Infizierte Wunden, Wundinfektion erkennen und behandeln
Was ist eine Wundinfektion? Eine Wundinfektion tritt auf, wenn Krankheitserreger in eine Wunde eindringen, eine Entzündung auslösen und die Heilung verzögern. Typische Anzeichen einer Wundinfektion sind Überwärmung, Schmerzen, Rötung, Schwellung und Funktionseinschränkungen der betroffenen Stelle.
Vor allem chronische Wunden sind anfällig für das Eindringen von Keimen – hier lassen sich in der Regel die unterschiedlichsten Erreger nachweisen. Häufig findet man in infizierten, entzündeten Wunden die Bakterien Staphylococcus aureus und Pseudomonas aeruginosa.1 Mit Blick auf mögliche Behandlungsansätze ist es bei Wunden generell wichtig, zunächst den Status des Erregerbefalls zu klären: Handelt es sich um eine Kontamination, Kolonisation oder um eine Infektion? Schlimmstenfalls kann es dabei sogar zu einer Generalisierung der Infektion (Sepsis) kommen, bei der sich die Infektion über die Wunde hinaus im gesamten Organismus ausbreitet. In diesem Fall ist eine rationale antibiotische Therapie indiziert.
Behandlung und Therapie einer Wundinfektion
Ziel der Behandlung einer infizierten Wunde ist es, diese in eine saubere, offene Wunde zu überführen, sodass im Anschluss eine standardisierte Wundbehandlung eingesetzt werden kann. Dafür sind zunächst die folgenden Schritte notwendig:
Wundbettvorbereitung
Bevor man weitere heilungsfördernde Versorgungsschritte einleitet, ist die Vorbereitung des Wundbettes notwendig. Sie dient dazu, die Beläge aus der Wunde zu entfernen, welche die Wundheilung behindern.
Die Wundbettvorbereitung besteht aus der Wundreinigung und dem Débridement. Erst wenn die Wunde gereinigt wurde, kann die Wundauflage angewendet werden.
Eine infizierte Wunde ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die klassischen Zeichen einer Entzündung aufweist (Rötung, Überwärmung, Schwellung, Schmerz, ggf. Funktionsverlust). Eine starke Keimvermehrung kann diese und noch weitere Symptome auslösen. Man unterscheidet eine lokale von einer systemischen Infektion.
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Hygienemanagement in der Arztpraxis
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Hierunter versteht man in der Wundversorgung die unter sterilen Bedingungen durchgeführten Arbeitsschritte, die notwendig sind, um Krankheitserreger zu beseitigen. Dazu gehören auch die Wundbettvorbereitung inkl. der Wundreinigung, deren Ziel es ist, eine keimbefallene, also septische Wunde in eine saubere, also aseptische Wunde zu überführen. Wichtig bei den aseptischen Tätigkeiten ist, dass diese unter Einhaltung höchster Hygienestandards stattfinden und z.B. eine strikte Desinfektion der Hände, die am Patienten arbeiten, vorgenommen wird.
Abstriche
Besteht der Verdacht auf eine kritische Kolonisation oder Infektion der Wunde mit Erregern, sollten – nach der Reinigung der Wunde und dem Débridement, aber vor der antiseptischen Wundbehandlung – Abstriche durchgeführt werden.
Zum Screening für MRE wie z.B. Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) werden die bakteriologischen Abstriche (z.B. Essener Kreisel) nur oberflächlich entnommen ohne vorherige Säuberung der Wunde. Dies kann z.B. bei Erstvorstellung eines Patienten indiziert sein.
Mögliche Methoden für den Abstrich
Essener Kreisel
- Anwendungshinweise auf dem Trägermaterial beachten
- Probenentnahme erst nach Wundreinigung, aber vor antiseptischer Wundbehandlung
- Abstrichentnahme erfolgt unter leichtem Druck kreisend von außen nach innen über die gesamte Wundfläche, der Abstrichträger wird während des Vorgangs ebenfalls leicht gedreht
- Anatomische Lokalisation auf dem Beiblatt angeben
Levine-Technik
- Anwendungshinweise auf dem Trägermaterial beachten
- Probenentnahme erst nach Wundreinigung, aber vor antiseptischer Wundbehandlung
- Trägermaterial wird mit einer Drehbewegung über einen 1x1 cm großen Ausschnitt der Wunde geführt, gerade mit soviel Druck, dass Wundflüssigkeit aus dem Gewebe austritt, aus der Tiefe und vom Rand
- Anatomische Lokalisation auf dem Beiblatt angeben
Der Essener Kreisel wird als Methode eher für allgemeine Screenings verwendet und um sich einen Eindruck über den Keimbefall der gesamten Wunde zu verschaffen. Die Levine-Technik wird eher zur genauen Erregerbestimmung bei schon bekannter Infektion angewendet.
