Inkontinenz: 6 Tipps zum Schutz der Haut

Inkontinenz: 6 Tipps zum Schutz der Haut

Bei Menschen mit Inkontinenz steigt das Risiko für Hautirritationen. Mit den folgenden Tipps tragen Pflegekräfte zu einem bestmöglichen Hautschutz bei.

Menschen mit einer Harn- und/oder Stuhlinkontinenz sind besonders gefährdet, Hautschäden im Genitalbereich zu erleiden. Das hat verschiedene Gründe:

  • Der Kontakt mit Stuhl und Urin greift den Säureschutzmantel der Haut an – ebenso wie die häufige Intimpflege mit Wasser und Seife. Dadurch kann sich der pH-Wert im Intimbereich vom sauren Bereich (normal zwischen 4,5 und 5,5) in den alkalischen Bereich (> 7) verschieben. Ein saurer pH schützt jedoch vor Bakterien, Pilzen und anderen Keimen. Liegt der pH-Wert im alkalischen Bereich, kann dies Infektionen begünstigen. 
  • Auch eine ständige Feuchtigkeit durch Kontakt mit Urin und Stuhl schränkt die Schutzfunktion der Haut ein. Besonders eine Stuhl- bzw. Doppelinkontinenz geht laut dem Expertenstandard Förderung der Harnkontinenz in der Pflege mit einer Hautschädigung einher, da Enzyme und Mikroorganismen im Stuhl die Haut und den Säureschutzmantel stark angreifen können. 
  • Durch eine Inkontinenz ist ein häufiges Reinigen der Genitalregion erforderlich. Das kann die Haut zusätzlich belasten, vor allem wenn es beim Waschen und Abtrocknen zu einem starken Reiben der Haut kommt. 

Die Haut im Genitalbereich ist daher bei Inkontinenz besonders gefährdet. Es kann zu Hautirritationen bis zu einer Entzündung kommen. In diesem Fall spricht man von einer Inkontinenz-assoziierten Dermatitis, kurz IAD, die mit Schmerzen einhergeht und die Lebensqualität deutlich einschränken kann. 

So vermeiden Pflegekräfte eine IAD

Um Hautirritationen und -entzündungen zu vermeiden, ist es wichtig, die Haut im Intimbereich optimal zu schützen. Pflegekräfte haben daran einen entscheidenden Anteil. 

Tipp 1: Die Kontinenz fördern

An erster Stelle der Prävention einer IAD steht die Förderung der Kontinenz. Jeder erfolgreiche Toilettengang und jedes vermiedene Einnässen schützen die Haut. Dazu können Pflegekräfte verschiedene Arten des Toilettentrainings einsetzen: 

  • den angebotenen Toilettengang, 
  • den Toilettengang zu individuellen Zeiten oder 
  • den Toilettengang zu festen Zeiten. 

Welche Form ausgewählt wird, richtet sich nach der Diagnose sowie den körperlichen und geistigen Fähigkeiten der Person. Ein Toilettentraining kann sowohl zu Hause als auch in Einrichtungen der Langzeitpflege angewendet werden und sollte am Tag kontinuierlich erfolgen. Ein Miktionsprotokoll kann bei der Auswahl des passenden Toilettentrainings helfen.

Miktion: der Fachbegriff für die Blasenentleerung.

Tipp 2: Die Erreichbarkeit einer Toilette sicherstellen

Einige Patienten und Bewohner wären kontinent, wenn sie rechtzeitig die Toilette erreichen könnten. Gerade in einer unbekannten Umgebung, ob im Krankenhaus oder der Tagespflege, finden sich einige Betroffene nicht zurecht oder der Weg zur Toilette ist zu weit. Deshalb sollten Pflegekräfte darauf achten, dass Menschen mit Inkontinenz wissen, wo die nächste Toilette ist und der Weg möglichst nah ist. Auch sollten sie die Patienten/Bewohner beim Toilettengang begleiten, wenn sie Hilfe benötigen.

Bei Menschen mit Demenz sind Orientierungshilfen eine gute Unterstützung, damit sie die Toilette rechtzeitig finden. Das können Pfeile in Richtung WC sein, ein auffälliges Toiletten-Schild an der Tür oder auch geöffnete WC-Türen. Nachts kann der Weg zur Toilette mit kleinen Lichtern beleuchtet werden. Auch ein Toilettenstuhl, eine Urinflasche oder eine Bettpfanne neben dem Bett können eine Alternative zum nächtlichen Toilettengang sein.

