Hilfsmittel: Erklärung und Übersicht
Hilfsmittel sind Gegenstände, welche die Funktionsfähigkeit, Mobilität und Lebensqualität von Menschen mit Erkrankungen oder Behinderungen verbessern und/oder ausgleichen.
Zu den Hilfsmitteln gehören sächliche medizinische Leistungen, wie Geh-, Seh- und Hörhilfen, Rollstühle, Körperersatzstücke, Inhalationsgeräte oder Applikationshilfen.
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Bei welchen Indikationen können Hilfsmittel verordnet werden?
Häufige Indikationen, bei denen Hilfsmittel zum Einsatz kommen können, sind:
- Orthopädische Erkrankungen und Verletzungen: u.a. Gehhilfen wie Gehstützen oder Rollatoren, Rückenbandagen oder Korsetts zur Unterstützung der Wirbelsäule, Orthesen zur Stabilisierung von Gelenken und Prothesen zur Wiederherstellung von verlorenen Gliedmaßen
- Neurologische Erkrankungen: u.a. Rollstühle, Gehgestelle, Greifhilfen, Kommunikationshilfen oder spezielle Hilfsmittel für die Essens- und Körperpflege
- Seh- und Hörbeeinträchtigungen: u.a. Brillen, Kontaktlinsen, Hörgeräte, Lupen, Bildschirmlesegeräte oder Gehörhilfen
- Atemwegserkrankungen: u.a. Inhalationsgeräte, Sauerstoffkonzentratoren oder CPAP-Geräte (Continuous Positive Airway Pressure)
- Stoffwechselerkrankungen und Diabetes: u.a. Blutzuckermessgeräte, Insulinpumpen, Pen-Nadeln oder Diabetiker-Schuhe
- Inkontinenz und Harnwegserkrankungen: u.a. Windeln, Katheter oder Urinbeutel
- Versorgung bei künstlichem Darmausgang: u.a. Stomabeutel,-platten und Zubehör
Abbildung 1: Hilfsmittel A) CPAP-Gerät; B) Windeln; C) Insulinpumpe; D) Kontaktlinsen oder Brillen; E) Kompressionsleggins; F) Unterarmgehstütze;
Wie werden Hilfsmittel verordnet?
Ärztinnen und Ärzte verordnen Hilfsmittel auf einem Rezept.
Allgemeine Hilfsmittel werden durch die Ärztin oder den Arzt auf Muster 16, dem Arzneimittelformular, verordnet. Dabei muss bei der Verordnung von Hilfsmitteln das Feld 7 durch Eintragen/Ankreuzen der Ziffer 7 gekennzeichnet werden. Auf die Verordnung gehören die Diagnose, das Verordnungsdatum und die Bezeichnung des Hilfsmittels laut Hilfsmittelverzeichnis. Das Rezept für eine Hilfsmittelversorgung kann bei nach § 127 SGB V zugelassenen Leistungserbringern, wie z.B. Apotheken, Sanitätsfachnadel, Homecareunternehmen eingelöst werden. Voraussetzung für die Abgabe eines Hilfsmittels ist ein Versorgungsvertrag nach § 127 SGB V. Die Patientin - der Patient kann im Regelfall den Leistungserbringer frei wählen.
Sehhilfen werden durch die Augenärztin oder den Augenarzt auf Muster 8 verordnet. Der Patient löst das Rezept beim Optiker ein.
Vergrößernde Sehhilfen werden durch die Augenärztin oder den Augenarzt auf Muster 8A verordnet.
Hörhilfen werden durch die Hals-Nasen-Ohrenärztin bzw. -arzt auf Muster 15 verordnet und bei einem Gehörgeräteakkustiker eingelöst.
Beispiel für eine Hilfsmittelverordnung, Muster 16
Wer übernimmt die Kosten für Hilfsmittel?
