Wann Fieber senken, wann nicht?

Wann Fieber senken, wann nicht?

In der kalten Jahreszeit kommt sie bestimmt: die nächste Grippewelle – oft begleitet von hohem Fieber. Viele greifen schnell zum Medikament oder versuchen, das Fieber auf anderem Wege zu senken.  

Kopfschmerzen, Muskelzittern, Schüttelfrost – wer schon mal Fieber hatte, weiß, wie abgeschlagen man sich fühlen kann. Da liegt der Griff zum fiebersenkenden Medikament oft nahe. Wann und wie ist das bei Erwachsenen sinnvoll?

Was ist Fieber und wie entsteht es?

Fieber ist ein Symptom, das bei einer Reihe von Erkrankungen auftreten kann. Besonders häufig ist es bei Infektionskrankheiten, zu denen auch eine Grippe oder Erkältungskrankheiten zählen. 

Im Normalfall liegt die Körpertemperatur zwischen 36 und 37 Grad Celsius. Nach dem Sport oder wenn man sehr warme Kleidung trägt, kann sie diesen Wert auch schon mal etwas übersteigen. Auch wenn Frauen ihren Eisprung haben, ist die Körpertemperatur um ca. 0,5 Grad Celsius erhöht. Liegt die Körpertemperatur zwischen 37,5 und 38 Grad Celsius, spricht man von erhöhter Temperatur, bei über 38 Grad Celsius von Fieber und bei Temperaturen zwischen 39 und 41 Grad Celsius von hohem Fieber. Beträgt die Temperatur über 41 Grad Celsius, liegt extrem hohes Fieber vor. Diese Werte gelten für die rektale Messung, d. h. die Körpertemperatur wird mit einem Thermometer im Rektum gemessen.1

Zu Fieber kommt es, wenn das Thermoregulationszentrum im Hypothalamus gestört wird. Dieses Zentrum enthält thermosensible Nervenzellen, die darauf abzielen ein Gleichgewicht der Körpertemperatur zu erhalten und den thermischen Sollwert konstant bei etwa 36 bis 37 Grad Celsius halten. Tritt nun eine Infektion oder Entzündung auf, können zum Beispiel durch Viren oder Bakterien sogenannte Pyrogene entstehen – das sind fiebererzeugende Substanzen. Diese bewirken eine Abweichung vom thermischen Sollwert und erhöhen die Körperkerntemperatur.2

Am häufigsten ist Fieber durch Entzündungen oder Infektionen bedingt. Es kann aber auch andere Ursachen haben, zum Beispiel allergische Reaktionen, eine Autoimmunerkrankung oder eine unerkannte Krebserkrankung (meist bei Leukämien, Lymphomen oder Nierenkrebs).3

Welche Symptome treten begleitend zum Fieber auf?

Bei Erkältungskrankheiten verläuft das Fieber meist in drei Phasen: 

1. Das Fieber steigt bis zu einer bestimmten Temperatur an. 

2. Die Temperatur wird gehalten. 

3. Das Fieber sinkt wieder auf Normaltemperatur zurück.3

In der ersten Phase des Fieberanstiegs kommt es vor allem zum Kältegefühl, evtl. begleitet vom Zittern am ganzen Körper (Schüttelfrost). Die Haut ist blass und kühl, die Extremitäten sind kalt. Damit reagiert der Körper auf den stark erhöhten Sollwert im Thermoregulationszentrum und versucht, durch das Zittern Wärme zu erzeugen. 

In der zweiten Phase der Fieberhöhe bleibt die Wärmebildung auf erhöhtem Niveau. Die fiebernde Person verspürt ein Hitzegefühl, die Haut ist warm, trocken und gerötet. Die Augen können glasig sein. 

