Fallbeispiel: Operative Abszesssanierung nach Steißbeinfistel (Sinus pilonidalis)
Ein junger Patient litt nach der operativen Therapie eines Abszesses in Folge einer Steißbeinfistel unter einer tiefen Wunde an der Gesäßfalte. Wie konnte die Wunde erfolgreich geheilt werden und welche Tipps wurden dem Patienten gegeben, um einem Rückfall vorzubeugen? In diesem Fallbeispiel lesen Sie alles zu Diagnose, Therapie und Heilungsverlauf inklusive Fotos.
Geschlecht
Mann
Alter
24 Jahre
Führende Wundursache
Abszesssanierung einer Steißbeinfistel
Diabetes mellitus
nein
Risikofaktoren
Raucher, Adipositas Grad I (BMI 30,5)
Lokalisation der Wunde
Rima ani (Gesäßfalte)
Wundart
akut, sekundärheilend
Wundgrund
Fibrin, Biofilm
Wundumgebung
feucht, sonst unauffällig
Wundrand
stellenweise mazeriert
Exsudation
stark
Ausgangssituation
Herr T. litt unter einer Steißbeinfistel (Sinus pilonidalis), welche zu einem Abszess führte. Dieser wurde mittels operativer Sanierung behandelt. Nach der Operation bestand zunächst eine 2,5 cm tiefe, 1 cm lange und 0,8 cm breite Wunde, deren Versorgung Herr T. nicht selbst übernehmen konnte. Da er auch über keine in der Nähe wohnenden Angehörigen verfügte, die ihn hätten unterstützen können, stellte er sich in einer pflegerisch geleiteten Praxis für Menschen mit chronischen Wunden vor, um hier die Versorgung durchführen zu lassen. Dort wurde eine Unterminierung von 0,1 cm Durchmesser und 0,3 cm Länge festgestellt, also eine Stelle mit fehlendem Kontakt zwischen Wundrand und Wundgrund. Der Wundgrund war deutlich mit Biofilm und Fibrin belegt. Das Exsudat war serös und geruchlos. Die starke Exsudation führte stellenweise zu einer Mazeration des Wundrandes. Da der Patient zeitweise stark schwitzte, war die Umgebungshaut feucht, ansonsten jedoch unauffällig. Das ursprünglich zweite Ende des Fistelgangs war noch erkennbar, stellte aber nur noch eine kleine oberflächliche Wunde dar.
Anamnese
Diagnose
Therapie
Im Rahmen der Wundversorgung erfolgte bei diesem Patienten auch eine Ernährungsberatung. Gesunde Ernährung ist nicht nur wichtig, um einem Wiederauftreten der Wunde vorzubeugen, sondern auch für den Heilungsprozess, da die Wundheilung mit einem erhöhten Bedarf an Energie und Nährstoffen einhergeht. Mehr zum Zusammenspiel von Ernährung und Wundheilung lesen Sie in folgendem Artikel.
Wundheilung und ErnährungDokumentierter Wundverlauf
Nach der operativen Sanierung eines Abszesses infolge eines Sinus pilonidalis bestand beim 24-jährigen Patienten Herrn T. eine 2,5 cm tiefe, 1 cm lange und 0,8 cm breite Wunde im oberen Bereich der Gesäßfalte (Bild 1). Der Wundgrund war zunächst deutlich mit Biofilm und Fibrin belegt und das in großen Mengen abgesonderte Exsudat war serös und geruchlos. Aufgrund der ausgeprägten Exsudation war der Wundrand teils mazeriert. Die Wundumgebung war leicht feucht, ansonsten aber unauffällig. Der vormals zweite Fistelausgang war ebenfalls noch erkennbar und stellte eine zweite, kleinere Wunde (0,2 cm tief, 0,2 cm lang, 0,1 cm breit) mit wenig Exsudation dar.
Der Verbandswechsel wurde anfangs täglich durchgeführt. In diesem Rahmen erfolgten auch eine mechanische Wundreinigung sowie das Aufbringen einer sehr dünnen Schicht PHMB Macrogol 0,04% Salbe. Diese war notwendig, da die Lokalisation der Wunde an der Gesäßfalte zu einer deutlich erhöhten Keimlast führte. Zudem wurde die Wundumgebung gereinigt und getrocknet und es wurde ein transparenter Hautschutzfilm auf den Wundrand und die Wundumgebung aufgetragen. Die Wunde wurde anschließend mit einer locker eingelegten Hydrofaser mit eingewebtem Faden für eine leichtere Entfernung gefüllt. Anschließend wurde eine Saugkompresse als Sekundärverband angelegt und mit transparentem, wasserfestem Folienverband fixiert. Der ursprüngliche zweite Fistelausgang wurde ebenfalls mit Saugkompresse und Folie, aber ohne Hydrofaser versorgt. Um den Verbandswechsel und die Wundreinigung zu ermöglichen, nahm Herr T. eine halbe Stunde vor jedem Wechsel ein schnell an- und abflutendes Opiat ein, da er ansonsten unter starken Schmerzen litt (VAS bis 8).
