der Dichtigkeit gibt, vor allem, wenn ein Patient sich bewegt. Dann kann die Haut trotzdem in Kontakt mit dem dünnflüssigen Stuhl kommen. Ein weiterer Nachteil: Ist die Haut in der Intimregion bereits gereizt, trägt ein Fäkalkollektor zudem zu einer weiteren Irritation bei, die die Haut schädigen kann.4
Stuhldrainagesystem: Dieses wird in den Anus eingeführt und dichtet ihn mit einem zweigeteilten Ballon ab – und das von innen wie von außen. Das Stuhldrainagesystem liegt im Enddarm und der Stuhl wird über ein Lumen nach außen geleitet. Dies geht nur, wenn der Stuhl möglichst breiig oder flüssig ist, daher muss fester Stuhl medikamentös modifiziert werden. An den Schlauch des Drainagesystems wird ein Beutel angeschlossen, in den der Stuhl abfließen kann. Idealerweise sollte das Stuhldrainagesystem so wenig Druck wie möglich auf den Anus und das Rektum ausüben und trotzdem so dicht wie möglich sein, damit es auch bei Mobilisation nicht verrutschen kann. Hier gibt es unterschiedliche Systeme auf dem Markt. Ein Nachteil ist, dass mitunter relativ viel Luft in die Ballons appliziert werden muss, damit ein ausreichender Druck zur Abdichtung entsteht. Werden die Systeme nicht fachgerecht eingesetzt, können unter Umständen Nekrosen am Anus entstehen oder es kann anschließend zu einer Stuhlinkontinenz kommen.4
Indikationen für ein Stuhldrainagesystem können zum Beispiel Hautirritationen oder Dekubitalgeschwüre im Sakralbereich sein. Damit kann die Gefahr von Infektionen deutlich reduziert werden.4
Das klassische Darmrohr ist nicht für eine kontinuierliche Stuhlableitung als Hilfsmittel geeignet.
In seinen primären Anwendungszwecken dient es therapeutischen und diagnostischen Zwecken, wie der Ableitung von übermäßig angesammelten Darmgasen (Meteorismus) oder zur Verabreichung von Einläufen (z.B. Kontrastmittel).7 Das klassische Darmrohr ist meist ein Katheter, welcher über den After in den Darm eingelegt wird. Seinen Einsatz gilt es zu hinterfragen, da bei falscher Anwendung eine erhöhte Verletzungsgefahr im Analbereich und Rektum vorliegt (Druckstellen). Darmrohre sind nicht dafür zugelassen, über längere Zeit im Patienten zu liegen (Herstellerangaben beachten).4 Medizinprodukte – und ein solches ist ein Darmrohr – dürfen laut dem Medizinprodukte-Durchführungsgesetz nur entsprechend ihrer Zweckbestimmung verwendet werden.
Begleitende Maßnahmen bei Sakraldekubitus
Wie bei jedem Dekubitus ist auch bei einem Sakraldekubitus die regelmäßige Druckentlastung der zentrale Ansatzpunkt der Behandlung eines Dekubitus. Laut dem Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege gilt: 8,9
- Sowohl gefährdete Menschen als auch Patienten, die bereits einen Dekubitus haben, müssen unverzüglich eine Druckentlastung erhalten, zum Beispiel mittels Bewegungsförderung oder Positionswechsel.
- Ist eine Druckentlastung darüber nicht oder nicht ausreichend möglich, sollten ergänzend druckverteilende oder druckentlastende Hilfsmittel eingesetzt werden, zum Beispiel Weichlagerungsmatratzen, -auflagen und -kissen oder Wechseldrucksysteme.
- Liegt bereits ein Dekubitus vor, ist die konsequente Druckentlastung der entscheidende Faktor. Ein Dekubitus kann nur heilen, wenn er keinem Druck ausgesetzt ist.
- Der Dekubitus wird entsprechend den Grundprinzipien der Wundversorgung behandelt.
- Ein Dekubitus kann Schmerzen verursachen, sodass diese regelmäßig erhoben werden müssen. Bei bewusstseinseingeschränkten Menschen ist hier vor allem auf nonverbale Signale zu achten. Eine adäquate Wundversorgung und ein gutes Schmerzmanagement können die Schmerzen lindern.
- Um den Erfolg der Behandlung beurteilen zu können, wird die Dekubitus-Kategorie beschrieben, die Wunde genau beobachtet und ihr Verlauf dokumentiert.
- Eine ausreichende Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr ist unerlässlich für die Wundheilung und gehört zu den pflegerischen Aufgaben.
- Auch sollten die Pflegenden den Patienten und seine Angehörigen bezüglich des Zusammenhangs zwischen Druck, Bewegung und Dekubitustherapie informieren, schulen und beraten.8,9