In der dritten Phase der Fieberhöhe fällt der Sollwert im Thermoregulationszentrum ab. Da der Ist-Wert noch erhöht ist, kommt es zu einer verstärkten Wärmeabgabe des Körpers und zur Schweißbildung. Ein langsamer Fieberabfall über mehrere Tage wird in der Regel gut vertragen (warmer Schweiß). Fällt das Fieber sehr rasch ab (kalter Schweiß, blasse Haut), geht das mit einer hohen Kreislaufbelastung einher und es besteht die Gefahr eines Kollapses.4

In allen Fieberphasen sind Puls und Atmung beschleunigt. Die fiebernde Person fühlt sich abgeschlagen und hat Kopf- und Gliederschmerzen. Der Kalorien- sowie der Flüssigkeitsbedarf sind erhöht.4

Fiebersymptome: Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Abgeschlagenheit, Gliederschmerzen
Begleitsymptome beim Fieber: Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Abgeschlagenheit, Gliederschmerzen

Wie kann die Temperatur gemessen werden?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Temperaturmessung, die – je nach Patient und Alter – unterschiedlich geeignet sind. Um die Messwerte vergleichen zu können, sollte die Körpertemperatur möglichst immer an derselben Stelle gemessen werden.1,4

TemperaturmessungVorgehenHinweis
rektalDie Thermometerspitze wird für mind. 4 Minuten ca. 1 cm in den Anus eingeführt.Dies ist die genaueste Methode. Da es sich bei dieser Messung um einen Eingriff in die Intimsphäre handelt, ist sie nur gerechtfertigt, wenn sehr genaue Messwerte erforderlich sind.
sublingualDie Thermometerspitze wird für mind. 5 Minuten unter der Zunge in einer der Wärmetaschen gelegt und fest umschlossen. Die Lippen bleiben geschlossen.Hier müssen etwa 0,5 Grad Celsius hinzugerechnet werden, damit die Temperatur der tatsächlichen Körperkerntemperatur entspricht. Diese Methode ist nicht bei unruhigen, verwirrten Patienten und Kindern geeignet.
axillarDie Thermometerspitze wird für 8 bis 10 Minuten fest in die Achselhöhle gelegt, der Oberarm liegt dicht an.Hier müssen ebenfalls etwa 0,5 Grad Celsius hinzugerechnet werden.
Infrarot-ThermometerHier kann die Temperatur nahezu berührungslos auf der Stirn oder im Ohr innerhalb weniger Sekunden gemessen werden.Bei korrekter Anwendung ist eine schnelle und relativ genaue Messung möglich.

Wann ist Fiebersenkung sinnvoll?

Von den meisten Menschen – ob Laien oder Gesundheitspersonal – wird Fieber auf der einen Seite als hilfreich, auf der anderen Seite als bedrohlich wahrgenommen. Denn einerseits ist bekannt, dass Fieber die Immunabwehr anregt und zum Beispiel auf Viren teilweise hemmend wirkt. Andrerseits erhöht Fieber den Energieverbrauch der betroffenen Person deutlich und bei sehr hohen Körpertemperaturen kann es zu Fieberkrämpfen, Organschäden und – im schlimmsten Fall – sogar zum Tod durch Hitzschlag kommen. Hier stellt sich in medizinischer Hinsicht die berechtigte Frage: Ab welcher Körpertemperatur ist die Fiebersenkung sinnvoll?5

Eine große aktuelle Metaanalyse ist dieser Frage nachgegangen. Hier wurden die Auswirkungen einer Fiebertherapie im Vergleich zu einer Therapie ohne Fiebersenkung bei fiebernden Erwachsenen in den Blick genommen. Dabei wurden fiebersenkende Maßnahmen a) mit Medikamenten, b) mit physikalischer Kühlung oder c) mit beidem angewendet. Von den Teilnehmenden waren 3.007 kritisch und 1.892 nicht kritisch erkrankt. Die Autoren der Metaanalyse kommen zu dem Schluss: „Die Fiebertherapie scheint keinen Einfluss auf das Risiko von Tod und schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen zu haben.“2