Dissemond et al. haben in einer Studie den bakteriologischen Wundabstrich nach Levine mit dem des Essener Kreisels verglichen.6 Dabei kam das Autorenteam zu dem Ergebnis, dass der Essener Kreisel – im Gegensatz zum Levine-Abstrich – fast das gesamte Keimspektrum (aerobe Bakterien) der Wundoberfläche aufzeigte. So konnte etwa auch der “Problemkeim” MRSA mit dem Essener Kreisel verlässlicher nachgewiesen werden als mit dem Levine-Abstrich.
Video: Essener Kreisel
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Biopsie
Bei einer Biopsie werden – nach der antiseptischen Wundbehandlung – mittels Hohlnadel oder Stanze Gewebe- oder Flüssigkeitsproben entnommen. Bei Verwendung einer Hohlnadel befinden sich im Inneren der Nadel das zu untersuchende Gewebe oder einzelne Zellen. Bei der Feinnadelbiopsie wird Körperflüssigkeit z. B. aus einer Fistel gesaugt, bei einer Stanzbiopsie werden größere Gewebeteile entnommen. Die Probe wird anschließend ins Labor geschickt.
Stellt sich im Rahmen des Abstriches oder der Biopsie eine Kontamination, Kolonisation oder Infektion einer chronischen Wunde mit multiresistenten Erregern heraus, so sollte entsprechend den Empfehlungen des Robert Koch Instituts eine zügige Dekontamination angestrebt werden. Häufig lassen sich auch an anderen Körperstellen und abhängig von der chronischen Wunde Erregerreservoirs nachweisen, die eine Keimeliminierung (Eradikation) erschweren.
Gewebebiopsien sind nur selten zur Diagnostik einer Wundinfektion nötig. Meistens werden sie durchgeführt, um eine Bestimmung der Keimresistenzen vorzunehmen.
Vor- und Nachteile der Techniken “Abstrich” und “Biopsie”
Eine bakteriologische Untersuchung mittels Abstrich geht in der Regel mit keiner weiteren Gewebeverletzung einher und steht daher in der diagnostischen Kette meist ganz am Anfang. Gilt es jedoch, tiefere Schichten (hier den Wundgrund) zu erreichen, so wird gerne auch auf die Biopsie zurückgegriffen. Dabei gibt es Experten, die Gewebebiopsien grundsätzlich bevorzugen, da sie bei einem Abstrich mit Wattetupfer eine größere Verunreinigung durch die normalen umgebenden Hautkeime befürchten.4
Kolonisationsgrade: Welche Stadien der Wundinfektion gibt es?
Für den korrekten Umgang mit den Ergebnissen des bakteriellen Abstrichs, insbesondere beim Nachweis multiresistenter Erreger, ist es wichtig, Zustände der Kontamination und Kolonisation von einer Infektion abzugrenzen.
Die Übergänge zwischen diesen Zuständen sind jedoch oftmals fließend, insbesondere bei Patienten mit entsprechenden Risikofaktoren, wie z.B. chronischen Wunden.
Bei der Kontamination sind Keime vorhanden und nachweisbar. Sie stellen aber keine Beeinträchtigung des Wirts dar, in diesem Fall des Menschen. Grundsätzlich ist jede (chronische) Wunde kontaminiert.
Von einer kritischen Kolonisation ist die Rede, wenn es zu einer Vermehrung der Keime kommt, die jedoch noch keine systemische Immunreaktion auslöst. Die Heilung chronischer Wunden kann dadurch jedoch bereits verzögert werden.
