Pflege-Report: Große regionale Unterschiede in der Qualität
Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) hat seinen aktuellen Pflegereport veröffentlicht. Parallel ist zudem erstmalig der Qualitätsatlas Pflege erschienen, der auf einer umfangreichen Datenanalyse der AOK basiert – er legt zum Teil große Mängel offen.
Das WIdO erstellt den Pflege-Report jedes Jahr. Fachleute aus Forschung und Praxis greifen darin in Fachbeiträgen die größten Herausforderungen in der Pflege auf und stellen mögliche Lösungswege vor. Teil des Reports ist außerdem eine umfangreiche statistische Auswertung, die auf Basis von Daten der AOK sowie des Statistischen Bundesamtes erfolgt. Der Pflege-Report 2023 beleuchtet das Schwerpunkt-Thema „Versorgungsqualität von Langzeitgepflegten“. Die 14 Fachbeiträge sind frei verfügbar und können von der Website heruntergeladen eingesehen werden.
Zum ersten Mal hat das WIdO zusätzlich die Routinedaten sämtlicher AOK-Kranken- und Pflegekassen ausgewertet und für die Öffentlichkeit aufbereitet: Der Qualitätsatlas Pflege ist ebenfalls online verfügbar. Dort sind die Informationen zur Versorgungsqualität bei Pflegeheimbewohnenden nach inhaltlichen Punkten gegliedert und auf Kreis-, Länder- und Bundesebene erfasst.
Die wichtigsten Ergebnisse des Pflege-Reports
Insgesamt zeigen die Auswertungen, dass die Versorgungsqualität sehr unterschiedlich ist. Das sind die interessantesten Ergebnisse:
Polymedikation: Knapp zwei Drittel der Pflegebedürftigen haben von ihrem Arzt oder ihrer Ärztin fünf oder mehr Wirkstoffe verordnet bekommen. Bei den 70- bis 74-Jährigen standen bei knapp ein Viertel der Pflegebedürftigen sogar zehn oder mehr Wirkstoffe auf der Medikationsliste.
PRISCUS-Arzneien: Auf der sogenannten PRISCUS-Liste sind Wirkstoffe aufgeführt, die als ungeeignet für ältere Menschen gelten, weil sie im Alter stärker mit unerwünschten Effekten und Nebenwirkungen verbunden sind. Fast jede siebte pflegebedürftige Person im Alter ab 65 Jahren erhielt 2021 jedoch mindestens einen Wirkstoff der PRISCUS-Liste.
Schlaf- und Beruhigungsmittel: Besonders auffällig ist der Anteil der Bewohner und Bewohnerinnen in Pflegeheimen, die im Jahr 2021 dauerhaft Schlaf- und Beruhigungsmitteln einnahmen. Er lag im Durchschnitt bei 7,6 Prozent. Dabei gibt es große regionale Unterschiede. Während es in den besten Regionen nur 4,7 Prozent waren, lag die Rate im Extremfall bei fast zehn Prozent im Landesdurchschnitt. Am schlechtesten schnitten hier das Saarland und Nordrhein-Westfalen ab. Einzelne Kreise erreichen Werte zwischen 15 und über 25 Prozent – jeder vierte Pflegebedürftige bekam dort also Sedativa.
Dehydration bei Demenz: Im Bundesdurchschnitt kamen fast vier Prozent aller an Demenz erkrankten Menschen, die in einem Pflegeheim leben, in ein Krankenhaus, weil sie zu wenig Flüssigkeit zu sich genommen hatten. In den Kreisen, die am schlechtesten abschnitten, waren es bis zu 12,5 Prozent. Auffällige Kreise liegen unter anderem in Bayern, in Niedersachsen, in Rheinland-Pfalz sowie in Nordrhein-Westfalen.
Dekubitus: Durch eine systematische Risikoeinschätzung, Förderung der Mobilität und Aufklärung ist es in vielen Fällen möglich, einem Dekubitus vorzubeugen. Laut der AOK-Analyse erfolgt das aber zu wenig. Denn bundesweit trat er bei über 11 Prozent der Menschen in einem Pflegeheim auf. Dabei lag die Bandbreite zwischen rund sechs und fast 18 Prozent. Am häufigsten waren Personen mit den Pflegegraden 3 und 4 betroffen. Hier finden Sie die wichtigsten Informationen aus dem Expertenstandard Dekubitus.
Stürze: Über 16 Prozent der Bewohner und Bewohnerinnen in Pflegeheimen, die Medikamente einnahmen, die das Sturzrisiko erhöhen, mussten wegen eines Sturzes in ein Krankenhaus eingewiesen werden. Das WIdO weist darauf hin, dass Maßnahmen des Medikamentenmanagements das Sturzrisiko verringern könnten. Wir haben Ihnen Tipps zur Sturzprophylaxe zusammengestellt.
Im Qualitätsatlas Pflege haben die Fachleute weitere Daten zusammengestellt, etwa zu einer fehlenden augenärztlichen Vorsorge bei Diabetes oder zur Dauerverordnung von Antipsychotika bei Demenz.
Das WIdO plant zudem, künftig die Datenauswertungen auf die Arbeit von ambulanten Pflegediensten auszuweiten.
Quellen:
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