Elektronische Packungsbeilagen im Test
Die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat auf einem speziellen Portal die ersten digitalen Beipackzettel veröffentlicht. Langfristig könnte die elektronischen Produktinformation (ePI) Pflicht werden.
Die Digitalisierung schreitet voran und wird nun auch für Medikamenten-Beipackzettel greifbar. Die EMA hat mitgeteilt, dass die ersten elektronischen Produktinformationen für ausgewählte Humanarzneimittel veröffentlicht worden sind. Weitere sind in Planung. Die ePIs entstehen im Rahmen des Projektes „Product Lifecycle Management Portal“. Es stellt bis Juli 2024 digitale Beipackzettel für 25 Produkte bereit und soll als Testlauf dienen: Wie können ePIs am besten in den medizinischen Alltag integriert und für alle Zielgruppen zugänglich gemacht werden?
Grundsätzlich liegen die Vorteile einer ePI für viele Fachleute auf der Hand: Aktualisierungen wären zum Beispiel schneller und unkomplizierter für Patienten und Patientinnen verfügbar. Außerdem könnten Beschäftigte in den Gesundheitsberufen jederzeit auf die Informationen zugreifen. Beispielsweise eine Pflegekraft müsste in häuslicher Umgebung nicht erst umständlich den ausgedruckten Beipackzettel zu einem Medikament suchen, wenn es eine Online-Version gäbe.
Mehr Sprachen und mehr Funktionen für die ePIs
Bislang sind die ePIs nur auf Englisch oder in der jeweiligen Landessprache verfügbar, also in Deutschland auf Deutsch. Der Zugang zu weiteren Sprachen ist aber ebenfalls Teil des EMA-Projektes. Das wäre ein wichtiger Service für Menschen mit Migrationshintergrund. Außerdem trügen zusätzliche Sprachen dazu bei, den Austausch von Arzneimitteln über Landesgrenzen hinweg zu erleichtern, etwa bei Lieferengpässen.
Auf dem „Product Lifecycle Management Portal" sind bislang ePIs zu den beiden europaweit zugelassenen Arzneimitteln Brukinsa (Wirkstoff Zanubrutinib) und Imatinib Teva (Wirkstoff Imatinib) verfügbar sowie zu weiteren Präparaten, deren Zulassung in dieser Form nur für ein bestimmtes Land gültig ist.
Diese ersten ePIs sind auch wichtig, um technische Abläufe zu prüfen. Denn die EMA hat eine Seite eingerichtet, auf der sie Informationen über Schnittstellen für Softwareentwickler bereitstellt. Das erleichtert die Einbettung der elektronischen Packungsbeilage in bestehende Systeme. Zusätzliche Services wie automatische Aktualisierungsbenachrichtigungen, unterstützende Videos, Audioinhalte und Online-Tools zur Meldung von Nebenwirkungen wären denkbar.
In Deutschland haben sich einige pharmazeutische Unternehmen zusammengeschlossen, um das Pilotprojekt „Gebrauchsinformation 4.0“ auf den Weg zu bringen, das sich der praktischen Umsetzung der ePIs widmet. Ein Teilbereich ist eine eigene App, auf der die Packungsbeilagen einsehbar sind.
Arbeit für Apothekenteams?
Die EU-Kommission hat bereits angedeutet, dass eine ePI-Pflicht für jedes Medikament denkbar wäre. Diese käme aber nicht vor dem Jahr 2035. Das Recht auf eine ausgedruckte Version sollen Patienten und Patientinnen allerdings behalten. Gegebenenfalls wäre es dann Aufgabe der Apotheken-Teams, den Beipackzettel in der gewünschten Sprache auszudrucken.
Quellen:
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