Selbstfürsorge: 6 Tipps für Pflegekräfte
Für andere da sein und sich selbst zurückstellen – das ist für Pflegekräfte oft selbstverständlich.
Langfristig kann dieser Einsatz jedoch zur Erschöpfung führen. Die folgenden Tipps helfen, im stressigen Alltag gut für sich selbst zu sorgen.
Pflegekräfte kümmern sich täglich um Menschen, die ihre Hilfe benötigen oder in Not sind. Oft sind sie es gewohnt, sich mehr um das Wohlbefinden der ihnen anvertrauten Menschen zu sorgen als um ihr eigenes. Doch wer immer für andere da ist, sollte sich auch gut um sich selbst kümmern. Sonst drohen Erschöpfung bis zum Burnout. Davon sind Pflegekräfte und andere helfende Berufe häufiger betroffen als andere Berufsgruppen.
Was ist Selbstfürsorge?
Wer Selbstfürsorge hört, denkt schnell an Schaumbäder, Wellness-Oasen oder ein Luxuswochenende. Dieses Verwöhn-Programm zeigt aber nur einen sehr kleinen Ausschnitt von Selbstfürsorge. Vielmehr bedeutet Selbstfürsorge, sich bewusst darum zu kümmern, dass es einem körperlich, psychisch und emotional gut geht. Selbstfürsorge ist Gesundheitsfürsorge – und zwar langfristig betrachtet. Denn in stressigen Zeiten neigen wir eher zu ungesunden Dingen wie Süßigkeiten, Alkohol oder einem Serien-Marathon auf dem Sofa. Das fühlt sich im Moment zwar gut an, ist auf Dauer aber keine gute Strategie der Selbstfürsorge.
Im besten Fall hat Selbstfürsorge einen direkten Effekt auf das Wohlbefinden und wirkt sich auch positiv auf die zukünftige Gesundheit aus. Was dem Einzelnen dabei guttut, ist individuell sehr unterschiedlich. Manche entspannen sich nach einem Arbeitstag am besten im Fitness- oder Yogastudio, andere treffen sich lieber mit Freunden oder machen einen langen Spaziergang. Es geht dabei auch nicht nur um Freizeitaktivitäten. Selbstfürsorge kann auch heißen, eine Tasse Kaffee in der Sonne zu genießen, sich mal wieder bei einer alten Freundin zu melden oder sich über eine frischgekochte Mahlzeit zu freuen.
Wichtig ist, sich bei der Selbstfürsorge nicht unter Druck zu setzen. Sie sollte kein zusätzlicher Punkt auf einer übervollen To-do-Liste sein. Wenn Sie in stressigen Zeiten etwas von sich fordern, das Sie nicht erfüllen können, ist das ein zusätzlicher Stressfaktor. Selbstfürsorge sollte Freude machen und das Leben bereichern. Die folgenden Tipps geben Anregungen, wie Selbstfürsorge aussehen und in den manchmal hektischen Alltag integriert werden kann.
Selbstfürsorge ist ein wichtiger Ansatz, um stressige Phasen gut zu überstehen – beruflich wie privat – und sich körperlich und psychisch wohlzufühlen. Sie fördert die Gesundheit und schützt vor Erkrankungen sowie beruflichen Beeinträchtigungen.
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Tipp 1: Reflektieren Sie, was Ihnen guttut
Um gut für sich selbst sorgen zu können, müssen Sie in sich hineinhorchen: Was tut mir gut, was eher nicht? Was brauche ich, um mich wohlzufühlen? Versuchen Sie, Ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen und ernst zu nehmen. Achten Sie dabei auch auf „Energiefresser“. Gibt es Menschen, Orte oder Aufgaben, die Ihnen immer wieder Kraft rauben und Sie besonders auslaugen? Überlegen Sie, ob Sie solche Energiefresser ausschalten, vermeiden oder minimieren können.
