Okklusionsverbände - Einsatzgebiete in der Wundversorgung

Okklusionsverbände - Einsatzgebiete in der Wundversorgung

Der Okklusionsverband (oder: Okklusivverband) schützt als undurchlässiger oder halbdurchlässiger Folienverband akute sowie chronische Wunden und kann die Wundheilung fördern. 

Für die Anwendung eines Okklusionsverbands gelten einige Regeln.

Was ist ein Okklusionsverband?

Bei einem Okklusionsverband (oder auch: Okklusivverband) handelt es sich um ein impermeables (undurchlässige) oder semipermeables (halbdurchlässige) Kunststoffverbandmittel (Folie), um Haut- und Wundflächen abzudecken.1,2 Die Materialien für einen Okklusionsverband unterscheiden sich nach der Durchlässigkeit:5

  • Okklusive (impermeable) Verbandmittel lassen Flüssigkeiten, Gase, Zellen oder Bakterien nicht durch.
  • Halbdurchlässige (semipermeable) Verbandmittel sind für Gase und Wasserdampf, aber nicht für Zellen wie z. B. Bakterien durchlässig. Der Durchtritt von Flüssigkeiten hängt vom jeweiligen Material ab (Abb. 1).
Schema: okklusive und semipermeable Verbandstoffe
Abb. 1: Unterschied zwischen impermeablen (okklusiven) und semipermeablen Verbandmitteln

Welche Materialien eignen sich für einen Okklusionsverband?

Die Auswahl des Verbandmittels hängt von der Wunde beziehungsweise der Hauterkrankungen und der Indikation ab. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Beschaffenheit der Wunde – insbesondere die Exsudatmenge.3,4

Das Material eines Okklusionsverbands sollte unter anderem die folgenden Eigenschaften besitzen:2

  • Schaffung und Erhalt eines feuchten Hautmilieus
  • Verbesserung des Blutflusses und der epidermalen Migration (Wanderung von Zellen in die Epidermis)
  • Schutz gegen bakterielle Infektionen
  • Förderung der Angiogenese (Bildung von Blutgefäßen) und der Synthese von Bindegewebszellen
  • Aufrechterhaltung einer angemessenen Körpertemperatur
  • Ermöglichung des Gasaustausches zwischen dem verletzten Gewebe und der Umgebung
  • Kein Haften an der Wunde und einfache Entfernung
  • Debridierende Wirkung / Förderung der Leukozytenmigration (Wanderung weißer Blutkörperchen) und der Ansammlung von Enzymen
  • Steril, nicht toxisch, antiallergen

Typischerweise werden für okklusive Verbände diese vier Materialien verwendet:1-4,6

  • Semipermeable Kunststofffilme/-folien, zum Beispiel aus Polyethylen oder Polyurethan
  • Hydrogele
  • Hydrokolloide
  • Alginate 

Mehr über die verschiedenen Verbandmaterialien und ihre Anwendung:

Wundauflagen: Arten und Materialien

Die Anwendungsgebiete für einen Okklusionsverband

Der Okklusionsverband wird vor allem in den folgenden zwei Bereichen eingesetzt:

1.Zur Wundversorgung 

Der Okklusionsverband fängt die Feuchtigkeit neben dem Wundbett ab. Man vermutet, dass diese Feuchtigkeit die Wundoberfläche schützt, indem sie eine Austrocknung und weitere Traumata verhindert.1 In der Wundversorgung ist der Okklusionsverband unter anderem indiziert bei:

2. In der Dermatologie

Das feuchte Milieu unter einem Okklusionsverband weicht die Haut auf. Dadurch können beispielsweise lipophile (schlecht wasserlösliche) Wirkstoff aus Salben besser in die Haut gelangen. Dermatologische Indikationen eines Okklusionsverbands sind unter anderem:6

  • Atopische Dermatitis (Neurodermitis)
  • Ekzeme
  • Psoriasis (Schuppenflechte)
  • Allergische Dermatitis
  • Warzen
  • Plantare Fissuren (Einrisse an den Fußsohlen)
  • Keloide und hypertrophe Narben
  • Erythrodermie (Hautrötung)
  • Aktinische Keratose (Vorstufe des weißen Hautkrebses)
  • Nekrobiose lipoidica 
Sonderfall Fingerkuppen-Amputationen: Okklusionsverband statt Lappenplastik