Hilfsmittel werden von der gesetzlichen Krankenkasse zur Verfügung gestellt. Üblicherweise werden sie über Vertragspartner der Krankenkasse bezogen. Grundsätzlich besteht die Wahl zwischen mehreren mehrkostenfreien Hilfsmitteln. Für einige Hilfsmittel gibt es Festbeträge. Ein Festbetrag ist der Höchstpreis, bis zu dem die Krankenkasse die Kosten für ein Hilfsmittel übernimmt. Festpreise werden einheitlich durch den GKV-Spitzenverband festgelegt. Neben Festbeträge gibt es auch Vertragspreise, die für das Hilfsmittel abgerechnet werden können. Welcher Preis zugrunde liegt, hängt von den Verträgen der Krankenkassen mit den Vertragspartnern ab. Die Versorgung umfasst auch die individuelle Anpassung, die Instandsetzung, Wartung und Ersatzbeschaffung, die Ausbildung im Gebrauch des Hilfsmittels und die Kosten für den Betrieb.
Die gesetzlichen Krankenkassen legen fest, für welche Hilfsmittel die Kosten übernommen werden. Dabei haben die Patienten einen gesetzlichen Zuzahlungsbeitrag zu leisten. Kinder unter 18 Jahren sind von Zuzahlungen befreit.
Für Hilfsmittel gibt es kein ärztliches Budget, d.h. Ärztinnen und Ärzte sind bei der Verordnung in der Menge nicht beschränkt. Sie orientieren sich an der Wirtschaftlichkeit (Paragraf 12 SGB V) und an der medizinischen Notwendigkeit.
Zuzahlungsregelungen bei Hilfsmitteln
Bereich | Zuzahlung | Grenzen / Ausnahmen |
---|---|---|
Hilfsmittel | 10% für jedes Mittel | jedoch mindestens 5 EUR, höchstens 10 nicht mehr als die Kosten des Mittels Ausnahme: Hilfsmittel, die zum Verbrauch bestimmt sind (z. B. Insulinspritzen): 10% je Verbrauchseinheit, maximal 10 EUR pro Monat |
Kinder und Jugendliche sind bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres generell von Zuzahlungen befreit.
Kann sich eine versicherte Person von der Zuzahlungspflicht befreien lassen?
Gesetzlich Versicherte können sich unter bestimmten Voraussetzungen von der Zuzahlungspflicht befreien lassen.
Dies gilt, wenn die persönliche Belastungsgrenze erreicht ist. Die persönliche Belastungsgrenze beträgt 2% der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Für chronisch Kranke beträgt die Belastungsgrenze 1% der Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Die Definition einer chronischen Erkrankung ergibt sich aus der „Chroniker-Richtlinie“ des GB-A.
Was sind Hilfsmittelanbieter bzw. Leistungserbringer?
Hilfsmittelanbieter bzw. Leistungserbringer sind Anbieter, die im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung Hilfsmittel zur Verfügung stellen und einen Versorgungsvertrag nach §127 SGB V abgeschlossen haben.
Dazu gehören:
- der Sanitätsfachhandel,
- Orthopädietechniker/innen,
- Orthopädieschuhmacher/innen,
- Augenoptiker/innen,
- Hörgeräteakustiker/innen oder
- Apotheken
Was sind Pflegehilfsmittel?
Pflegehilfsmittel dienen der Unterstützung in der häuslichen Pflege. Sie werden von der gesetzlichen Pflegeversicherung gewährt. Voraussetzung hierfür ist eine festgestellte Pflegebedürftigkeit, also das Vorliegen eines Pflegegrades.
Pflegehilfsmittel werden in zwei Kategorien unterteilt:
- Verbrauchsprodukte, die der häuslichen Pflege durch private Pflegepersonen, wie Angehörige oder Nachbarn dienen und einmalig gebraucht und nicht wiederverwendet werden, wie Einmalhandschuhe, Einweg-Inkontinenzunterlagen.