Eine Infektion ist dadurch definiert, dass die Wunde die klassischen Zeichen einer Entzündung aufweist (Rötung, Überwärmung, Schwellung, Schmerz, ggf. Funktionsverlust) und sich, getriggert durch die starke Keimvermehrung, eine systemische Wirtsreaktion einstellt. Man unterscheidet eine lokale von einer systemischen Infektion.
Jede Wunde weist eine gewisse Besiedelung mit Keimen unserer Hautflora auf, bei der sich im Abstrich auch ggf. pathogene Keime finden lassen. Die Anzahl der Keime in der Wunde wird hierbei meist vom Immunsystem in Schach gehalten, sodass hier zunächst ein Gleichgewicht besteht. In dieser Phase hat das reine Vorkommen von Keimen in der Wunde keine Verschlechterung der Wundheilung zur Folge.
Maßnahmen der Wundreinigung entsprechend des Kolonisationsgrads
Die nachstehende Übersicht zeigt die Zustände der Kontamination, Kolonisation und Infektion mit entsprechenden Maßnahmenempfehlungen zur Wundreinigung. Klinisch lassen sich Kontamination und kritische Kolonisation nicht voneinander unterscheiden.
Bei der Ansiedlung von Erregern unterscheidet man zwischen Kontamination, Kolonisation, Kritischer Kolonisation, lokaler Infektion und systemischer Infektion.
Behandlung mit Wundantiseptika
Zur Reduktion der Keimzahl einer Wunde stehen unter anderem Antiseptika zur Verfügung.
Derzeit gibt es drei Wirkstoffe, die für den Einsatz bei chronischen Wunden empfohlen werden: Polihexanid (PHMB), Octenidin und Natriumhypochlorit/Hypochlorit (NaOCl/HOCl). Povidon-Jod (PVP-Iod) hingegen wird für die Behandlung chronischer Wunden nicht mehr empfohlen. Für akute kontaminierte traumatische Wunden, auch bei vorhandener MRE-Kolonisierung, wird die Verwendung von Octenidin empfohlen.
Octenidin hat ein hohes zytotoxisches Potenzial und sollte daher nicht mit Druck in Taschen, Fisteln oder Höhlen injiziert werden und dort verbleiben. Hier kann es in der Folge zu ausgedehnten Nekrosen kommen. Natriumhypochlorit/Hypochlorit eignen sich zur mehrmaligen intensiven antiseptischen Reinigung. Auch die Dekolonisation von MRSA auf Wunden ist damit möglich. Am verträglichsten ist entsprechend der bisherigen Datenlage Polihexanid, welches sogar die Wundheilung fördern kann. Allerdings hat es längere Einwirkzeiten (15–20 Minuten), um seine Wirkung zu entfalten, was aber z.B. für die Anwendung bei chronischen Wunden ein akzeptabler Umstand ist.
Dekontamination, Desinfektion, antiseptische Wundbehandlung - wo liegt der Unterschied?
Die Dekontamination beschreibt vor allem die Keimreduktion durch Entfernen kontaminierten (mit Erregern verunreinigten) Gewebes (z.B. Nekrosen) und kontaminierter Wundflüssigkeit. Die Keime sollen so weit reduziert werden, dass eine möglichst ungehinderte Wundheilung möglich ist. Bei der Desinfektion hingegen steht die Abtötung der Keime im Vordergrund, beispielsweise prophylaktisch (wenn es nach einem Sturz zu einer Verschmutzung der Wunde gekommen ist) oder aber als therapeutische Maßnahmen bei einer bereits manifestierten Infektion. Mittlerweile wird der Begriff der Desinfektion jedoch im Bereich der Wundversorgung immer weniger verwendet. Heute spricht man eher von einer antiseptischen Wundbehandlung, bei der eben Antiseptika als Mittel zur Abtötung oder Inaktivierung von Keimen eingesetzt werden.
Septisch bedeutet, dass eine Wunde keimbehaftet ist, aseptisch hingegen geht von einer Keimfreiheit aus. Genau genommen gibt es jedoch keine Wunde, die gänzlich frei von Keimen ist. Wunden, die durch aseptische Operationen entstanden sind, gelten jedoch als aseptische Wunden. Dazu zählen auch Einstichstellen von Kathetern, z. B. zentrale Venenkatheter.