Auch das Netzwerk Evidenzbasierte Medizin hält fest: „Die Datenlage rechtfertigt es, auf eine physikalische Fiebersenkung regelhaft zu verzichten und die antipyretische Medikation je nach Allgemeinzustand der fiebernden Person erst bei höherer Körpertemperatur und Erkrankungsschwere einzusetzen.“5 Dabei dürften keinesfalls Hinweise auf eine zugrundeliegende schwere Erkrankung übersehen werden. Auch müssten Patienten über die Vor- und Nachteile einer Fiebersenkung gut beraten werden. Grundsätzlich gelte: Fieber ist eine sinnvolle Reaktion des Körpers bei Infektionen. Wird das Fieber durch Medikamente oder physikalische Maßnahmen gesenkt, wird dem Körper eine Besserung der Erkrankung vorgetäuscht, was zu Fehleinschätzungen verleite. „Fiebersenken macht nicht gesund und auch nicht schneller gesund. Auch hohes Fieber stellt in aller Regel keine Gefahr dar. Wichtiger als die Höhe des Fiebers ist, wie es der Person mit Fieber geht“, heißt es seitens des Netzwerks.5

Welche Medikamente eignen sich zur Fiebersenkung?

Eine fiebersenkende medikamentöse Therapie ist demnach je nach Allgemeinzustand der fiebernden Person erst bei höherem Fieber und zunehmender Erkrankungsschwere indiziert.5

Die wichtigsten fiebersenkenden Arzneimittel sind

  • Paracetamol (z. B. ben-u-ron®
  • Acetylsalicylsäure, kurz ASS (z. B. Aspirin®
  • Ibuprofen (z. B. Dolormin®
  • Metamizol (z. B. Novalgin®)

Diese Medikamente senken das Fieber, indem sie dafür sorgen, dass weniger fiebererzeugende Substanzen gebildet werden, die für die Hochstellung des Sollwerts verantwortlich sind. Zudem lindern sie Kopf- und Gliederschmerzen, die oft bei Fieber auftreten.4 Allerdings sollte Kindern unter zwölf Jahren keine Acetylsalicylsäure gegeben werden. Dieser Wirkstoff wird mit dem Reye-Syndrom in Verbindung gebracht, bei dem es zu einer Schädigung des Gehirns (Enzephalopathie) und der Leber kommen kann.1 Bei allen fiebersenkenden Medikamenten müssen immer die Indikationen und Kontraindikationen sowie die alters- und gewichtsabhängige maximale Tagesdosis beachtet werden.4

Mit welchen physikalischen Maßnahmen lässt sich Fieber senken?

Auch wenn das Netzwerk Evidenzbasierte Medizin festhält, dass aufgrund der aktuellen Studienlage auf eine physikalische Fiebersenkung regelhaft verzichtet werden kann, sollen im Folgenden zwei häufige physikalische Maßnahmen zur Fiebersenkung kurz vorgestellt werden. 

Wadenwickel: Diese sind ein bewährtes Hausmittel gegen Fieber. Dabei soll die Körpertemperatur über die Wärmeabgabe gesenkt werden. Allerdings wirken Wadenwickel nur, wenn Füße und Hände warm sind. Friert die fiebernde Person oder hat sie kalte Extremitäten, dürfen Wadenwickel nicht angewendet werden, da sie den Kreislauf zu stark belasten würden.1

Wichtig: Die Wärmeabgabe kann den Kreislauf der fiebernden Person belasten, daher muss sie während der Maßnahme sehr gut überwacht werden (Blutdruck Puls, Temperatur, Hautkolorit). Beginnt die fiebernde Person zu frieren oder zittern, fühlt sie sich unwohl oder werden ihre Extremitäten kalt, müssen die Wadenwickel unterbrochen werden.4

So führen Sie die Wadenwickel durch:

  • Eine Schüssel mit lauwarmem Wasser und vier Stofftücher bereitstellen (ideal: zwei Geschirrtücher aus Baumwolle und zwei normalgroße Handtücher)
  • Die Wassertemperatur sollte zehn Grad unter der Temperatur der fiebernden Person liegen
  • Pro Bein je ein Baumwolltuch in das Wasser tauchen und gut auswringen
  • Beide Unterschenkel mit einem feuchten Tuch von Knöchel bis Kniehöhle eng umschlagen (möglichst faltenfrei)
  • Das trockene Handtuch um das feuchte Innentuch schlagen (keine Plastikfolie wegen Gefahr des Wärmestaus nehmen), evtl. Bett mit einem trockenen Handtuch auslegen, damit es nicht nass wird
  • Die innere Schicht alle 8 bis 10 Minuten wechseln bzw. wenn sie sich körperwarm anfühlt
  • Die Wadenwickel 3- bis 5-mal innerhalb von 60 Minuten wiederholen, zwischendurch Temperatur messen.1,4