Setzen Sie Prioritäten und sagen Sie Nein, wenn etwas zu viel wird. Das fällt gerade Pflegekräften oft schwer, weil sie es gewohnt sind, vieles für andere möglich zu machen. Wenn zum Beispiel eine Kollegin krank wird und Sie nicht einspringen, wissen Sie, dass der Dienst für die anderen besonders stressig wird. Hier ist es wichtig, ein schlechtes Gewissen zu überwinden und die eigene Selbstfürsorge zur Priorität zu machen. Langfristig profitiert auch Ihr Team davon, wenn Sie leistungsfähig bleiben.
Achten Sie in längeren Stressphasen auf mögliche Anzeichen eines Burnouts, wie Gefühle der Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit, emotionale Schwankungen, Neigung zum Grübeln, Verlust von Empathie oder Abkopplung von Familie und Freunden. Wenn Sie diese Symptome bei sich wahrnehmen, sollten Sie professionelle Hilfe aufsuchen.
Tipp 2: Sorgen Sie für einen guten Ausgleich zum Beruf
Finden Sie Zeit für Aktivitäten, die Ihnen persönlich guttun, zum Beispiel zügiges Gehen oder andere Formen von Bewegung, Yoga, Lesen, Tagebuchschreiben, Meditation, Gitarre spielen, angeln, malen, fotografieren, Leute treffen ... Tun Sie etwas, das Ihnen Spaß macht und bei dem Sie gut abschalten können. Grundsätzlich ist Bewegung zu empfehlen. Schon 30 Minuten Gehen pro Tag können die Stimmung heben und Stress reduzieren. Und auch wenn Sie sich bei der Arbeit viel bewegen: Ein Spaziergang in der Natur wirkt viel besser gegen Stress als das Gerenne auf der Station.
Achten Sie auf ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeit, Ruhe und Aktivität. Planen Sie ausreichend Erholungsphasen ein. Wenn der ganze Tag mit Arbeit und Freizeitaktivitäten verplant ist, kommen Sie nicht zur Ruhe. Nehmen Sie sich jeden Tag etwas Zeit für sich selbst. Was Sie in dieser Zeit machen, bleibt ganz Ihnen überlassen. Legen Sie Ihr Smartphone am besten in einen anderen Raum, um wirklich abschalten zu können.
Tipp 3: Achten Sie auf ausreichend Schlaf
Jeder weiß, wie wichtig ausreichend Schlaf für das Wohlbefinden und die Gesundheit ist. Trotzdem ist es nicht einfach, dies im Alltag auch umzusetzen. Gerade Pflegekräfte haben es durch den Schichtdienst schwerer, einen Schlafrhythmus mit festen Einschlaf- und Aufwachzeiten zu entwickeln. Empfehlungen für einen guten Schlaf sind:
- Bewegen Sie sich täglich (aber nicht direkt vor dem Schlafengehen)
- Versuchen Sie, mindestens 30 Minuten pro Tag natürliches Sonnenlicht zu bekommen
- Entspannen Sie sich vor dem Schlafengehen (warmes Bad, Lesen); schränken Sie den Gebrauch von elektronischen Geräten ein
- Wenn Sie einen Mittagsschlaf benötigen, halten Sie diesen kurz (max. 20 Min.), schlafen Sie nicht mehr nach dem Nachmittag
- Vermeiden Sie Alkohol, große Mahlzeiten und Stimulanzien wie Nikotin und Koffein vor dem Schlafengehen
- Entwickeln Sie gesunde Routinen, auch was die Ernährung und Bewegung betrifft
- Wenden Sie sich an einen Arzt, wenn Sie anhaltende Schlafprobleme haben.
Acht Vorteile der Selbstfürsorge
- Reduziert berufliche Risiken wie Burnout und Ermüdung durch Mitgefühl
- Hilft beim Aufbau von Resilienz
- Vorbild für gesundes Verhalten für Patienten
- Fördert die Qualität der Fürsorge
- Erhöht die Fähigkeit zur Empathie
- Stärkt die Beziehungen zu Patienten und anderen
- Verbessert das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen
- Trägt zu einer realistischen Zielsetzung bei.
