Duschen mit Wunde? – Das sollten Sie zur Körperpflege wissen

Duschen mit Wunde? – Das sollten Sie zur Körperpflege wissen

Duschen und Baden mit einer Wunde – ist das überhaupt möglich? Welche Hilfsmittel können eingesetzt werden? Und welche Kontraindikationen sind zu beachten?

„Darf ich jetzt überhaupt duschen?“ Diese Frage hören Pflegekräfte häufig – ob von Menschen nach einer Operation oder mit einer chronischen Wunde. Deshalb ist es wichtig, dass sie sich mit dem Thema auskennen. Denn die Körperpflege spielt eine wichtige Rolle für das Wohlbefinden.

Für manche Menschen ist das Duschen oder Baden sehr wichtig, um sich körperlich rein und wohlzufühlen. Anderen reicht ein gründliches Reinigen vor dem Waschbecken, manchen auch eine „Katzenwäsche“. Das ist individuell sehr unterschiedlich.

Zu berücksichtigen ist zunächst, um welche Wunde es sich handelt: Um eine frisch operierte Wundnaht oder eine chronische Wunde.

Wann ist Duschen nach einer Operation wieder möglich?

Patienten können nach einer Operation in der Regel wieder frühzeitig sicher duschen, wie Studien belegen. Hsieh und sein Team untersuchten zum Beispiel die Häufigkeit von Wundinfektionen, Schmerzen, Zufriedenheit der Patienten und Kosten bei frühzeitigem Duschen 48 Stunden nach einer Operation. Dazu teilten sie frisch operierte Patienten nach Lungen-, Leisten-, Gesichts- oder Extremitäten-OP zufällig in eine Duschgruppe (222 Personen) und in eine Nicht-Duschgruppe (222 Personen) ein. Die Duschgruppe durfte nach 48 Stunden wieder duschen, die Nicht-Duschgruppe hielt die Wunde trocken. Die Ergebnisse: In der Duschgruppe traten 4 oberflächliche Infektionen der Operationsstelle auf, in der Nicht-Duschgruppe waren es 6. Die Schmerzwerte waren in den beiden Gruppen vergleichbar. Die Patienten in der Duschgruppe waren zufriedener und ihre Wundversorgungskosten waren im Vergleich zur Nicht-Duschgruppe geringer. Die Schlussfolgerung der Autoren: Saubere und sauber kontaminierte Wunden können 48 Stunden nach OP sicher geduscht werden (Hsieh et al., 2016).

Auch offizielle Empfehlungen, z. B. des National Health Service England, bestätigen: Nach 48 Stunden können Operationswunden mit Wasser in Kontakt kommen, ohne dass sich das Infektionsrisiko erhöht. Nach dieser Zeit können Wundnähte kurz mit einem leichten Wasserstrahl befeuchtet werden. Sie sollten aber nicht durchnässt werden, z. B. in der Badewanne. Anschließend sollte die Stelle unbedingt trocken getupft werden. Ist die Wundnaht noch mit einem Verband bedeckt, sollte dieser nicht befeuchtet werden. Dazu können beim Duschen wasserdichte Verbände genutzt werden. Jedoch sollten diese nicht unter Wasser getaucht werden. 

Nach einer großen Herzoperation ist ein frühes Duschen ebenfalls nicht mit einem erhöhten Risiko für Wundkomplikationen verbunden. Das zeigt eine Beobachtungsstudie von Yoo aus 2022 mit 100 operierten Patienten. Hier erfolgte das erste Duschen, nachdem die Drainage entfernt wurde. Die durchschnittliche Zeit von der Operation bis zur ersten Dusche betrug 6,0 ± 1,4 Tage. Dabei wurden keine oberflächlichen oder tiefen Wundinfektionen beobachtet und kein Auseinanderklaffen der Wundränder (Wunddehiszenz). Zudem waren die Patienten deutlich zufriedener (Yoo et al., 2022).

Chronische Wunden sollten trocken bleiben

Bei chronischen Wunden wird empfohlen, die Wunde nicht durch Duschen oder Baden zu durchfeuchten. Das ist besonders wichtig, wenn es sich um eine offene Wunde handelt. Denn diese sind optimale Eintrittspforten für Bakterien, was das Risiko von Wundinfektionen erhöht. Mit einer offenen Wunde sollte man daher ohne speziellen Wundschutz nicht duschen oder baden – vor allem dann nicht, wenn man älter ist oder an einem geschwächten Immunsystem leidet. Patienten können ihre Wunde beim Duschen trocken halten, indem sie z. B. einen wasserfesten Wundverband verwenden oder den Wundbereich mit einer speziellen Plastikfolie abdecken (s.u.). Ist es nicht möglich, die Wunde auf diese Weise ausreichend zu schützen, wird empfohlen, sich mit dem Waschlappen zu waschen.

Besonders bei Wunden am Fuß oder Knöchel ist Vorsicht geboten, da hier die Wunde leicht mit verunreinigtem Wasser in Kontakt kommen kann. Auch hier wird empfohlen, die Wunde a) mit wasserdichten Abdeckungen trocken zu halten oder b) den Fuß mit einem Duschstuhl erhöht zu lagern, um zu verhindern, dass Wasser vom Oberkörper über die Wunde abläuft. 

Im Expertenstandard „Pflege von Menschen mit chronischen Wunden“ wird die Notwendigkeit einer guten Hautpflege betont, da es z. B. unter einer Kompressionstherapie oft zu Hautirritationen wie Trockenheit, Schuppungen, Juckreiz und Rötungen kommt. Empfohlen wird eine regelmäßige Hautpflege der Beine (mind. 1 x täglich), die eine Reinigung mit Wasser und Waschzusätzen sowie die Rückfettung der Haut mit Cremes und Salben umfasst. Die Pflegeprodukte sollen dabei individuell und angepasst an den jeweiligen Hautzustand des Menschen ausgewählt werden.

