Fallbeispiel: Palliative Versorgung eines exulzerierenden Tumors
Geschlecht
Frau
Alter
44 Jahre
Führende Wundursache
Tumorwunde
Diabetes mellitus
nein
Risikofaktoren
onkologische Erkrankung
Lokalisation der Wunde
Mamma rechts (rechte Brust)
Infizierte Wunde?
nein
Wundart
chronisch
Wundgrund
zerfallendes Tumorgewebe, Biofilm, Fibrin
Wundumgebung
für einen Mammatumor typische eingezogene Haut (auch Grübchenbildung genannt), Faltenbildung
Wundrand
unregelmäßig, flach, teilweise eingetrocknete Blut- und Exsudatreste, Epithelgewebe
Exsudation
wenig
Abstrichentnahme
ja, als MRSA/MRE-Screening
Wenn Abstrichentnahme = ja, welche nachgewiesenen Bakterien
kein Nachweis von MRSA/MRE
Ausgangssituation
Das Fallbeispiel behandelt die palliative Versorgung einer Patientin mit Schwerpunkten auf Belastungsminimierung durch eine chronische Wunde und Linderung der Schmerzen. Frau K. wurde zum Zeitpunkt der beginnenden Versorgung stationär mit einer Chemotherapie behandelt. Diese führte zu einem geschwächten Allgemeinzustand. Zusätzlich war der Verbandwechsel aufwändig und schwierig, da dieser auf sehr brüchigem Tumorgewebe durchgeführt wurde. Schon zuvor kam es immer wieder zu Blutungen, die im Rahmen der Verbandwechsel gestillt werden mussten. Frau K. wollte im weiteren Verlauf gerne ambulant versorgt werden, um die verbleibende Zeit im häuslichen Umfeld zu verbringen. Sie konnte es organisieren, alle 3-4 Tage zum Verbandwechsel zu kommen. Zu Hause erhielt sie zu diesem Zeitpunkt Unterstützung durch eine Freundin, welche für die darauf folgenden Wochen zu ihr zog. So lag die Unterstützung von Frau K. im Alltag nicht ausschließlich bei ihren Kindern. Eine vollständige Heilung der Krebserkrankung konnte nicht definitiv in Aussicht gestellt werden.
Anamnese
Diagnose
Therapie
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Schreiben Sie unsDokumentierter Wundverlauf
Als sich Frau K. zum ersten Mal vorstellte, zeigte sich an der rechten Brust eine Wunde von etwa 4,5 cm Breite, 4 cm Länge und bis zu 1,5 cm Tiefe, die die Mamilla (Brustwarze) einschloss. Der Wundgrund bestand überwiegend aus zerfallendem Tumorgewebe, einigen Fibrinbelägen und Biofilm. Der Wundrand war unregelmäßig, flach und wies teilweise eingetrocknete Blut- und Exsudat-Reste auf. An einigen Stellen war neu entstehendes Epithelgewebe zu erkennen. Die Wunde wies wenig klare, seröse Exsudation und leichten Wundgeruch auf. In den Fältchen der Wundumgebung fanden sich eingetrocknete Exsudat-Reste, insgesamt war die Umgebungshaut intakt, wies aber Einziehungen (typisch für Brusttumore, auch Grübchenbildung genannt) und daraus resultierende Faltenbildung auf (Foto 1). In Absprache mit Frau K. wurden die wichtigsten Ziele der Wundversorgung festgelegt.
Nach 14 Tagen, in denen die Versorgung ohne Komplikationen wie geplant durchgeführt werden konnte, bot sich folgendes Bild: Die Wunde hatte sich deutlich verkleinert, nur noch zwischen ein und zwei Uhr war ein Rest des zerfallenden Tumorgewebes zu erkennen. Die Breite betrug 2,4 cm, die Länge 2,6 cm und die Wundtiefe max. 0,2 cm. Der Wundgrund bestand z.T. aus Fibrinbelägen und es war deutlich Granulationsgewebe zu sehen. Das Epithelgewebe wuchs weiter in die Wundmitte hinein. Die Exsudation war weiterhin wenig, klar und serös, Wundgeruch bestand nicht mehr. Der Teil der Wunde neben der Mamilla zur Körpermitte war, bis auf drei kleine flache Rest-Ulzerationen, abgeheilt (Foto 4). Frau K. hatte in den letzten Tagen die Menge ihre Bedarfsmedikation vor dem Verbandwechsel reduziert und trotzdem keine Schmerzen. Die Wundreinigung wurde nun mit einer PHMB-haltigen Wundspüllösung durchgeführt und die Aktivkohleauflage musste nicht mehr eingesetzt werden. Weiterhin verwendet wurden der PU-Schaum mit PHMB und der Superabsorber als Wundauflage sowie die Art der Fixierung, damit die erzielten Erfolge nicht gefährdet waren.
Frau K. war sehr zufrieden mit dem bisherigen Ergebnis und erlaubte sich jetzt, auf eine vorher nicht vermutete vollständige Wundheilung zu hoffen. Schon zu diesem Zeitpunkt beschrieb sie eine deutlich gesteigerte Lebensqualität. Inzwischen hatte sich ihre Zielsetzung bezüglich der Arbeitssituation geändert. Sie musste erkennen, dass selbst eine vollständige Wundheilung keine Heilung des Mamma-Karzinoms bedeutete und wollte die ihr verbleibende Zeit mit ihrer Familie und Freundin so gut wie möglich nutzen.
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Jetzt anmelden!Einen Monat später war die Wunde wie erhofft so gut wie vollständig abgeheilt. In einer der Hautfalten fand sich noch eine sehr kleine Läsion auf Hautniveau (Foto 5). Die Läsion wurde mit einem sanft haftenden PU-Schaum abgedeckt, der weiterhin mit einem BH fixiert wurde und 7 Tage verbleiben konnte. Frau K. wurde noch einmal dahingehend beraten, dass sie vor allem ein Augenmerk auf die weiterhin bestehenden Falten haben sollte. Es war besonders wichtig, diese regelmäßig gut von Talg, Hautschuppen und Schweiß zu befreien und anschließend gut zu trocknen. Wenn sich Läsionen bilden sollten, müssten diese zeitnah begutachtet und adäquat versorgt werden. Frau K. wollte die nächsten Verbandwechsel selbst durchführen und sollte sich melden, falls Komplikationen auftreten würden. Nach einem weiteren Verbandwechsel zu Hause teilte sie uns telefonisch mit, dass die Wunde nun verschlossen sei. Sie wurde noch einmal ermutigt, sich umgehend zu melden, wenn wieder Läsionen an der Brust auftreten sollten.
Im Folgejahr erhielten wir leider die Nachricht, dass Frau K. mit Lungenmetastasen verstorben sei, sich aber bis kurz vor ihrem Tod keine neuen Läsionen an der behandelten Wunde gezeigt hatten. Durch die effektive Versorgung der Wunde konnten zumindest die durch die Wunde entstandenen Einschränkungen, trotz folgenschwerer Krebserkrankung, gelindert werden.
Bitte beachten Sie, dass es sich hier um ein konkretes Fallbeispiel handelt, das nur eine mögliche Behandlungsoption darstellt.