Fiebersenkende Körperwaschung: Bei dieser physikalischen Maßnahme liegt die Wassertemperatur ca. 10 Grad Celsius unter der Körpertemperatur der fiebernden Person. Ein möglicher Zusatz ist Pfefferminztee (ca. 1 Liter auf 4 Liter Wasser). Auch hier müssen Füße und Hände durchgehend warm sein. Der Waschlappen wird gut ausgewrungen und die Person gegen die Haarwuchsrichtung gewaschen. Die Haut sollte nur feucht und nicht nass sein. Anschließend lässt man die feuchte Haut kurz an der Luft trocknen und deckt die fiebernde Person dann mit einer leichten Decke ab.4

Sturzgefährdung bei Fieber

Personen mit Fieber sind in höherem Maß sturzgefährdet.

Mehr zum Thema: 

Sturzgefahr und Sturzprophylaxe

Was ist bei der Pflege von fiebernden Menschen zu beachten?

  • In der Phase des Fieberanstiegs (Frieren, Schüttelfrost) von außen Wärme zuführen, z. B. Kleidung oder zusätzliche Decke anbieten und Zimmertemperatur erhöhen; Vitalzeichen kontrollieren und kranke Person beobachten (z. B. Atemgeräusche, Urinveränderungen); Arzt informieren (evtl. ist Abnahme von Blutkulturen indiziert)
  • In der Phase der Fieberhöhe werden die zusätzlichen Wärmequellen entfernt und die Zimmertemperatur gesenkt, kühle (jedoch nicht eiskalte) Getränke anbieten, evtl. feuchtes Tuch auf die Stirn legen
  • Bei länger andauerndem Fieber mindestens dreimal täglich Vitalzeichenkontrolle, auf Zeichen der Austrocknung achten, Flüssigkeitsverluste ersetzen, ggf. Einfuhr bilanzieren, leicht verdauliche sowie vitamin- und kohlenhydratreiche Kost anbieten, auf regelmäßigen Stuhlgang achten (Obstipationsgefahr), für Ruhe sorgen, Raum evtl. abdunkeln, je nach individuellem Risiko Prophylaxen durchführen, evtl. fiebersenkende Medikamente verabreichen
  • In der Phase des Fieberabfalls engmaschig Vitalzeichen kontrollieren, luftdurchlässig Kleidung und Decke anbieten, bei Bedarf Wäsche wechseln (auch mehrmals am Tag), mindestens dreimal täglich Temperatur kontrollieren, um kritischen Fieberanfall rechtzeitig zu erkennen.
  • Auch nachdem das Fieber gesunken ist, ist die kranke Person meist noch erschöpft und ruhebedürftig. Pflegetätigkeiten und ggf. auch Besuche sollten entsprechend verschoben werden, damit die Person sich ausruhen und genesen kann. 

Literatur

Bitte beachten: Dieser Artikel ist nur auf erwachsene Menschen und nicht auf Kinder oder Säuglinge bezogen. Bei diesen können andere Empfehlungen gelten. Bei hohem oder längerem Fieber sollte immer der Arzt aufgesucht werden. 

Die Autorin Michelle Eisenberg
Michelle Eisenberg, examinierte Pflegekraft

Michelle Eisenberg ist examinierte Pflegekraft mit der Zusatzqualifikation Praxisanleitung in der Pflege.
Sie hat sowohl in der ambulanten als auch stationären Pflege Erfahrung gesammelt.
Seit einiger Zeit arbeitet Frau Eisenberg im Kundenservice von Dr. Ausbüttel im Bereich Beratung.