Klassische Wundversorgung

Klassische Wundversorgung

Traditionell unterscheidet man zwischen den "klassischen Wundauflagen" und den innovativen "modernen Wundauflagen". Die klassische Wundversorgung wird vor allem zum Schutz von akuten Wunden eingesetzt.

Was versteht man unter einer klassischen Wundversorgung?

Die „klassische“ oder auch „konventionelle“ Wundversorgung ist die Behandlung von Wunden mit trockenen Verbandstoffen.

Bis in die 1960er Jahre wurde die klassische Wundbehandlung bei akuten und chronischen Wunden eingesetzt. Zu den klassischen Wundauflagen zählen Verbandmull, Binden, Wundschnellverbände mit Kleberand (Pflaster), Mull- und Vlieskompressen, Tamponaden sowie Tupfer. Sie decken die Wunde ab und schützen zuverlässig vor Feuchtigkeit, Verschmutzung oder Bakterien.

Im Gegensatz dazu liegt der Schwerpunkt der modernen Wundversorgung auf der Aufrechterhaltung eines idealfeuchten Wundmilieus. Sie werden häufig bei chronischen oder stark exsudierenden Wunden eingesetzt. Moderne Wundauflagen bestehen aus hydroaktivem Material und besitzen oftmals eine leichte Beschichtung, die das Verkleben mit der Wunde reduziert.

Übersicht: Wundauflagen

Materialien und Eigenschaften der modernen und klassischen Wundauflagen finden Sie in der Übersicht. 

Wundauflagen

Wofür wird die klassische Wundversorgung eingesetzt und was sind ihre Vorteile?

Die klassische Wundversorgung wird heutzutage hauptsächlich bei primär heilenden Wunden eingesetzt. Als Bestandteil der Hausapotheke sind Produkte aus der klassischen Wundversorgung schnell einsatzbereit für kleinere akute Wunden.

In nahezu jeder Hausapotheke sind Pflaster oder Mullbinden zu finden. Und hier liegt auch einer der häufigsten Anwendungsgebiete der klassischen Verbandmaterialien. Akute Schürf- oder Schnittwunden, die beispielsweise beim Schneiden mit einem scharfen Messer entstanden sind, können schnell und unkompliziert mit einem Pflaster durch den Laien versorgt werden. Pflaster decken die Wunde ab und kleine Exsudatmengen werden durch eine innenliegende Auflage aufgesogen.

Primär heilende OP-Wunden mit glatten und eng beieinanderliegenden Wundrändern können durch klassische Wundauflagen vor externen Einflussfaktoren geschützt werden. Klassische Wundauflagen wie Pflaster können üblicherweise nur geringe Mengen an Wundexsudat aufnehmen. Mull- und Vlieskompressen hingegen haben ein recht gutes Saugvermögen. Dies macht sie besonders hilfreich bei der Behandlung von granulierenden, epithelisierenden oder schwach sezernierenden und exsudierenden Wunden. Unter Umständen können die Kompressen allerdings zu unerwünschtem Austrocknen der Wunde führen.

Schürfwunden mit Produkten der klassischen Wundversorgung behandeln

Schürfwunden mit klassischen Wundauflagen versorgen

Bei Start des Videos werden Informationen an YouTube/Google übermittelt. Mehr hierzu unter: Google Datenschutzerklärung.

Schnittwunden mit Produkten der klassischen Wundversorgung behandeln

Schnittwunden mit klassichen Wundauflagen versorgen

Bei Start des Videos werden Informationen an YouTube/Google übermittelt. Mehr hierzu unter: Google Datenschutzerklärung.

Aus welchen Materialien bestehen die klassischen Wundauflagen?

Mull- und Vliesstoffe bestehen aus Baumwolle bzw. synthetischem Material und gelten als überaus hautfreundlich.

Zu den Stoffen, die in der klassischen Wundversorgung Verwendung finden, gehören Mull- und Vliesstoffe. Mull, auch Gaze genannt, besteht aus 100 % Baumwolle. Die Baumwollauflagen gelten als hautfreundlich und liegen aufgrund ihrer weichen Beschaffenheit angenehm auf der Haut. Besonders empfindliche Wunden wie Abschürfungen profitieren von Mullkompressen.

Vliesstoffe sind synthetisch. Sie setzen sich häufig aus einem Gemisch aus Viskose- und Polyesterfasern zusammen. Vliesstoffe zeichnen sich durch ihre luftdurchlässige, anschmiegsame Textur aus und überzeugen durch einen hohen Tragekomfort.

Video: Wickeln oder Kleben? Fixierung richtig auswählen!

Video: Fixierung von Wundauflagen, wickeln oder kleben?

Bei Start des Videos werden Informationen an YouTube/Google übermittelt. Mehr hierzu unter: Google Datenschutzerklärung.

Was sind die Nachteile der klassischen Wundversorgung?

Klassische Verbandmaterialen werden immer häufiger durch innovative Verbandstoffe der modernen Wundversorgung ausgetauscht. Anders als moderne Wundauflagen können klassische Wundauflagen kein idealfeuchtes Wundmilieu aufrechterhalten.

Mit klassischen Wundauflagen kann eine feuchte Wundumgebung schwer hergestellt werden. Durch die Verwendung von Kompressen kann es zu einem Austrocknen des Wundgrundes durch Feuchtigkeitsverlust kommen. Dadurch trocknen heilungsfördernde Enzyme, Wachstumsfaktoren und Nährstoffe im Wundgrund ebenfalls aus und der Heilungsprozess verläuft deutlich verlangsamt.

Durch eine Austrocknung der Wunde kann außerdem Wundschorf mit den verwendeten Pflastern oder Binden verkleben. Auf diese Weise steigt die Gefahr einer Neutraumatisierung der Wunde beim, mitunter sehr schmerzhaften, Verbandwechsel. Um dieses zu verhindern, können klassische Wundverbände regelmäßig mit einer Ringer-Lösung befeuchtet werden (das gilt nicht für aluminiumbeschichtete Vlieskompressen). Allerdings nimmt dann ihr Saugvermögen deutlich ab.

Bei chronischen oder akuten Wunden mit großem Gewebeverlust dauert die Wundheilung insgesamt länger als bei akuten Wunden. Wird eine stark exsudierende Wunde durch die Wahl einer ungeeigneten klassischen Wundauflage zu feucht und nässt, wird das Wachstum von Bakterien gefördert und das Infektionsrisiko steigt. Gleichzeitig wächst das Risiko einer Vernarbung.

Traditionell werden Wundauflagen wie Kompressen aus Verbandmull häufig als Salbenträger verwendet. Diese Verwendung birgt jedoch Risiken: die Kombination aus Salbe und trockener Auflage schließt die Wunde luftdicht ab. Der physiologische Heilungsprozess wird nun gestört und verzögert sich.

Die Autorin Dr. Roxane Lorenz
Dr. Roxane Lorenz

Nach ihrem Studium der Biologie an der Ruhr-Universität Bochum promovierte Dr. Lorenz zum Dr. rer. nat. Seit 2012 ist sie in der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung bei Dr. Ausbüttel tätig, seit 2018 auch als Leiterin dieser Abteilung sowie der Forschungsabteilung.