Neue Form der Wundkontrolle: Verband wechselt die Farbe
So könnte die Zukunft der Wundversorgung aussehen: Forschende haben einen Verband entwickelt, der beginnende Infektionen anzeigt, ohne dass die Wunde freigelegt werden muss. Was steckt dahinter, und wann wird der Verband voraussichtlich erhältlich sein?
Das Problem ist bekannt: Bei der traditionellen Wundversorgung werden die Verbände regelmäßig gewechselt. So können die Pflegefachkräfte unter anderem prüfen, ob sich die Wunde infiziert hat. Ideal ist das nicht. Denn für die Patienten und Patientinnen sind die Verbandswechsel oft mit Schmerzen verbunden. Außerdem lässt es sich trotz hochwertigen Verbandsmaterials nicht hundertprozentig verhindern, dass Teile der Wunde sich dabei erneut öffnen. Insgesamt steigt durch das Freilegen das Infektionsrisiko.
Forschende der schwedischen Universität Linköping haben dafür jetzt eine Lösung vorgestellt: Sie haben einen Wundverband aus Nanocellulose entwickelt, der frühe Anzeichen einer Infektion erkennen kann, ohne den Heilungsprozess zu beeinträchtigen.
Spezieller Farbstoff reagiert auf frühe Entzündungszeichen
Der Verband besteht aus engmaschiger Nanocellulose, die das Eindringen von Bakterien und anderen Mikroben verhindert. Gleichzeitig lässt das Material Gase und Flüssigkeit durch, was für die Wundheilung wichtig ist. Der Gedanke dahinter ist, dass der Verband während des gesamten Heilungsprozesses auf der Wunde bleibt. Nur im Fall einer Infektion müsste er gewechselt werden. Deutet sich eine Entzündung an, würde sich die Farbe des Verbandes verändern.
Das funktioniert folgendermaßen: Nicht infizierte Wunden haben einen pH-Wert von etwa 5,5. Wenn eine Infektion auftritt, wird die Wunde zunehmend basisch und kann einen pH-Wert von 8 oder sogar höher aufweisen. Das hängt mit der steigenden Anzahl an Bakterien zusammen, die zu veränderten Wund-Umgebung führen. Der Clou des Verbandes ist der Zeitpunkt der Veränderungen: Ein erhöhter pH-Wert in der Wunde kann lange vor Eiter oder Rötung auftreten.
Um den erhöhten pH-Wert in der Wundauflage sichtbar zu machen, verwendeten die Forschenden einen speziellen Farbstoff (Bromthymolblau), der bei einem pH-Wert über 7 seine Farbe von gelb nach blau wechselt. Er wird auf ein Siliziumdioxidmaterial aufgebracht, welches wiederum mit der Nanocellulose kombiniert wird, ohne die Funktionsfähigkeit zu beeinträchtigen. Das Ergebnis ist ein Wundverband, der sich bei einer Infektion blau färbt.
Zulassungsverfahren läuft
Die Forschenden hoffen, dass dieser neue Verband die Wundversorgung insgesamt verbessern wird. Insbesondere der Einsatz von Antibiotika bei Infektionen könnte durch die Früherkennung reduziert werden.
Das Material befindet sich allerdings noch im Erprobungsstatus. Die Forschenden planen jetzt erste Schritte für die offizielle Zulassung. Bis der Verband auf dem deutschen Markt erhältlich ist, wird es – wenn alle Studien erfolgreich verlaufen – voraussichtlich noch mindestens fünf Jahre dauern.