Wirksamkeit der Wirkstoffe
Polihexanid
- grampositiv: Wirksamkeit positiv
- gramnegativ: Wirksamkeit positiv
- Pilze: Wirksamkeit positiv
- Sporen: Wirksamkeit negativ
- Viren: Wirksamkeit negativ
- CAVE: längere Einwirkzeiten
Octenidin
- grampositiv: Wirksamkeit positiv
- gramnegativ: Wirksamkeit positiv
- Pilze: Wirksamkeit positiv
- Sporen: Wirksamkeit negativ
- Viren: Wirksamkeit gegen behüllte Viren
- CAVE: keine Taschen, Fisteln, etc.
Povidon-Iod
- grampositiv: Wirksamkeit positiv
- gramnegativ: Wirksamkeit positiv
- Pilze: Wirksamkeit positiv
- Sporen: Wirksamkeit positiv
- Viren: Wirksamkeit positiv
- CAVE: Einfluss auf Blutjodspiegel (keine Anwendung bei: Schilddrüsenerkrankten, Schwangerschaft, Stillzeit, Säuglingen), Irritationen und allergische Reaktionen möglich, braune Verfärbung erschwert Wundbeurteilung, teilweise Resistenzen bekannt
Das Wirkspektrum aller drei Substanzen ist im Bereich der grampositiven und gramnegativen Bakterien bisher relativ gut. Unverträglichkeiten gegenüber Octenidin, Polihexanid oder NaOCl/HOCl werden bisher nur in Einzelfällen berichtet.3 PVP-Jod sollte nicht zusammen mit Octenidin an einer Wunde verwendet werden, da es zu violetten Verfärbungen kommen kann.
Bisher existieren nur wenige Daten für konkrete Aussagen zur antiseptischen Wundbehandlung, wann soll welches Antiseptikum benutzt werden. Bei den meisten Empfehlungen handelt es sich um reine Expertenmeinung. Dabei ist es wichtig, verschiedene Aspekte wie Keimbelastung vs. Gewebewiderstandsfähigkeit, Wundstadium (akut oder chronisch) und die Behandlungsintention (präventiv vs. therapeutisch) für die Wahl eines Antiseptikums mit einzubeziehen.
Antiseptika haben das primäre Ziel, eine Sepsis, die mitunter lebensbedrohlich sein kann, zu verhindern. Entsprechend ist die Anforderung an diese Wirkstoffe, dass sie Krankheitserreger abtöten, ohne dem Patienten dabei zu schaden. Dennoch sind Antiseptika kein universelles Heilmittel und sollten mit Vorsicht eingesetzt werden. Denn es besteht immer die Gefahr, dass sich gegen die entsprechenden Substanzen Resistenzen entwickeln, einige können zudem allergische Reaktionen hervorrufen. Entsprechend wichtig ist es, dass die Anwendung nur bei entsprechender Indikation und nur über einen kurzen Zeitraum erfolgt. Die Anwendungsdauer von Antiseptika richtet sich dabei nach den Vorgaben der Hersteller. In der Regel sollten Wunden jedoch nicht länger als 14 Tage damit behandelt werden. Andererseits sollte eine Infektion innerhalb von 14 Tagen auch deutliche Verbesserungen zeigen. Geht die Infektion in dieser Zeit nicht zurück, sollte die Therapie überdacht und angepasst werden.
Wundtherapie kritisch kolonisierter und infizierter Wunden
Bei jedem Verbandswechsel einer Wunde sollte eine entsprechende Reinigung erfolgen.
Die mechanische Reinigung einer septischen Wunde erfolgte lange Zeit von außen nach innen. Nach aktueller Expertenmeinung wird heute empfohlen, Wunden grundsätzlich von innen nach außen zu reinigen. Ist eine Wunde kritisch kolonisiert/infiziert, kommen zusätzlich Antiseptika und ggf. Débridement (Entfernung von Nekrosen und anderen Belägen) zum Einsatz. Bakterielle Beläge sollten zusätzlich mit Flüssigkeiten abgelöst und reduziert werden.
Im Falle einer physiologischen Kontamination reicht eine Reinigung mit physiologischer Kochsalzlösung oder Ringerlösung und Débridement aus. Kommt es aber zu einer deutlichen Zunahme der Erregerzahl (kritische Kolonisation) oder gar (systemischen) Entzündungszeichen, so sind weitere Maßnahmen erforderlich.
