Leitlinie zum diabetischen Fußsyndrom aktualisiert
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Leitlinie zum diabetischen Fußsyndrom aktualisiert

Die Internationale Arbeitsgruppe für den diabetischen Fuß (IWGDF) hat ihre Leitlinien überarbeitet, die sich mit der Behandlung und Vorbeugung von diabetesbedingten Fußerkrankungen befassen. Wir haben Ihnen die wichtigsten Infos zusammengefasst.

Das diabetische Fußsyndrom umfasst alle krankhaften Veränderungen am Fuß eines Menschen mit Diabetes mellitus. Fußgeschwüre gehören zu den schwerwiegendsten Komplikationen und können die Lebensqualität der betroffenen Person stark einschränken – etwa durch Schmerzen, Infektionen und Amputationen. 

Fachleute befassen sich regelmäßig mit neuen Erkenntnissen und setzen diese in Leitlinien um. Die Internationale Arbeitsgruppe für den diabetischen Fuß(IWGDF) hat die Expertenleitlinie aktualisiert – zu den Themen 

  • Entlastung des erkrankten Fußes 
  • Infektionen 
  • Heilmittel zur Wundheilung  
  • Schaufensterkrankheit (Periphere arterielle Verschlusskrankheit = PAVK) 

Erstmals gibt es auch einen Abschnitt zum Charcot-Fußes – einer schweren Erkrankung des Fußes mit Zerstörung von Knochen und Gelenken aufgrund einer Nervenstörung (Neuropathie).   

Mechanische Entlastung mindert Druck auf Geschwür 

Den Druck im Bereich von Fußsohle und Geschwür (Ulkus) zu reduzieren, hilft bei der Heilung. Bei einem Ulkus am Vor- oder Mittelfuß steht eine nicht abnehmbare kniehohe Entlastungsvorrichtung an erster Stelle, als zweite Wahl gilt eine abnehmbare Entlastungsvorrichtung. Ansonsten sehen die Experten und Expertinnen angemessenes Schuhwerk in Kombination mit Filzpolstern als gute Alternative. 

Reichen Entlastungsmaßnahmen nicht aus, zieht die Arbeitsgruppe eine Achillessehnenverlängerung, die operative Entfernung (Resektion) des Mittelfußkopfes, eine operative Neubildung des Gelenks (Arthroplastik) oder eine operative Korrektur (Osteotomie) des Mittelfußes in Betracht.  

Für Ulzera aufgrund von Krallenzehen, sprechen sich die Fachleute für die Durchtrennung (Tenotomie) der Beugesehnen aus. 

Antibiose bei Infektionen 

Bereits kleine Verletzungen können sich durch eine Infektion so stark verschlimmern, dass womöglich eine Amputation droht. Trotzdem lautet die Empfehlung, auf einen unnötigen Antibiotika-Einsatz zu verzichten und nur bei nachgewiesener Infektion zu Medikamenten zu greifen. Dabei geht der Trend zu einer kürzeren antibiotischen Behandlungsdauer. Beispielsweise gibt es aktuell eine bedingte Empfehlung für eine 10-tägige Dauer der Antibiotikatherapie nach einem chirurgischen Débridement (Entfernung von abgestorbenem Gewebe aus Wunden) bei mittelschweren oder schweren Weichteilinfektionen des Fußes. 

Keine Antibiotikaklasse ist gegenüber anderen überlegen, wenn es um die Behandlung diabetesbedingter Wundinfektionen des Fußes. Deshalb können Behandelnde jedes Antibiotikum einsetzen, das sich in hochwertigen Studien als wirksam erwiesen hat. Dabei ist es wichtig, lokale Resistenzen zu beachten. 

Wundheilung 

Während die Leitlinie aus 2019 nur 13 Ratschläge zur Wundbehandlung des diabetischen Fußes umfasst, liefert die neue Version insgesamt 29 Empfehlungen.  

Reicht die Standardbehandlung zur Wundheilung nicht aus, gibt es verschiedene unterstützende Maßnahmen wie Saccharose-Oktasulfat-Verbände, Unterdruck-Wundtherapien nach einer Operation, Produkte aus der Plazenta oder autologe Patches mit Leukozyten, Plättchen und Fibrin, die örtliche Sauerstofftherapie und der Einsatz hyperbaren Sauerstoffs – falls diese Ressourcen zur Verfügung stehen.  

Die teuren Plazentaprodukte sind in Deutschland beispielsweise nicht erhältlich – und die Krankenkassen würden die Kosten auch nicht erstatten. Ein anderes Beispiel ist die systemische Behandlung mit hyperbarem Sauerstoff (HBO). Dabei wird dem ganzen Körper durch Überdruck 100 Prozent reiner Sauerstoff zugeführt. Im stationären Setting übernehmen die Kassen die Kosten. Wenn die Betroffenen eine abgewandelte Form der Behandlung zu Hause durchführen lassen, ist das jedoch nicht der Fall. 

Schaufensterkrankheit 

Um eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) sicher zu diagnostizieren oder auszuschließen, empfehlen die Experten und Expertinnen, Doppler-Ultraschall mit Knöchel-Arm-Index (ABI) und Zehen-Arm-Index (Zehendruck, TBI) zu kombinieren. 

Die aktualisierte Internationale Leitlinie zum Diabetischen Fuß gibt es zurzeit nur in englischer Sprache. Die Leitlinie aus 2019 können Sie in der deutschen Fassung hier herunterladen. 

Leitlinie zum diabetischen Fußsyndrom aktualisiert
Die Autorin Dr. Christine von Reibnitz
Dr. Christine von Reibnitz, Referentin Gesundheitspolitik und Krankenkassenmanagement

Dr. von Reibnitz ist promovierte Gesundheitswissenschaftlerin und Hochschuldozentin im Bereich des Gesundheitsmanagement. Seit 2013 ist sie bei Dr. Ausbüttel zuständig für den Bereich Krankenkassenmanagement und Expertin für die Themen Abrechnung und Recht.