Ekzeme in der Wundumgebung – Ursachen, Unterschiede und Behandlung
Ekzeme in der Wundumgebung sind häufig. Dabei ist Ekzem nicht gleich Ekzem. Die entzündlichen Hautreaktionen unterscheiden sich zum Beispiel in ihren Ursachen und damit auch in ihren Therapie- und Präventionsmöglichkeiten.
Was sind Ekzeme?
Bei einem Ekzem handelt es sich generell um eine entzündliche Hautveränderung. Weitere gleichbedeutende Begriffe sind „Dermatitis“ und „Juckflechte“. Die Entzündungsreaktion beeinträchtigt die Barrierefunktion der Haut. Dadurch kommt es unter anderem zu diesen typischen Befunden:1
- Erytheme
- Schuppen
- Bläschen
- Krusten
- Exsudative Erosionen
- Bei chronischen Ekzemen: Lichenifikationen (lederartige Vergröberung der Hautfelderung)
- Ekzeme sind per se nicht infektiös und daher nicht ansteckend.1
- Die klinischen Anzeichen eines Ekzems können sich bei dunklerer Haut von jenen bei hellhäutigen Menschen unterscheiden – beispielsweise hinsichtlich der Farbe (dunkelbraun, violett oder aschgrau statt rötlich).3
Ekzeme richtig behandeln: Tipps für die Praxis
Zunächst ist es wichtig, die Ekzemform richtig zu erkennen. Dazu gehören die folgenden diagnostischen Schritte:1
- Sorgfältige Anamnese
- Klinische Untersuchung – vor allem mit Blick auf die Morphe (Aussehen) und die Lokalisation des Ekzems
- Mikrobiologische/mykologische Untersuchungen (Abstrich)
- Epikutantestung, zum Nachweis einer allergischen Kontaktdermatitis
Unabhängig von der Art des Ekzems kommen die folgenden Behandlungsoptionen in Frage:
Topische medikamentöse Therapie
Ekzeme können zeitlich begrenzt mit topischen Glukokortikoiden behandelt werden. Sie wirken antientzündlich und immunsuppressiv. Wichtig ist dabei, auf die galenische Zubereitung (Arzneimittelzusammensetzung/-herstellung) zu achten und die Auswahl nach der Beschaffenheit der Wundumgebung zu richten. Es gilt die Faustregel: „feucht auf feucht – trocken auf trocken“.
Eine Alternative zu Glukokortikoiden können immunsupprimierend wirkende Calcineurininhibitoren sein. Sie können längerfristig angewendet werden, sind jedoch derzeit ausschließlich für die atopische Dermatitis zugelassen.1
Hautpflege und Hautschutz
Bei trockener Haut ist es wichtig, die Hautbarriere wiederherzustellen. Dazu eignen sich Pflegeprodukte mit einem hohen Anteil an Harnstoff/Urea (5 % bis 10 %) und Glycerol (5 %).
Darüber hinaus lässt sich die Haut mit Vaseline, Paraffine und filmbildenden Produkten wie Silikone schützen.
Hingegen gilt es, Produkte mit Duftstoffen, Parabenen, Perubalsam oder Wollwachsalkohole zu vermeiden, da diese Zusatzstoffe allergische Reaktionen auslösen können oder die Haut stark austrocknen (Tab. 1).