Grundsätzlich gibt es verschiedene Methoden zur Reinigung bzw. zum Débridement einer Wunde. Diese sind z.B.:
- Autolytisch
- Mechanisch
- Chirurgisch
- Biochirurgisch
Ziel der jeweiligen Methoden ist es, Verunreinigungen, avitales Gewebe und Beläge bei akuten oder chronischen Wunden zu entfernen. Das Débridement wird durchgeführt, um die Wundheilung zu fördern und die Einschätzung von Umfang und Zustand der Wunde zu ermöglichen.
Systemische antibiotische Therapie
Ist eine Wunde (mit oder ohne multiresistente Erreger) so stark lokal infiziert, dass eine systemische Infektion droht oder bereits vorliegt, sollte eine systemische antibiotische Therapie durchgeführt werden.
Eine systemische Antibiose erfolgt im Idealfall nach einem bereits durchgeführten Resistogramm, bei dem der bakterielle Erreger mit der zugehörigen Empfindlichkeit gegen die jeweiligen Antibiotikawirkstoffe identifiziert wird. Wenn es aus klinischen Gründen notwendig ist, vor Erhalt des Resistogramms mit einer systemischen antibiotischen Therapie zu beginnen, ist es von großem Vorteil, die Resistenzsituation im eigenen Umfeld/in der eigenen Klinik zu kennen. Entsprechende Statistiken werden von mikrobiologischen Instituten in der Regel jährlich erstellt.
Vor- und Nachteile des Einsatzes von Antibiotika
Kommt es zu einer systemischen Infektion, ist ein Antibiotikum Mittel der Wahl. Angesichts weiter steigender Resistenzen von MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) und ESBL (Extended-Spectrum-Betalaktamasen) gegenüber diversen Antibiotika sollten diese jedoch nicht leichtfertig eingesetzt werden. Eine lokale Behandlung mit Antibiotika in der Wunde ist ebenfalls nicht mehr zeitgemäß und fördert Resistenzen, die es zu vermeiden gilt. So stellt eine infizierte Wunde ohne auftretende Entzündung an sich keine direkte Indikation für den Einsatz des Arzneimittels dar. Die lokale Behandlung infizierter Wunden sollte daher zunächst mit antiseptischen Substanzen wie Polihexanid, Octenidin oder NaOCl erfolgen.
Eiter gehört neben Biofilm, Fibrin, Nekrose und Detritus zu den gängigsten Wundbelägen, die vor allem bei infizierten und chronischen Wunden häufig vorkommen. Eiter ist eine Flüssigkeit, die bei Entzündungen durch eiterbildende Bakterien vom Körper produziert und abgesondert wird. In der Fachsprache wird er auch Pus genannt. Somit ist Eiter ein sicheres Zeichen für das Vorhandensein bestimmter Bakterien (z.B. Staphylokokken, Streptokokken, Pneumokokken, Gonokokken, Meningokokken und Pseudomonas aeruginosa).
Mehr zum Thema Eiter:
EiterWoran erkennt man eine infizierte Wunde?
Eine lokale Infektion ist an den folgenden Entzündungszeichen erkennbar:
- Rötung (Rubor)
- Schwellung (Tumor)
- Wärme (Calor)
- Schmerzen (Dolor)
- Bewegungseinschränkung (Functio laesa)
Diese primären Entzündungszeichen sind jedoch vor allem bei chronischen Wunden teilweise nicht so eindeutig zu erkennen, deswegen haben Experten der Initiative Chronische Wunden e.V. (ICW) einen in der Praxis einfach anzuwendenden Score für die Diagnostik entwickelt, den TILI-Score (Therapeutischer Index für lokale Infektionen).
Kommt es neben den lokalen Entzündungszeichen zu weiteren Anzeichen einer körperlichen Reaktion - dazu zählen neben Fieber auch Nachtschweiß und ein allgemeines Krankheitsgefühl - ist es wahrscheinlich, dass sich die lokale Infektion zu einer systemischen ausgeweitet hat.