Es konnte gut beobachtet werden, ob das Exsudat ausreichend im Verbandstoff gehalten wird. So hätte schnell reagiert und wenn nötig auf einen Superabsorber umgestellt werden können. Dies war jedoch nicht nötig. Die Verwendung der transparenten, semipermeablen (halbdurchlässigen) Fixierfolie erfolgte vor allem aufgrund der Lokalisation, da kleinere Verschmutzungen abgewischt werden konnten. So konnten zusätzliche Verbandswechsel vermieden werden. Der Hautschutzfilm gewährleistete eine gute Fixierung des Verbandes. Dabei wurde darauf geachtet, dass dieser dicht abschloss, um das Eindringen von Darmkeimen zu verhindern.
Auch wurde mit Herrn T. das Thema Körperhygiene besprochen. Ihm wurde erklärt, dass es wichtig ist, sich nach dem Waschen vor allem in Hautfalten gründlich abzutrocknen. Eine regelmäßige Rasur der Umgebungshaut während der Zeit der Wundversorgung stellte sicher, dass der Verband optimal fixiert werden konnte. Der Stuhlgang sollte idealerweise maximal einmal täglich stattfinden, möglichst kurz vor dem Verbandswechsel. Außerdem wurde der Patient angewiesen, seine „Abwischtechnik“ anzupassen und von hinten nach vorne zu wischen, um die Keime nicht in Richtung der Wunde zu transportieren. Eine Ernährungsberatung sowohl allgemein als auch zur Beratung während der Wundheilung sollte sicherstellen, dass der Stuhl weder zu weich noch zu fest wurde, um Verschmutzungen oder Verdauungsproblemen vorzubeugen.
Durch die so durchgeführte Wundversorgung war die anfangs bestehende Unterminierung nach 9 Tagen verschwunden. Die Wunde verkleinerte sich deutlich (1 cm Tiefe, 0,8 cm Länge, 0,5 cm Breite). Biofilm und die starke Exsudation waren zwar weiterhin vorhanden, der Wundrand jedoch unauffällig und die Umgebungshaut trocken und gut gepflegt (Bild 2). Die Schmerzen beim Verbandswechsel und der Wundreinigung waren weiterhin vorhanden, durch die Medikation aber kurzfristig gut auszuhalten (VAS 4). Die zweite, kleinere Wunde war inzwischen auf Hautniveau und exsudierte nicht mehr. Die Versorgung mit der Saugkompresse erwies sich als ausreichend und wurde beibehalten.
In den folgenden 19 Tagen verkleinerte sich die Wunde weiter und war 4 Wochen nach der Erstvorstellung noch ca. 0,3 cm tief, 0,5 cm lang und 0,4 cm breit (Bild 3). Es war wieder eine Unterminierung erkennbar, über die sich Epithelgewebe schob. Es musste weiterhin Biofilm entfernt werden, die Exsudation ließ jedoch etwas nach. Auch die Schmerzen beim Verbandswechsel waren weniger geworden (VAS 3), obwohl die Dosis des Schmerzmedikaments von Herrn T. in Absprache mit dem behandelnden Arzt halbiert wurde. Die zweite Wunde war inzwischen abgeheilt. In der Folge wurde die Versorgung unter Beibehaltung der verwendeten Materialien alle 2 Tage durchgeführt. Wegen der Unterminierung sollte Herr T. in den folgenden Tagen darauf achten, zuerst häufiger auf der linken Körperseite und später gleichmäßig auf beiden Seiten zu liegen, um die Ansammlung des Exsudats auf nur einer Seite zu verhindern.
Etwa einen Monat später war die Wunde nur noch 0,3 cm tief, 0,4 cm lang und 0,2 cm breit (Bild 4). Granulationsgewebe war erkennbar, der Wundrand sowie die Umgebungshaut waren unauffällig. Exsudation war kaum noch vorhanden. Auf den Wundrandschutz konnte von nun an verzichtet werden. Da die Wunde sehr sauber war, wurde die Versorgung außerdem auf einen selbstklebenden PU-Schaum und ein Verbandswechselintervall von 4 Tagen umgestellt.
Nur 12 Tage später, nach insgesamt 70 Tagen, war die Wunde schließlich verheilt (Bild 5). Es erfolgte ein abschließendes Gespräch mit Herrn T. über seine Lebenssituation insgesamt sowie die vorhandenen Risikofaktoren für ein Rezidiv. Da er zur Stabilisierung der Haut noch einige Wochen lang wenig sitzen sollte, wurde er für diesen Zeitraum krankgeschrieben. Eine Gewichtsreduktion und die Anschaffung eines Sitzkissens vor Wiederaufnahme seiner Arbeit wurden ihm empfohlen. In seiner Freizeit sollte er sich künftig mehr bewegen, um das lange Sitzen während seiner beruflichen Tätigkeit etwas auszugleichen. Ebenfalls wurden Herrn T. eine gesündere Ernährung und sorgfältigere Körperpflege nahegelegt.
Bitte beachten Sie, dass es sich hier um ein konkretes Fallbeispiel handelt, das nur eine mögliche Behandlungsoption darstellt.