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Duschpflaster und andere Hilfsmittel

Um Wunden beim Duschen vor Nässe und Keimen zu schützen, können wasserfeste Verbandmittel und Wundauflagen, sogenannte Duschpflaster zum Einsatz kommen. Diese sind wasser- und keimdicht. Die Oberfläche ist aber trotzdem atmungsaktiv. Somit wird verhindert, dass Wasser, Keime und Schmutzpartikel in die Wunde eindringen und gleichzeitig wird ein ideales Wundklima ermöglicht. 

Es gibt Duschverbände in unterschiedlichen Varianten und Größen: Für kleinere und größere OP-Wunden, für chronische Wunden mit und ohne Haftrand, für schwache bis starke Exsudation etc. Auf den Verpackungen ist an Symbolen erkennbar, ob die Verbände wasserfest sind, wie lange sie maximal auf der Wunde verbleiben dürfen, wie hoch das Exsudat-Aufkommen sein darf und ob die Pflaster zugeschnitten werden dürfen. Grundsätzlich ist ein Wechsel des Pflasters nach dem Duschen nicht erforderlich, die maximale Tragedauer des Verbandes ist mit dem Arzt zu besprechen. Sinnvoll ist, die Duschdauer auch mit Duschpflaster kurzzuhalten und den Verband, wenn er sich am Fuß oder am Arm befindet, möglichst außerhalb der Duschzone zu halten. 

Alternativ können zum Duschen und Baden wasserfeste Kunststoffabdeckungen eingesetzt werden. Diese können über einen Verband oder auch Gips gezogen werden und schützen dank des eng an der Haut anliegenden Verschlusses wirkungsvoll vor eindringendem Wasser. Es gibt sie in unterschiedlichen Größen und für unterschiedliche Körperteile, z. B. Hand, Fuß oder Bein. Selbst das Baden und Schwimmen soll mit einigen Produkten absolut wasserdicht möglich sein. Die Produkte sind wiederverwertbar und können mehrfach genutzt werden. Allerdings ist hier zu bedenken, dass wasserdichte Kunststoffabdeckungen nicht atmungsaktiv sind und von daher wirklich nur kurzzeitig zum Einsatz kommen sollten. 

Zu empfehlen ist, in die Entscheidung – Duschpflaster, Kunststoffabdeckung oder Waschen am Waschbecken – den behandelnden Arzt oder einen Wundexperten einzubeziehen. 

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Sicherheitsvorkehrungen und Kontraindikationen

Grundsätzlich ist Duschen hygienischer als ein Vollbad, da das Wasser kontinuierlich abfließt. Auch ist Duschen aufgrund der kürzeren Dauer verträglicher für die Haut und den Kreislauf. Unabhängig von der Wunde sind beim Duschen und Baden einige Dinge zu beachten: 

  • Ist ein pflegebedürftiger Mensch sturzgefährdet oder kreislaufinstabil, darf er beim Duschen niemals allein gelassen werden, auch nicht für kurze Zeit.
  • Die Wassertemperatur muss – auch bei Vorliegen eines Thermostats – stets per Hand geprüft werden (35° bis 37° C). 
  • Die Person sollte zum Zeitpunkt des Duschens nicht nüchtern sein, um eine mögliche Unterzuckerung zu vermeiden.
  • Ein eigenständiges Duschen ist wünschenswert (aktivierende Pflege). Die Person wird nur bei Unsicherheiten in Teilschritten unterstützt. 
  • Das Duschen sollte möglichst so ablaufen, wie die betreffende Person es gewohnt ist. Bei Menschen mit Demenz können dazu Angehörige befragt werden. 

Zudem sollten mögliche Kontraindikationen beachtet bzw. mit dem Hausarzt besprochen werden. Diese ergeben sich meist aus der Grunderkrankung. Bei einer Psoriasis (Schuppenflechte) oder Neurodermitis mit großflächigen Hautdefekten sollte z. B. grundsätzlich nicht gebadet, sondern geduscht werden. Ist eine Person sehr kreislaufinstabil, kann eine Waschung im Bett oder vor dem Waschbecken schonender sein. Und bei Menschen mit einer diabetischen Neuropathie besteht die Gefahr von Verbrühungen beim Duschen und Baden, wenn sie den Temperaturregler selbst einstellen. Hier sollte die Pflegekraft die Wassertemperatur stets überprüfen. 

 Auch Menschen mit akuten und chronischen Wunden sollte eine regelmäßige Körperpflege – nach ihren Wünschen und Bedürfnissen – ermöglicht werden. Das trägt maßgeblich zu ihrem Wohlbefinden bei und ist in der Regel sicher möglich. Dabei sollte der Einsatz von Duschpflastern oder Kunststoffabdeckungen geprüft werden, um die Wunde bestmöglich zu schützen. Auch notwendige Sicherheitsaspekte sind stets zu beachten.

Literatur

Die Autorin Michelle Eisenberg
Michelle Eisenberg, examinierte Pflegekraft

Michelle Eisenberg ist examinierte Pflegekraft mit der Zusatzqualifikation Praxisanleitung in der Pflege.
Sie hat sowohl in der ambulanten als auch stationären Pflege Erfahrung gesammelt.
Seit einiger Zeit arbeitet Frau Eisenberg im Kundenservice von Dr. Ausbüttel im Bereich Beratung.