Der Verlust eines Fingerendglieds gehört zu den häufigsten Verletzungen der Finger. Diese Amputationen können operativ mit einer lokalen Lappenplastik behandelt werden. In manchen Fällen, etwa bei Defekten der Kategorien Allen Typ III und IV, bietet eine konservative Behandlung mit einem semiokklusiven Folienverband gute Ergebnisse hinsichtlich der Funktion, Belastbarkeit, Sensibilität und Ästhetik.3,9

Vorteile eines Okklusionsverbands in der Wundversorgung

Für den Einsatz eines Okklusionsverbands bei Wunden sprechen zahlreiche Vorteile:1,2,6

Hinter diesen Vorteilen steht eine Vielzahl physiologischer Vorgänge, zum Beispiel: Durch den „Verschluss“ der Wunde bleiben Proteinasen sowie Komplement- und Wachstumsfaktoren im Wundbett. In der Folge beschleunigt sich die Kollagensynthese. Der Sauerstoffmangel (Hypoxie) fördert die Bildung von Blutgefäßen (Angiogenese). Zugleich sinkt der pH-Wert, was wiederum Wundinfektionen vermindert.2

Kontraindikationen für einen Okklusionsverband

In einigen Fällen dürfen okklusive Verbände nicht angewendet werden (Kontraindikation):2,4

  • Bei Mazerationen
  • Bei klinischen Infektionen
  • Bei Tumoren
  • Bei Allergien gegen das Verbandmaterial

Daneben besteht eine relative Kontraindikation für einen Okklusionsverband bei Menschen mit Diabetes mellitus, peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK), Fisteln und Vaskulitis sowie bei Sehnen und freiliegenden Knochen.Auch auf Pergamenthaut können okklusive Verbände nur mit Einschränkungen angewandt werden.3

Okklusionsverbände in der pflegerischen Versorgung

Neben den Indikationen und Kontraindikationen gilt es, bei der pflegerischen Versorgung mit einem Okklusionsverband weitere Besonderheiten zu beachten.

Verbandwechsel

Die Liegedauer eines Okklusionsverbands hängt unter anderem vom verwendeten Verbandmaterial und der Beschaffenheit der Wunde ab. Dazu die folgenden Beispiele:3

  • Semipermeable Folienverbände können zwischen 3 und 5 Tagen – maximal 7 Tage – auf der Wunde verbleiben.
    • Semipermeable Folienverbände mit geringer Wasserdampfdurchlässigkeit müssen häufiger gewechselt werden, insbesondere bei Menschen mit Fieber oder mit offenen Wunden.
    • Semipermeable Folienverbände mit hoher Wasserdampfdurchlässigkeit können länger auf der Wunde belassen werden. Sie sind jedoch instabiler und müssen täglich kontrolliert werden.
  • Auch bei den Hydrokolloid-Verbänden ist ein Wechsel nach 3 bis 6 Tagen erforderlich. Bei Wunden mit Exsudat bildet sich unter dem Verband eine Gel-Blase. Wenn sie den Umfang der Wunde überschreitet, muss der Verband gewechselt werden.

Kontrollen

  • Bei der Anwendung eines Okklusionsverbands ist es wichtig, Mazerationen zu vermeiden, weil dann das Risiko für Infektionen steigt.3
  • Instabile Verbandmittel wie durchlässigere, semipermeable Folien sollten täglich kontrolliert werden.3
  • Bei Menschen mit pAVK dürfen Folienverbände nur eingesetzt werden, wenn eine tägliche Beobachtung sichergestellt ist.3
Ablösen einer Hydrokolloid-Wundauflage
Ablösen eines kleinen Hydrokolloidpflasters durch Überdehnung

Horizontales Überdehnen eines Hydrokolloidpflasters zur schonenden Entfernung

Literatur:

Die Autorin Michelle Eisenberg
Michelle Eisenberg, examinierte Pflegekraft

Michelle Eisenberg ist examinierte Pflegekraft mit der Zusatzqualifikation Praxisanleitung in der Pflege.
Sie hat sowohl in der ambulanten als auch stationären Pflege Erfahrung gesammelt.
Seit einiger Zeit arbeitet Frau Eisenberg im Kundenservice von Dr. Ausbüttel im Bereich Beratung.