Als zusätzliches Diagnosetool zur Feststellung, ob eine lokale Wundinfektion vorliegt, unterteilt der TILI-Score in “keine direkte Indikation” und "direkte Indikation" für eine antiseptische Wundbehandlung. Treten die folgenden Anzeichen vereinzelt auf, ist eine antiseptische Wundtherapie noch nicht indiziert. Nur wenn alle sechs Merkmale auftreten, ist das der Fall.
Keine direkte Indikation
- Überwärmung
- Ödem, Verhärtung, Schwellung oder Nekrose
- Stagnation der Wundheilung
- Veränderung in Menge, Farbe oder Geruch des Exsudats
- spontaner Schmerz oder Druckschmerz
- periläsionales Erythem (um die Läsion herum entstandene Rötung)
Für die direkte Indikation einer antiseptischen Wundtherapie reicht das Auftreten eins der folgend genannten Merkmale:
Direkte Indikation
- Nachweis MRSA
- Nachweis Pseudomonas aeruginosa mit mind. zwei lokalen Infektionszeichen
- chirurgische septische Wunde
- freier Eiter
Siehe auch:
W.A.R.-Score (Wound at Risk)Video: Infizierte Wunden
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Erfahren Sie in unserem „Wundwissen kompakt“ Video alles Wichtige über infizierte Wunden:
- Definition
- Anzeichen
- Abstufungen
- Ursachen
- Behandlung
Diagnostik infizierter chronischer Wunden
Zur allgemeinen Diagnostik bei Menschen mit chronischen Wunden gehört neben einer sorgfältigen Gefäßdiagnostik mittels arteriellem Ultraschalldoppler und Duplexsonographie der Venen auch die Entnahme eines bakteriologischen Abstrichs.
Entsprechend aktueller Empfehlungen sollte die Abstrich-Entnahme dabei die komplette Wundfläche erfassen. Es bietet sich eine Entnahme nach dem Essener Kreisel an. Dabei lassen sich immer Bakterien nachweisen, eine chronische Wunde ist niemals steril.
Welche Erreger rufen eine Wundinfektion hervor?
Für die Entstehung einer Wundinfektion können unterschiedlichste Erreger verantwortlich sein. Mittels Wundabstrich sind viele Arten nachweisbar. Oft handelt es sich bei den nachgewiesenen Erregern um grampositive Kokken, gramnegative Kokken, Anaerobier oder Hefepilze.
Die beiden häufigsten Erreger sind:
- Staphylococcus aureus
- Pseudomonas aeruginosa
Manche Formen des Staphylococcus aureus werden methicilin-resistent. Diese MRSA finden sich in ca. 8% der chronischen Wunden.
In offenen Wunden finden Mikroorganismen gute Wachstumsbedingungen vor. Sie benötigen konstante Temperaturen und ausreichend Nährstoffe, wie Kohlenhydrate und Eiweiße, Wasser und aerobe Bakterien auch kontinuierlich Sauerstoff. Das Wundexsudat liefert die Nährstoffe und das Wasser, die Körperwärme fungiert wie ein Treibhaus und der Sauerstoff wird über die Umgebung zugeführt.
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Gefährdete Körperstellen
Jede Wunde, unabhängig von der Körperstelle, kann sich entzünden.
Besonders gefährdet sind die, die in enger Nähe zu bakterienreichen Regionen wie dem Analbereich liegen. Mangelnde Hygiene kann aber zur Infektion jeder Wunde am Körper führen. Mit einer offenen Wunde sollte jedoch nicht geduscht werden. Hintergrund ist, dass es aufgrund verschiedener Umstände (z.B. abgestandenes Wasser in der Leitung oder (Kalk-) Ablagerungen an den Duscharmaturen) zu einer vermehrten Keimbildung im Wasser kommen kann. Diese Keime können, wenn sie in die Wunde gespült werden, für das Entstehen einer Infektion sorgen, die zu einer Stagnation in der Wundheilung führen kann. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass physiologische Keime der Haut in die Wunde gespült werden und sich dort vermehren können.
Abhilfe können hier Duschköpfe mit einem integrierten Filtersystem schaffen. Diese sind nicht kostengünstig, werden aber unter Umständen von der Krankenkasse übernommen. Wichtig ist, im Vorfeld eine entsprechende Genehmigung einzuholen.
