Honorare in der Wundversorgung
In vielen hausärztlichen Praxen gehört die Versorgung von Wunden unterschiedlichen Ausmaßes zum Alltag.
Im hausärztlichen Bereich sind Honorare in der Wundversorgung sowohl für die intensive Versorgung von größeren oder chronischen Wunden als auch für kleinere Maßnahmen bei unkomplizierten Verletzungen vorgesehen. Die abrechenbaren Leistungen im Rahmen der Wundversorgung sind für gesetzlich Krankenversicherte dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) und für Privatversicherte der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zu entnehmen.
Relevante EBM-Ziffern
Im EBM sind die für die Wundversorgung abrechenbaren Leistungen im Abschnitt II 2.3 „Kleinchirurgische Eingriffe, Allgemeine therapeutische Leistungen“ aufgeführt.
Grundsätzlich sind die Gebührenordnungspositionen (GOP) 02300, 02301 und 02303 sowie die GOP 02310, 02311 und 02312 für die Abrechnung der Wundversorgung vorgesehen. Weiterhin können unter den entsprechenden Voraussetzungen zusätzliche Maßnahmen wie Kompressionstherapien sowie fixierende Verbände unter den GOP 02313, 30401 und 02350 berechnet werden.
Einige GOP sind allerdings nicht ohne weiteres für Hausärztinnen und -ärzte berechnungsfähig:
- GOP 02311„Behandlung Diabetischer Fuß“ setzt die Behandlung von mindestens 100 Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus je Quartal und entsprechende Qualifikationen voraus (weitere Informationen können dem EBM entnommen werden).
- GOP 02350„Fixierender Verband" ist für Hausärztinnen und -ärzte nicht neben der Versichertenpauschale (GOP 03000) berechnungsfähig, da die Ziffer in der Präambel des hausärztlichen Versorgungsbereichs nicht aufgeführt ist. Eine Berechnung kann allerdings beispielsweise im Notdienst neben Ziffer 03030 „Versichertenpauschale bei unvorhergesehener Inanspruchnahme“ erfolgen.
Im EBM sind die für die Wundversorgung abrechenbaren Leistungen im Abschnitt II 2.3 „Kleinchirurgische Eingriffe, Allgemeine therapeutische Leistungen“ aufgeführt.
Honorar für Ärzte und Ärztinnen in der primären Wundversorgung
Für die Abrechnung der primären Wundversorgung sind GOP 02300 bis 02302 anwendbar. Alle Ziffern sind nur einmal am Behandlungstag berechnungsfähig und schließen sich gegenseitig aus. Ausschlaggebend für die anzuwendende Ziffer sind die Notwendigkeit eines Wundverschlusses durch eine Naht oder Gewebekleber sowie das Alter des Behandelten.
Primäre Wundversorgung bei Erwachsenen und Jugendlichen nach dem vollendeten zwölften Lebensjahr:
GOP | Leistungsinhalt | Erläuterung |
---|---|---|
02300 | Primäre Wundversorgung | z. B. die einfache Reinigung einer Schürfwunde |
02301 | Primäre Wundversorgung mittels Naht und/oder Gewebekleber | z. B. Reinigung, Desinfektion und anschließendes Nähen einer Schnittwunde |
Primäre Wundversorgung bei Neugeborenen, Säuglingen, Kleinkindern und Kindern bis zum vollendeten 12. Lebensjahr:
GOP | Leistungsinhalt | Erläuterung |
---|---|---|
02301 | Primäre Wundversorgung bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern | z. B. die einfache Reinigung einer Schürfwunde |
Primäre Wundversorgung mittels Gewebekleber | z. B. Reinigung, Desinfektion und anschließender Wundverschluss mittels Gewebekleber bei einer Schnittwunde | |
02302 | Primäre Wundversorgung mittels Naht bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern | z. B. Reinigung, Desinfektion und anschließendes Nähen einer Platzwunde |
Mehrfachberechnung
Die Abrechnungsbestimmung „einmal am Behandlungstag“ zu den Ziffern 02300 bis 02302 könnte missverstanden werden.