Abhängig von der Ekzem-Form kommen weitere Behandlungsmöglichkeiten in Frage (Tab. 2).1,2
Substanzklasse | Beispiele |
---|---|
Duftstoffe |
|
Konservierungsstoffe |
|
Phytotherapeutika |
|
Pflegemittel |
|
Arzneimittelwirkstoffe |
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Tab. 1: Potenzielle Allergene im Kontext der Wundversorgung1
Ekzem | Behandlung / Prävention |
---|---|
Toxische Kontaktdermatitis (darunter auch Flüssigkeits-assoziierte Hautschäden) |
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Allergische Kontaktdermatitis |
|
Stauungsdermatitis |
|
Tab. 2: Spezifische Behandlungs- und Präventionsoptionen für Ekzeme1,2
Überblick: Ekzem-Formen – in der Wundumgebung und andere
Ekzeme lassen sich nach verschiedenen Kriterien unterscheiden, zum Beispiel:
- Akute versus chronische Ekzeme
- Nach ihrer Morphologie (Aussehen)
- Nach ihren Ursachen
Im Zusammenhang mit der Wundversorgung sind die folgenden Ekzem-Formen relevant (Abb.1):1
- Kontaktekzeme mit den Subformen
- Kontaktdermatitis (toxisch, irritativ und allergisch)
- Asteatotisches Ekzem
- Stauungsdermatitis
- Flüssigkeits-assoziierte Hautschäden (FAH) einschließlich Inkontinenz-assoziierter Dermatitis, Intertrigo und peristomaler Dermatitis
Zu den weiteren Ekzem-Formen gehören beispielsweise das atopische Ekzem (Neurodermitis) und das seborrhoische Ekzem (Gneis).1
Kontaktekzeme
Innerhalb der Kontaktekzeme lassen sich zwei Formen unterscheiden:1
- Kontaktdermatitiden mit drei Subformen, zu denen auch einige Formen der Flüssigkeits-assoziierten Hautschäden (FAH) sowie die Medical Adhesive-Related Skin Injuries (MARSI) gehören
- Asteatotische Ekzeme
Kontaktdermatitis
Wichtig für die Einteilung der Kontaktdermatitiden in ihre drei Subformen sind die jeweiligen Ursachen, die wiederum entscheidend für spezifische Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten sind. Daher ist es wichtig, typische Unterschiede zu kennen, gerade weil die Ekzem-Formen auf den ersten Blick sehr ähnlich aussehen können. In Tabelle 3 sind einige spezifische Merkmale für die Differenzierung im Praxisalltag zusammengefasst.1,2
Tab. 3: Überblick über Kontaktdermatitiden (Ursachen, klinische Merkmale, Risikogruppen)
Kriterium | Toxische Kontaktdermatitis | Irritative | Allergische Kontaktdermatitis |
---|---|---|---|
Ursache | Direkte Exposition gegenüber Noxen wie beispielsweise Urin, Stuhl, Schweiß oder Exsudat (FAH), aber auch Verbandklebstoffe (MARSI) | Irritationen beispielsweise in Hautfalten durch Intertrigo oder durch Schädigungen aufgrund von Verbandklebstoffen (MARSI) | T-Zell-vermittelte Typ-IV-Immunantwort nach wiederholtem Kontakt zu einem exogenen Allergen, wie zum Beispiel Inhaltsstoffe von Reinigungsmitteln, Salben oder Verbandklebstoffen (MARSI) |
Klinische Merkmale |
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Risikogruppen | Ältere Menschen (FAH) | Menschen mit Adipositas, Hyperhidrose (krankhaftes, übermäßiges Schwitzen), Diabetes mellitus | Menschen mit Ulcus cruris venosum |
Wichtig zu wissen: Manche Ursachen können zu mehreren Formen von Kontaktdermatitiden führen – wie zum Beispiel Medical Adhesive Related Skin Injuries (MARSI)., 1,2,4-6
Asteatotisches Ekzem1
Bei sehr trockener Haut (Xerosis cutis) kann sich ein asteatotisches Ekzem (Exsikkationsekzem, Austrocknungsekzem) entwickeln. Risikogruppen sind insbesondere:
- Ältere Menschen
- Menschen mit falscher und/oder übertriebener Körperpflege
- Menschen unter einer Kompressionstherapie
Typische Merkmale des asteatotischen Ekzems sind:
- Initiales Auftreten häufig in den Wintermonaten (winter’s itch) und bei niedriger Luftfeuchtigkeit
- Meist netzartig gemustertes Ekzem (Eczéma craquelé)
- Beginn häufig an den Unterschenkeln mit möglicher Generalisierung
- Ausgeprägter Juckreiz, was die betroffenen Personen zu ständigem Kratzen verleitet und wodurch in der Folge Exkoriationen auftreten können
Wenn von Ekzemen die Rede ist, geht es häufig um die Unterscheidung zwischen allergischer, atopischer und toxischer Reaktionen. Was sind eigentlich die Unterschiede?
- Allergische Reaktionen sind generell Überempfindlichkeitsreaktionen (Hypersensitivtät) des Immunsystems auf exogene Substanzen (Allergene), die sich in unterschiedlichen Schweregraden manifestieren können.7
- Atopische Reaktionen entwickeln sich aufgrund einer (genetischen) Veranlagung, sodass die davon betroffenen Personen immunologisch auf verschiedene Allergene mit einer Differenzierung von bestimmten T-Helferzellen (CD4+ Th2) und einer Überproduktion von Immunglobulin E (IgE) reagieren.8
- Toxische Reaktionen entstehen durch Kontakt mit (potenziell) schädlichen Substanzen („Noxen“).1
Stauungsdermatitis
Neben Kontaktekzemen kann es im Kontext der Wundversorgung auch zu Stauungsdermatitiden kommen. Betroffen sind vor allem Menschen mit
- Unzureichend behandelten Ödemen
- Chronischer Veneninsuffizienz
Stauungsdermatitiden treten initial meistens im distalen Drittel der Unterschenkel auf. Im weiteren Verlauf können sie sich auf die gesamten Unterschenkel ausbreiten.