Resistenzen bei Erregern von Wundinfektionen
Methicillin- oder Oxacillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA oder ORSA)
MRSA befinden sich in ca. 25-30 % aller klinisch relevanten S. aureus-Isolaten. Ihr Hauptreservoir ist der Nasen-Rachen-Raum. Übertragen werden sie über direkten Kontakt mit Händen, kontaminierten Flächen oder Tröpfchen beim Husten oder Niesen im Falle einer endotrachealen/endonasalen (Nasen-Rachen-Raum) Besiedlung.
Glykopeptid- oder Vancomycin-resistente Enterokokken (GRE oder VRE)
Etwa 15 % aller klinisch relevanten Enterokokken-Isolate sind GRE/VRE vorhanden. Hauptreservoir ist der Gastrointestinal- oder Urogenitaltrakt des infizierten/kolonisierten Menschen. VRE/GRE können lange auch auf trockenen Kontaktflächen überleben. Besonders gefürchtet ist ein Plasmidtransfer von ESBL (extended spectrum Beta-Laktamasen) auf MRSA, weil damit möglicherweise die Resistenzen von einem Bakterium auf das andere übertragen werden kann.
Beta-Laktamase bildende Bakterien
Sowohl grampositive als auch gramnegative Bakterien können Beta-Laktamasen produzieren. Diese Enzyme inaktivieren die Beta-Laktam-Antibiotika und geben den Bakterien damit eine Resistenz gegen diese Antibiotika-Gruppe. Das Vorkommen in E. coli und Pseudomonas aeruginosa machen sie auch im Wundbereich zu einem Problem. Es wird zwischen Metallo- und Serin-Beta-Laktamasen (MBL, SBL) unterschieden, zusätzlich gibt es noch extended spectrum Beta-Laktamasen (ESBL), die durch weitere Mutationen Antibiotika inaktivieren und in einer Vielzahl von Bakterien vorkommen können.
Ursachen für Wundinfektionen
Neben den bereits genannten Mikroorganismen gibt es weitere Faktoren, die die Entstehung einer Infektion begünstigen können.
So können beispielsweise physikalisch-chemische Ursachen einen wesentlichen Einfluss nehmen. Hierzu gehören unter anderem Druck und Reibung, unterschiedliche Temperaturen, die wesentlich höher oder niedriger sind als die normale Körpertemperatur, Strahlung sowie Säuren und Basen.
Auch körpereigene Ursachen können eine Wundinfektion begünstigen. Wenn beispielsweise bei einem Tumor körpereigene Zellen zerfallen, ist das Immunsystem stark gefordert. Dies kann zu einer Entzündung im Gewebe führen. Es gibt verschiedene Erkrankungen, die mit einem geschwächten Immunsystem einhergehen. Dadurch werden dann Infektionen mit Bakterien oder Viren erleichtert. Dazu gehören Autoimmunerkrankungen wie Diabetes Mellitus, Psoriasis oder Lupus erythematodes. Auch das Alter an sich kann zu einem geschwächten Immunsystem führen. Immunsupprimierende Medikamente wie Cortison können ebenfalls die Infektionsgefahr erhöhen.
Die Wahrscheinlichkeit einer Wundinfektion hängt von unterschiedlichen Faktoren ab:
- Art der Wunde (z.B. akut oder chronisch)
- Anzahl und Ansteckungsfähigkeit der Erreger
- Grunderkrankungen des Patienten, die das Immunsystem schwächen
- Immunstatus des Patienten (z.B. durch Medikation)
Heilungsverlauf einer Wundinfektion und mögliche Komplikationen
Eine entzündete Wunde führt im leichtesten Fall zu einer Verzögerung der Wundheilung, bis der Körper die Infektion selber bekämpfen kann. Dabei lässt sich grundsätzlich sagen, dass es – in Abhängigkeit von der Grunderkrankung, dem Patientenalter und den Krankheitserregern, die für die Infektion verantwortlich sind – entweder zu einer vollständigen Abheilung ohne Funktionsstörungen oder zur Narbenbildung kommen kann.