Tatsächlich können GOP 02300 bis 02302 bis zu fünf Mal in einer Sitzung nebeneinander berechnet werden, wenn gleichzeitig mehrere offene Wunden vorliegen. Die entscheidenden Informationen dazu liefert Ziffer 4 im Abschnitt 2.3 des EBM:
„Die Gebührenordnungspositionen 02300 bis 02302 sind bei Patienten mit den Diagnosen Nävuszellnävussyndrom (ICD-10-GM: D22.-) und/oder mehreren offenen Wunden (ICD-10-GM: T01.-) mehrfach in einer Sitzung – auch nebeneinander, jedoch insgesamt höchstens fünfmal am Behandlungstag – berechnungsfähig.“
Daraus geht auch hervor, dass bei einer Mehrfachberechnung die T01.-Kodierung unbedingt anzuwenden ist. Dies ist die Grundvoraussetzung, da ansonsten der Berechnungsausschluss durch das Regelwerk der KV angewendet wird. Die korrekten Diagnosen für offene Wunden nach ICD-10-GM Version 2017 sind folgende:
- - Offene Wunden, mehrere Körperregionen
- 0 Offene Wunden, Kopf und Hals
- 1 Offene Wunden, Thorax und Abdomen
- 2 Offene Wunden mit Beteiligung mehrerer Regionen der oberen Extremität(en)
- 3 Offene Wunden, untere Extremität
- 6 Offene Wunden, obere und untere Extremität
- 8 Offene Wunden, sonstige Körperregionen
- 9 Multiple offene Wunden, n.n.b.; Multiple: Risswunden, Schnittwunden, Stichwunden, Tierbisse
Bei jeder vorgestellten Wunde sollte der Tetanus-Impfschutz des Verletzten überprüft werden und gegebenenfalls aufgefrischt werden. Schutzimpfungen können in Verbindung mit der Wundversorgung nur abgerechnet werden, wenn ein Unfallversicherungsträger zuständig ist. In dem Fall wird nach UV-GOÄ abgerechnet. Anderenfalls ist die Schutzimpfung mit der Versichertenpauschale beglichen.
Ein fünfjähriger Junge ist beim Klettern von einem Baum gestürzt und hat sich dabei je eine Platzwunde am rechten und linken Schienbein sowie zwei kleinere Schürfwunden an den Händen zugezogen. Die Schürfwunden wurden in der Praxis lediglich gereinigt und desinfiziert. Bei den beiden Platzwunden erfolgte zusätzlich noch ein Wundverschluss mittels Naht. In dem Fall wird für die primäre Wundversorgung der Schürfwunden zweimal Ziffer 02301 und für die primäre Wundversorgung mittels Naht bei den beiden Platzwunden zusätzlich zweimal Ziffer 02302 berechnet. Die anzuwendende ICD-10-GM-Kodierung lautet T01.6 für „offene Wunden, obere und untere Extremität“.
Versorgung chronischer Wunden
Die zu verwendende Ziffer für die Abrechnung der Versorgung chronischer Wunden hängt von den durchgeführten Maßnahmen ab.
Unter Ziffer 02310 „Behandlungskomplex einer/von sekundär heilenden Wunde(n)“ können folgende Maßnahmen einmal im Behandlungsfall abgerechnet werden (EBM):
- Abtragung von Nekrosen
- Wunddebridement
- Anlage und/oder Wechsel eines Kompressionsverbandes
- Einbringung und/oder Wechsel einer Wundtamponade
- Fakultativ kann Einbringung, Wechsel oder Entfernung von Antibiotikaketten sowie Anlage/Wechsel von Schienenverbänden enthalten sein
Die Abrechnung der Versorgung eines diabetischen Fußsyndroms ist nur für Praxen mit eingangs genannten Voraussetzungen unter Ziffer 02311 möglich. Die obligaten Leistungen sind die Abtragung ausgedehnter Nekrosen sowie die Überprüfung und/oder Verordnung von geeignetem Schuhwerk.
Die Versorgung eines oder mehrerer chronisch venösen/r Ulcus/Ulcera cruris ist unter GOP 02312 als Behandlungskomplex abrechenbar. Dieser enthält je Bein und Sitzung (EBM):
- Abtragung von Nekrosen
- Lokaltherapie unter Anwendung von Verbänden
- Entstauende phlebologische Funktionsverbände
- Fotodokumentation zu Beginn der Behandlung, danach alle 4 Wochen,
- Fakultativ: Thromboseprophylaxe sowie Teilbäder
Privatärztliche Wundversorgung
Im Vergleich zum EBM sind die Leistungen in der GOÄ differenzierter auswählbar. In den Abrechnungsgrundlagen sind die anwendbaren Ziffern mit Erläuterung und Punktwert ausführlich dargestellt.
Zunächst richten sich die in Frage kommenden Ziffern nach der Größe der versorgten Wunde. Die Definition der Wundgröße, die auch für die GOÄ gilt, liefert jedoch der EBM. Für die Versorgung kleiner Wunden sind die Ziffern 2000 bis 2003 vorgesehen. Leistungen in Verbindung mit einer großen Wunde werden mit den Ziffern 2003 bis 2005 vergütet. Die Ziffern schließen sich gegenseitig aus, aber können bei mehreren Wunden nebeneinander in einer Sitzung abgerechnet werden. Sekundär heilende Wunden werden unabhängig von ihrer Größe immer nach Ziffer 2006 berechnet.
Die Honorare für die privatärztliche Wundversorgung richten sich nach der GOÄ.