Pilotprojekte: Sozialberatung in Arztpraxen
Sorgen machen krank. In mehreren Pilotprojekten werden Patienten und Patientinnen mit sozialen Nöten daher direkt bei ihrem Hausarzt oder ihrer Hausärztin betreut.
Finanzielle Probleme, Arbeitslosigkeit, ein Pflegefall in der Familie – wer permanent belastet ist, schläft in der Regel schlechter, der Stress greift das Immunsystem an und stört viele weitere Körperfunktionen. Unterm Strich werden die Betroffenen leichter krank – und fühlen sich noch stärker belastet. Wie kann ein Ausweg aus diesem Teufelskreis aussehen? Verschiedene Projekte zeigen Möglichkeiten auf. Der grundlegende Lösungsvorschlag ist eine Sozialberatung direkt in der Arztpraxis.
Feste Sprechzeiten in der Praxis
In manchen Berliner Stadtteilen gehört es für die Hausärzte und Hausärztinnen zum Alltag, mit ihren Patienten und Patientinnen über soziale Probleme zu sprechen. Denn der Anteil an Alleinerziehenden, Arbeitslosen und älteren Menschen mit zu wenig sozialen Kontakten ist groß. Viele Senioren und Seniorinnen haben zudem nur eine winzige Rente und wissen keinen Ausweg aus ihrer Situation. Oft ist die Arztpraxis der einzige Ort, wo sie ihre Sorgen äußern.
Deshalb organisiert der Verein „Soziale Gesundheit“ eine Sozialberatung direkt im Sprechzimmer. Sie findet zu festen Zeiten in der Praxis statt. Das soll die Hemmschwelle für die Betroffenen verringern, das Angebot in Anspruch zu nehmen. Neun Hausarzt- und vier Kinderarztpraxen machen aktuell mit. Die Berater und Beraterinnen helfen bei Anträgen, organisieren Pflegedienste und nehmen Kontakt zu Mitarbeitenden anderer Behörden auf, falls es nötig sein sollte, etwa zum Sozialamt oder der Jugendhilfe.
Stadtteilgesundheitszentren in Berlin und Hamburg
Ähnliche Projekte gibt es auch in Berlin-Neukölln und in Hamburg. Vernetzung lautet dabei das Grundprinzip der sogenannten Stadtteilgesundheitszentren, wo ärztliche und soziale Unterstützungsangebote ineinandergreifen sollen. Patienten und Patientinnen finden in den Zentren Angebote zu allen Bereichen, und die Fachleute können sich bei Bedarf untereinander austauschen, falls die Betroffenen es wünschen.
Eine zentrale Verwaltung koordiniert die interprofessionelle Zusammenarbeit, entwickelt Standards für Kommunikation und Dokumentation und steuert die interne Qualitätssicherung. Die ersten Erfahrungen mit diesen Projekten sind so gut, dass die Beteiligten auf ein bundesweit einheitliches Angebot hoffen – inklusive gesicherter Finanzierung.
Auch die Resonanz der Praxis-Teams ist positiv. Denn Sie werden durch diese zusätzlichen Angebote faktisch entlastet – die Sozialberatung, die ohnehin in den Aufgabenbereich der Kommunen fällt, wird bei diesen Konzepten auch wieder durch sie ausgeführt.