Mit Blick auf die Wundheilung gibt es jedoch auch Möglichkeiten, den Körper zu unterstützen. Dazu gehört z.B. der Einsatz von antiseptischen Spüllösungen und antimikrobiellen Wundauflagen. Im Fokus steht dabei zunächst, eine Ausbreitung der Bakterien zu verhindern, die Keimlast zu reduzieren oder diese abzutöten. Denn nimmt die Bakterienzahl zu stark zu, kann sich die Entzündung auf das umliegende Gewebe ausbreiten. Dann wird von einer generalisierten Infektion bis hin zu einer Sepsis gesprochen. Dabei können die Bakterien über den Blutkreislauf alle Organe angreifen. Eine gezielte Behandlung mit Antibiotika ist in diesem Fall unerlässlich, um ein Organversagen zu verhindern. Ist der Betroffene durch Vorerkrankungen stark vorgeschädigt und die antibiotische Therapie zeigt nicht die gewünschten Effekte, kann es durch Verbreitung des Krankheitserregers in Organe wie Herz, Niere oder Leber zu einem Multiorganversagen bis zum Tod kommen. Die Sepsis ist ursächlich für eine Vielzahl von Todesfällen, besonders bei älteren und geschwächten Patienten.
Bedeutung von Biofilm
Ein Biofilm ist eine von Bakterien gebildete Matrix, die sie wie eine Schutzschicht umgibt. Innerhalb des Biofilms sind die Bakterien geschützt und können sich ungehindert vermehren. Antiseptische Lösungen oder lokale Antibiotika können in diese Schutzschicht nicht oder nur oberflächlich eindringen und die Bakterien nur geringfügig erreichen. Somit bleibt eine Keimlast bestehen, die die fortschreitende Vermehrung der Bakterien und des sie umgebenden Biofilms ermöglicht.
Ausführliche Informationen finden Sie in unserem Artikel zum Thema Biofilm.
BiofilmVideo: Vermehrung von Biofilm auf einer Wunde
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Video: Biofilm entfernen, aber wie?
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Biofilm haftet fest an Oberflächen und hat eine schleimartige Konsistenz. Er besteht in der Regel aus verschiedenen Gel bildenden Substanzen und Nährstoffen (Polysacchariden, Proteinen, Lipiden und Bakterien-DNA). Der Biofilm vermehrt sich stetig und kann sich an verschiedenste Umgebungen anpassen. Da Antiseptika nur bedingt helfen können, ist nur eine sehr frühe Unterbindung des beginnenden Wachstums - z.B. durch mechanisches Débridement - hilfreich, um das Heranwachsen der Mikroorganismen zu stören und die Keimlast zu senken.
Prophylaxe
Hygienemaßnahmen sind im Falle einer Wundkontamination oder Kolonisation das Mittel der Wahl.
Oberste Priorität hat eine gründliche Händedesinfektion und eine sterile Arbeitsweise zur Vermeidung einer weiteren Übertragung und Ausbreitung von Keimen. Aktuelle Studien zeigen, dass eine gründliche Händedesinfektion
die Ausbreitung von MRSE deutlich reduzieren kann und hilft, Infektionsrisiken zu mindern und Versorgungskosten zu reduzieren.
Neben den Händen sind auch Kontaktflächen des Patienten, medizinische Instrumente sowie persönliche Gegenstände mindestens einmal pro Tag zu reinigen. Hygieneartikel wie Zahnbürsten, Cremes etc. sollten entsorgt und ersetzt werden.
Besondere Hygiene
Zur Keimeliminierung des MRSE werden entsprechend der AWMF-Leitlinien für den Patienten selbst antiseptische und hygienische Maßnahmen wie folgt empfohlen:
- Antiseptische Ganzkörperwaschung bzw. Ganzkörperbad inkl. Kopfhaar für 15 Minuten über mind. 3 Tage
- 3 mal pro Tag Mupirocin-Nasensalbe/antiseptische Präparate (z. B. Polihexanid) über 5 Tage
- Täglicher Wechsel von Bett-, Körper- und Pflegewäsche nach antiseptischen Maßnahmen
- Antiseptische Reinigung der Gehörgänge
- Mund-Rachen-Spülung
Im häuslichen Bereich sollten Tiere zum Zeitpunkt des Verbandwechsels den Raum verlassen. Regelmäßige Wäsche von körpernaher Kleidung und Bettwäsche reduziert die Gefahr, sich selbst zu kontaminieren.