WUKO 2023: Ernährungstherapie bei chronischen Wunden
Der Einfluss der Ernährung auf chronische Wunden wird häufig unterschätzt. Was heißt das für die Praxis? Informationen vom Nürnberger Wundkongress (WUKO) 2023.
Bei Menschen mit chronischen Wunden ist es wichtig, auf eine ausgewogene Ernährung und insgesamt eine ausreichende Energiezufuhr zu achten. Denn die einzelnen Nahrungsbausteine haben jeweils eine andere Bedeutung für die Wundheilung. Das gilt besonders dann, wenn eine Mangelernährung vorliegt.
Bei einem vorhandenen Dekubitus oder anderen chronischen Wunden sollten Sie daher zunächst prüfen, ob eine Mangelernährung besteht. Im nächsten Schritt führen Sie ein Ernährungs-Assessment durch: Was nimmt der Patient oder die Patientin täglich zu sich? Dabei ist es wichtig, nicht nur die Menge der Nahrung (Quantität), sondern auch die Qualität im Blick zu behalten, also den Nährstoffgehalt.
Schließlich passen Sie den Ernährungsplan so an, dass eine ausreichende Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen gewährleistet ist.
WUKO 2023: Screening bei einer vermuteten Mangelernährung
Bei chronischen Wunden ist es unverzichtbar, zunächst den Ernährungszustand der Betroffenen zu ermitteln. Dazu dient im ersten Schritt das Erscheinungsbild (Phänotyp), wobei folgende Kriterien für das Vorliegen einer Mangelernährung sprechen:
- Der Patient oder die Patientin hat in den vergangenen sechs Monaten mehr als fünf Prozent an Gewicht verloren. Alternativ: In einem Zeitraum, der die sechs Monate überschreitet, lag die Gewichtsabnahme bei mindestens zehn Prozent.
- Ein Signal für Ernährungsmangel ist außerdem ein niedriger Body-Mass-Index (BMI). Konkret heißt das: Er beträgt weniger als 20 bei Menschen, die jünger als 70 Jahre alt. Bei Personen ab einem Alter von 70 aufwärts gilt schon ein BMI von 22 als zu niedrig.
- Ein zusätzlicher Indikator ist eine reduzierte Muskelmasse. Diese sollte mittels einer validierten Messtechnik erhoben werden (etwa über Dual Energy X-ray Absorptiometry = DEXA).
Es gibt bekannte Risikofaktoren, die zu einer Mangelernährung führen können und für die Einschätzung hilfreich sind:
- auffällig geringe Lebensmittelzufuhr (weniger als 50 Prozent des Energiebedarfs) für mindestens eine Woche
- unzureichende Nahrungsverwertung (Malassimilation) durch eine Erkrankung im Gastrointestinaltrakt
- Entzündungen durch akute oder chronische Krankheiten
- weitere gesundheitliche Probleme wie ein schlechter Zahnstatus, Schluckbeschwerden, Demenz oder Immobilität
WUKO 2023: Anpassung des Ernährungsplans bei Mangelernährung (und chronischen Wunden)
Die folgenden Empfehlungen greifen dann, wenn das Risiko für eine Mangelernährung besteht, beziehungsweise diese bereits vorliegt:
- Der Energiebedarf ist bei chronischen Wunden erhöht. Die Energiezufuhr sollte daher bei 30 bis 35 Kilokalorien (kcal) pro Kilogramm (kg) Körpergewicht liegen (Beispielrechnung: Eine Patientin, die mangelernährt ist und 50 kg wiegt, sollte pro Tag zwischen 1.500 und 1.750 kcal zu sich nehmen.)
- Als Proteinzufuhr empfehlen Fachleute unter diesen Umständen 1,5 Gramm (g) pro Kilogramm Körpergewicht (Beispielrechnung: Bei der 50 kg schweren Patientin wären das 75 g am Tag).
- Zusätzlich ist es sinnvoll, Nahrungsergänzungsmittel anzubieten, die Arginin, Zink sowie weitere Antioxidantien enthalten. Bei einer enteralen Ernährung gilt das Gleiche für die Zusammenstellung der Inhaltsstoffe.
- Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass die Betroffenen genug Flüssigkeit zu sich nehmen.
Praktische Tipps für eine eiweißreiche Ernährung
- Bieten Sie eiweißreiche Getränke (Protein-Shakes) an.
- Suppen und Fruchtmus können sie durch Protein-Pulver anreichern.
- Verteilen Sie mehrere Protein-Portionen über den Tag, etwa Frischkäse oder Quark, zu den Hauptmahlzeiten, Milchshakes für zwischendurch.
Worauf Sie außerdem bei der Ernährung achten sollten
Empfehlenswert sind zudem Nahrungsergänzungsmittel, die Arginin, Zink und weitere Antioxidantien enthalten. Eine besondere Bedeutung hat dabei Vitamin C, da es für die Kollagenproduktion und den Aufbau von Gewebe benötigt wird. Das wasserlösliche Vitamin wird jedoch über den Urin ausgeschieden, sobald die tägliche Zufuhr 100 Milligramm (mg) übersteigt. Es sollte daher regelmäßig in ausreichender Menge verabreicht werden – hochdosierte Einmalgaben sind nicht sinnvoll.
Grundsätzlich sollte die Ernährung sehr ausgewogen zusammengestellt sein und eventuell um weitere Nahrungsergänzungsmittel erweitert werden, um nicht nur ausreichend Energie und Eiweiße zu liefern, sondern auch dem erhöhten Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen und Spurenelementen gerecht zu werden
Gelingt eine ausreichende orale Aufnahme der Nahrung nicht, ist es wichtig, über die Möglichkeiten der enteralen oder parenteralen Ernährung zu sprechen.