Tipp 3: Den Kontakt von Urin und Stuhl mit der Haut vermeiden

Feuchtigkeit in der Intimregion ist der Hauptrisikofaktor für eine IAD und sollte vermieden werden. Dazu können geplante Toilettengänge beitragen (Tipp 1). Wichtig ist zudem, dass aufsaugende Inkontinenzprodukte ausreichend häufig gewechselt werden, vor allem bei Patienten und Bewohnern, die dies selbst nicht können und nicht in der Lage sind, sich zu melden. Hier sind die Pflegekräfte gefragt, durch eine gute Inkontinenzversorgung den Kontakt von Ausscheidungen mit der Haut so kurz wie möglich zu halten. Hochwertige aufsaugende Inkontinenzprodukte können dazu beitragen, die Haut vor Feuchtigkeit zu schützen.

Da die Ausscheidung von Stuhl sehr viel aggressiver auf die Haut wirkt als Urin, sollte die Haut nach jedem Stuhlgang so schnell wie möglich sanft gereinigt werden. 

Barrierefreie Toilette zur Kontinenzförderung
Barrierefreie Toilette zur Kontinenzförderung

Tipp 4: Das richtige Inkontinenz-Hilfsmittel finden

Aufsaugende Inkontinenzprodukte sollten individuell ausgewählt werden. Art und Schwere der Inkontinenz spielen dabei eine wichtige Rolle, aber auch die Mobilität und die persönlichen Prioritäten der Betroffenen. Der Expertenstandard empfiehlt Einmalprodukte mit Superabsorber, die den Urin schnell ins Innere des Saugkörpers transportieren und ihn dort festhalten, auch unter Druck. Dadurch wird die Gefahr der Rücknässe bei Harninkontinenz gesenkt. Mittlerweile gibt es auch Inkontinenzprodukte, die über einen hautneutralen pH-Wert verfügen und das saure Milieu im Intimbereich erhalten. Die Produkte sollten diskret zu nutzen und anwenderfreundlich sowie geräusch- und geruchlos sein.

Bei der Auswahl der Inkontinenzprodukte sind die Pflegekräfte gefragt, zusammen mit den Patienten/Bewohnern die passenden Produkte auszuwählen bzw. auszuprobieren. Menschen mit Demenz tolerieren oft keine Einlagen und entfernen diese. Sie kommen meist besser mit Inkontinenzprodukten zurecht, die wie eine Unterhose hoch- und heruntergezogen werden können, sogenannte Pants. 

Tipp 5: Die Haut im Genitalbereich besonders behutsam reinigen

Ein zu häufiges Reinigen der Intimregion mit Wasser und Seife sollte vermieden werden, da dieses den Hautschutzmantel angreift. Seifen sind zudem ungünstig, da sie in der Regel einen alkalischen pH-Wert haben. Besser sind pH-hautneutrale Waschlotionen (pH 5,5), die den pH im sauren Bereich halten. Auch sollte die Intimregion möglichst nicht nach jedem Urinabgang gewaschen werden. Eine Alternative zur Reinigung sind Hautpflegetücher, die ohne Wasser eingesetzt werden. Beim Reinigen mit Wasser sollte dieses nicht zu heiß sein, sonst trocknet die Haut aus.

Nach dem Waschen sollte die Haut sanft abgetupft und nicht trockengerieben werden. Ist die Haut stark verschmutzt, z. B. nach einer Stuhlausscheidung, sollten Pflegekräfte ebenfalls nicht zu stark reiben, sondern lieber einen Reinigungsschaum einsetzen, mit dem sich Verkrustungen auflösen und sanft abtragen lassen. 

Tipp 6: Die Haut vor dem Austrocknen bewahren

Der Expertenstandard empfiehlt, dass gerade Patienten mit trockener Haut Pflegeprodukte erhalten, die den Feuchtigkeitsgehalt der Haut erhalten. Lipide sind dabei die wichtigsten Komponenten. Bei häufigen Inkontinenzepisoden oder einer Stuhl- bzw. Doppelinkontinenz werden spezielle Hautschutzprodukte empfohlen, die die hauteigene Barrierefunktion und Regeneration unterstützen. Wenn therapeutisch erforderlich, können auch Salben mit antibiotischen oder anti-fungalen Wirkstoffen aufgetragen werden.

Literatur

Beratungsgespräch Inkontinenz, Inkontinenz-Hilfsmittel
Beratungsgespräch Inkontinenz, Inkontinenz-Hilfsmittel
Die Autorin Michelle Eisenberg
Michelle Eisenberg, examinierte Pflegekraft

Michelle Eisenberg ist examinierte Pflegekraft mit der Zusatzqualifikation Praxisanleitung in der Pflege.
Sie hat sowohl in der ambulanten als auch stationären Pflege Erfahrung gesammelt.
Seit einiger Zeit arbeitet Frau Eisenberg im Kundenservice von Dr. Ausbüttel im Bereich Beratung.