- Technische Hilfsmittel, welche die Pflege erleichtern und leihweise ausgegeben werden bzw. nicht zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel, wie Pflegenotrufsysteme, Pflegebetten, Duschhocker und Toilettenstühle.
Abbildung 2: Pflegehilfsmittel A) Einmalhandschuhe; B) Inkontinenzunterlagen; C) Pflegenotrufsystem
Können Pflegekräfte Hilfsmittel verordnen?
Seit 01.01.2022 können Pflegekräfte unter bestimmten Voraussetzungen Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung für das private Lebensumfeld von Pflegebedürftigen abgeben.
Pflegefachkräfte, die häusliche Pflegesituation eines Pflegebedürftigen gut kennen, können Empfehlungen für geeignete Pflegehilfsmittel oder Hilfsmittel ausstellen. Einer ärztlichen Verordnung bedarf es bei einer solchen Empfehlung nicht. Die Pflegekraft muss die betreuende Ärztin bzw. Arzt nicht über den gestellten Empfehlungsantrag informieren.
Um eine Empfehlung auszustellen, verwenden berechtigte Pflegekräfte das in Anlage I der Richtlinie angeführte zweiseitige Formular. Der ausgefüllte Antrag muss innerhalb von 14 Tagen bei der zuständigen Krankenkasse eingegangen sein. Jede Empfehlung bedarf einen eigenen Antrag. Ebenso wie bei Verordnungen gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot bei einer Empfehlung durch eine Pflegefachkraft. Eine Empfehlung kann alleinig im Rahmen der häuslichen Pflege gestellt werden. Die teilstationäre, vollstationäre oder die Kurzzeitpflege sind davon aufgeschlossen.
Was ist die Hilfsmittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA)?
Die Hilfsmittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) regelt die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen
Die Hilfsmittelrichtlinie des GBA legt fest, welche Hilfsmittelgruppen von der Versorgungspflicht umfasst sind und regelt die Anforderungen an Qualität, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Hilfsmittel. Zudem enthält sie Angaben zur Verordnungsbefugnis, zur Genehmigung von Hilfsmitteln, zur Auswahl der Hilfsmittelversorgung, zur Begrenzung der Leistungen und zu den Vertragspartnern der Krankenkassen.
Was ist das Hilfsmittelverzeichnis?
Das Hilfsmittelverzeichnis ist eine Aufstellung und Beschreibung der Hilfsmittel, die von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden können.
Das Hilfsmittelverzeichnis ist umfangreiche Liste von verschiedenen Hilfsmittelgruppen. Jedes Hilfsmittel wird im Verzeichnis mit einer eindeutigen Produktbezeichnung, einer Beschreibung der technischen Merkmale sowie gegebenenfalls weiteren Informationen wie Indikationen, Kontraindikationen und Verordnungsdetails aufgeführt. Zudem wird festgelegt, ob es sich um ein verordnungsfähiges Hilfsmittel handelt und ob zusätzliche Genehmigungen durch Krankenkasse erforderlich sind. Der Spitzenverband Bund der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) führt ein Hilfsmittelverzeichnis, welches alle Produkte enthält, deren Kosten erstattet werden. Aktuell sind es etwa 20.000 Artikel.
Das Hilfsmittelverzeichnis dient als Orientierung. Eventuell können Hilfsmittel, die nicht im Hilfsmittelverzeichnis gelistet sind, durch die GKV erstattungsfähig sein.
Hilfsmittelverzeichnisnummer (Positionsnummer)
Die Hilfsmittelverzeichnisnummer, auch Positionsnummer genannt, dient zur systematischen Aufbereitung und Pflege des Hilfsmittelverzeichnisses und als Ordnungskriterium für jedes Einzelprodukt.
Die Hersteller von Hilfsmitteln beantragen die Aufnahme der von ihnen hergestellten Hilfsmittel. Für die Aufnahme müssen definierte medizinische und technische Qualitätsanforderungen erfüllt werden.