Studie untersucht Lesbarkeit und Verständlichkeit von Beipackzetteln
Beipackzettel liefern alle wichtigen Informationen für die Einnahme von Medikamenten. Aber sind sie so gestaltet, dass Patienten und Patientinnen sie auch verstehen?
Ein deutsches Forschungsteam hat 311 Beipackzettel mithilfe einer speziellen Software untersucht. Dabei legten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen unter anderem folgende Kriterien an:
Entsprechen die Beipackzettel den Readability Guidelines? Dabei handelt es sich um Vorgaben der Europäischen Kommission, die sich beispielsweise auf Schriftgrößen und Schriftarten beziehen.
Sind die Sätze so aufgebaut, dass die Patienten und Patientinnen sie gut verstehen können? Dafür setzten die Forschende verschiedenen Formeln ein, die vor allem Textlänge, Satzlänge, Wortlänge und Anzahl der Wortsilben zueinander ins Verhältnis setzten.
Alle untersuchten Beipackzettel gehörten zur Gruppe der Antipsychotika und der Antidepressiva. Insgesamt bezogen sie sich auf zwölf verschiedene Wirkstoffe. In diesem Bereich gelten Beipackzettel als besonders kritisch, weil Patienten und Patientinnen dazu neigen, beispielsweise einem Wechsel des Präparats aufgrund von Lieferengpässen besonders kritisch gegenüberzustehen.
Die Ergebnisse der Analyse
Die gute Nachricht lautet: Der Satzbau ist einfach genug. Es werden nur wenige passive Formulierungen verwendet und auch unnötiges „Juristendeutsch“ haben die Forschenden kaum gefunden. Auf Abkürzungen, Floskeln und Wortdopplungen verzichten die Medikamentenhersteller in ihren Beipackzetteln ebenfalls weitgehend.
Anders sieht es mit dem Schriftbild aus: Bei über 80 Prozent der untersuchten Dokumente war die Schrift zu klein. Oft wechselte die Schriftart, was die Lesbarkeit erschwerte. Zudem waren die meisten Texte extrem lang. Insgesamt erfüllten nur gut 17 Prozent der analysierten Beipackzettel die Kriterien für eine ausreichende Verständlichkeit.
Neue Beipackzettel werden benötigt
Die Forschenden schlagen jetzt vor, mit Beipackzetteln Anwendertests durchzuführen, bei denen Patienten und Patientinnen ihren persönlichen Eindruck darlegen.
Einen neuen Ansatz verfolgt zudem die Universität des Saarlandes. Am Lehrstuhl für Klinische Pharmazie läuft ein umfangreiches Projekt: Die Wissenschaftler und Wissenschaftler wollen neue Vorgaben für Beipackzettel entwickeln, damit diese übersichtlicher aufgebaut sind und Betroffene die relevanten Informationen schneller erfassen können.
Allerdings ist noch offen, wann die Forschenden ihre Ergebnisse vorlegen werden. Im nächsten Schritt ist es notwendig, die rechtlichen Vorgaben für die Hersteller anzupassen. Voraussichtlich wird es daher einige Zeit dauern, bis neu gestaltete Beipackzettel vorliegen.
Tipp für Teams in Arztpraxen und Apotheken
In der Apotheke weisen Sie selbstverständlich vor jeder Medikamentenabgabe auf relevante Neben- und Wechselwirkungen hin. Bei wiederholten Verordnungen können Sie zudem gezielt nachfragen, ob die Patienten und Patientinnen den Beipackzettel gelesen und verstanden haben. Gegebenenfalls ist es empfehlenswert, sich das Dokument gemeinsam anzuschauen und relevante Informationen mit einem farbigen Stift (Edding) zu markieren. Das Gleiche gilt für MFA in einer Arztpraxis, falls Patienten und Patientinnen sich mit Fragen zu einem Beipackzettel an Sie wenden.