Tipp 4: Pflegen Sie gute Sozialkontakte
Soziale Beziehungen schützen die Gesundheit und verlängern das Leben, wie Studien belegen. Umgeben Sie sich mit Menschen, die Ihnen guttun. Pflegen Sie Rituale und Gewohnheiten mit Familie und Freunden. Suchen Sie sich eine Gruppe, mit der Sie gemeinsam einem Hobby nachgehen können. Besuchen Sie einen Kurs, um etwas Neues zu lernen. Pflegen Sie auch berufliche Kontakte, mit denen Sie über die besonderen Belastungen Ihrer Arbeit und Möglichkeiten der Bewältigung sprechen können.
Passen Sie in stressigen Zeiten und Krisen Ihre Sozialkontakte Ihren Bedürfnissen und Energiereserven an. Dann kann weniger mehr sein. Wenn Treffen mit einer Gruppe zu anstrengend sind, bitten Sie darum, sich nur zu zweit zu treffen. Suchen Sie eine Unternehmung, die für Sie erholsam ist, zum Beispiel ein Spaziergang im Park oder ein Kinobesuch.
Wählen Sie Ihre Kontakte in schwierigen Zeiten mit Bedacht: Wer tut mir gerade gut? Wer kann gut zuhören? Wen könnte ich um Unterstützung bitten?
Tipp 5: Wenden Sie Entspannungstechniken an
Entspannungsverfahren wie Yoga, Meditation, Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung sorgen für Ruhe und innere Ausgeglichenheit. Die Effekte sind wissenschaftlich gut erforscht und belegt. Aktive Entspannungstechniken beruhigen und lösen Verspannungen, sie machen belastbarer, erhöhen die Stresstoleranz und helfen, langfristig gelassener und zufriedener zu werden. Das für müssen Sie allerdings trainiert und regelmäßig praktiziert werden, zum Beispiel in einem Kurs. Wenn Sie mit einem Verfahren vertraut sind, können Sie dieses auch als Soforthilfe in akuten Stresssituationen einsetzen.
Auch Achtsamkeitsübungen können leicht in den Alltag integriert werden. Das Konzept der Achtsamkeit ist einfach. Bei dieser uralten Praxis geht es darum, sich völlig auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Atmen Sie zum Beispiel einige Male tief ein. Zählen Sie beim Einatmen (durch die Nase) bis vier, halten Sie den Atem eine Sekunde lang an und zählen Sie beim Ausatmen (durch den Mund) bis fünf. Wiederholen Sie dies mehrfach und achten Sie dabei genau auf Ihren Körper. Auch bei einem Spaziergang oder beim Essen können Sie ganz bewusst die Reize, Geräusche, den Geschmack in sich aufnehmen. Mit regelmäßiger Übung fördern Sie Achtsamkeit.
Tipp 6: Seien Sie freundlich und mitfühlend mit sich selbst
Last, but not least: Gehen Sie fürsorglich und wohlwollend mit sich um. Werden Sie nicht ungeduldig, auch wenn Sie mal etwas nicht hinbekommen oder länger benötigen, als Sie gedacht haben. Setzen Sie sich nicht unter Erfolgsdruck – beruflich, aber auch, was Ihre eigene Selbstfürsorge betrifft. Behandeln Sie sich so, wie Sie es bei einem guten Freund tun würden. Seien Sie mitfühlend mit sich selbst.
Betrachten Sie herausfordernde Situationen als Chance zu wachsen. Versuchen Sie, die positiven Seiten der Dinge zu sehen. Gestehen Sie sich aber auch negative Gefühle zu. Halten Sie fest, was Sie am Ende des Tages erreicht haben, und nicht, was Sie nicht erreicht haben. Üben Sie sich in Dankbarkeit. Nehmen Sie sich zum Beispiel die Zeit, jeden Tag ein paar Dinge zu notieren, für die Sie dankbar sind. Das kann das gemeinsame Lachen mit Kollegen sein, die dankenden Worte einer Patientin, der Besuch eines netten Menschen. Es sind oft die kleinen Dinge, die das Leben wertvoll machen.