Wichtig zu wissen: Stauungsdermatitiden ähneln klinisch den allergischen Kontaktdermatitiden. Eine sorgfältige Differenzierung ist daher wichtig.
Flüssigkeits-assoziierte Hautschäden (FAH)
Wenn Haut über längere Zeit mit Körperflüssigkeiten – darunter Urin, Stuhl oder Schweiß – in Kontakt ist, können Flüssigkeits-assoziierte Hautschäden (FAH) entstehen, die zur Gruppe der Ekzeme zählen.1,2,9,10
In deutschsprachigen Ländern unterscheidet man in drei FAH-Formen:1,10
- Inkontinenz-assoziierte Dermatitis (IAD)
- Intertriginöse Dermatitis, inklusive Intertrigo und gramnegativer Fußinfekt
- Toxische Kontaktdermatitis, inklusive Wundumgebungsdermatitis und peristomale Dermatitis
Mehr zu den Hintergründen der Flüssigkeits-assoziierten Hautschäden (FAH), einschließlich vieler Praxisempfehlungen zur Therapie und Prävention:
Flüssigkeits-assoziierte Hautschäden (FAH)Ekzem oder Infektion? – eine wichtige Unterscheidung
Wichtig ist nicht nur die Unterscheidung zwischen den Ekzem-Formen, sondern auch deren Abgrenzung zu anderen Hautveränderungen, deren klinische Anzeichen einem Ekzem ähneln können.1 So können Hautrötungen in der Wundumgebung sowohl auf ein nicht-infektiöses Ekzem als auch auf eine Wundinfektion hinweisen.1,11Es gibt jedoch einige Anhaltspunkte, die für eine Infektion sprechen, zum Beispiel:11
- Überwärmung
- Ödem, Verhärtung oder Schwellung
- Spontaner Schmerz oder Druckschmerz
- Anstieg und/oder Änderung der Farbe oder des Geruchs des Exsudats
- Freier Eiter
Mit dem Nachweis pathogener Mikroorganismen, z.B. mit einem Abstrich nach Levine, lässt sich die Diagnose einer Wundinfektion sichern.11
Wenn es nicht bei der Hautrötung bleibt – Komplikationen der Ekzeme
Die Behandlung von Ekzemen in der Wundumgebung ist wichtig, weil sie unbehandelt zu erheblichen Komplikationen führen können:
- Infektionen: Ekzeme schädigen die Hautbarriere, was die Ansiedlung pathogener Mikroorganismen begünstigt – darunter Staphylococcus aureus, Herpes-Viren oder auch Pilze.1,12
- Verzögerte Wundheilung: Insbesondere allergische Kontaktdermatitiden können die Wundheilung verzögern.1
- Neue Wunden: Einige Ekzeme gehen mit Juckreiz einher. Durch das ständige Kratzen wird die Haut geschädigt und es können weitere Wunden entstehen.12
Wie lassen sich Ekzeme vermeiden?
Die beschriebenen Behandlungsmöglichkeiten bei Ekzemen deuten bereits auf geeignete Präventionsmaßnahmen hin, um Ekzeme nach Möglichkeit zu vermeiden. Dazu gehören zum Beispiel:1,10
- Hautpflege und Hautschutz, gerade bei Risikogruppen und mit Blick auf exponierte, empfindliche Lokalisationen.
- Reduktion, beziehungsweise der Schutz vor Flüssigkeiten zur Vermeidung von FAH, darunter konsequentes Exsudatmanagement oder das Aufbringen von Schutzfilmen.
- Vermeidung von Allergenen in Verbandmittel und Pflegeprodukten (Beispiele in Tab. 1).
- Edukation der Betroffenen und Angehörigen: Um Ekzeme langfristig zu vermeiden, ist es entscheidend, die Betroffenen und die Angehörigen entsprechend zu schulen – beispielsweise zur Ursachenvermeidung.