Der suprapubische Blasenkatheter: 5 Tipps zur korrekten Pflege
Ein suprapubischer Blasenkatheter führt direkt durch die Bauchdecke in die Blase. Der Urin wird also abgeleitet, ohne die Harnröhre zu durchlaufen.
Wann ist ein solcher Katheter indiziert? Welche Komplikationen können auftreten? Was ist bei der Pflege zu beachten?
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Wenn eine Person längerfristig seine Harnblase nicht entleeren kann, kann ein suprapubischer Katheter als Alternative zum transurethralen Blasenkatheter infrage kommen.1 Man spricht auch vom Bauchdeckenkatheter oder suprapubischen Dauerkatheter.
Ein suprapubischer Blasenkatheter – was ist das?
Ein suprapubischer Blasenkatheter (SPK) ist ein Katheter, der direkt durch die Bauchdecke in die Blase führt. Dabei wird ein Drainagenschlauch operativ in die Harnblase, knapp oberhalb der Schambeinfuge, eingeführt.1 Über diesen Katheter kann der Urin unter Umgehung des Harnleiters abgeleitet werden. Dabei werden heute von den meisten Firmen ausschließlich Ballonkatheter aus Silikon angeboten, sogenannte 2-Wege-Katheter.2 Diese haben ein größeres Lumen zum Ableiten des Urins und ein zweites kleineres Lumen, das in einen Ballon mündet. Darüber kann der Ballon gefüllt werden, sodass der Katheter nicht aus der Blase rutschen kann. Somit braucht der Katheter nicht an der Bauchdecke festgenäht werden. Diese suprapubischen Katheter eignen sich für eine dauerhafte Urinableitung (s. Abb. 1).
Das Legen eines suprapubischen Katheters erfolgt durch den Arzt, in der Regel durch einen Urologen, Gynäkologen oder Allgemeinchirurgen. Auch Notfallmediziner wie Ärzte in der Notaufnahme und Unfallchirurgen können diesen Eingriff vornehmen.1 Auch der Wechsel des Katheters obliegt in der Regel dem Arzt.4
Hier finden Sie mehr Informationen zum transurethralen Blasenkatheter.
Zum ArtikelWas sind Indikationen und Kontraindikationen?
Die häufigste Indikation für das Legen eines suprapubischen Katheters ist der Harnverhalt, wenn eine Katheterisierung der Harnröhre nicht möglich ist. Das kann zum Beispiel bei schwerer Prostatahyperplasie (Prostatavergrößerung), Harnverengungen, Verletzungen des Harntrakts oder falschen Harnröhrenpassagen vorkommen. Aber auch eine schwere Adipositas und genitale Malignome (Krebsgeschwüre) können eine Indikation sein.1
Laut dem Robert Koch-Institut (RKI) kann eine suprapubische Katheterisierung zudem indiziert sein, wenn ein längerfristiger Blasenkatheter erforderlich ist und die Harnröhre zur Schonung umgangen werden soll. Auch nach größeren operativen Eingriffen, vor allem im kleinen Becken und am Genital, ist sie in Betracht zu ziehen.3
Kontraindikationen sind eine ungenügend gefüllte Harnblase (< 200 ml), Blasen- und Unterbauchtumoren mit Verdrängung der Harnblase, Störungen der Blutgerinnung sowie Hauterkrankungen im Punktionsbereich. Relative Kontraindikationen sind Voroperationen im Unterbauch, Darmverschlüsse, Schwangerschaft sowie eine schwere Adipositas.4
Welche Vorteile hat der suprapubische Katheter, was sind seine Risiken?
Ein wichtiger Vorteil des suprapubischen gegenüber dem transurethralen Katheter ist, dass die Harnröhre und die männlichen Anhangsgebilde, also vor allem Prostata und Samenblase, geschont werden. Deshalb empfiehlt die Leitlinie „Harninkontinenz bei geriatrischen Patienten, Diagnostik und Therapie“, dass bei einer langzeitig erforderlichen Harndrainage, besonders bei männlichen Patienten, dem suprapubischen Katheter der Vorzug gegeben werden sollte.5
Mit einem suprapubischen Blasenkatheter kann zudem getestet werden, ob der Patient noch spontan Wasser lassen kann. Ein solches Blasentraining und das Überprüfen der Miktionsfähigkeit (Entleerung der Harnblase), zum Beispiel nach einer größeren Operation, ist nur mit einem suprapubischen Katheter möglich. Denn nur mit einem solchen kann ein katheterisierter Patient spontan über die Harnröhre Wasser lassen.6 Auch eine Restharnbestimmung ist problemlos möglich.3
Einige Studien deuten darauf hin, dass ein suprapubischer Katheter seltener mit Infektionen einhergeht. Hier ist die Studienlage allerdings nicht ganz eindeutig.1 Auch für sexuell aktive Menschen kann ein suprapubischer Katheter vorteilhaft sein, da er – im Gegensatz zu transurethralen Kathetern – die sexuelle Funktion des Patienten nicht einschränkt.1
Wie auch bei anderen Kathetern gibt es Risiken: Mögliche Frühkomplikationen sind unbeabsichtigte Darmverletzungen, Blutungen und Gefäßverletzungen. Zu den Spätkomplikationen zählen u.a. eine Hämaturie (Blut im Urin), Urosepsis, Wundinfektionen und Blasensteine.1
- Flächendesinfektionsmittel
- Einmalhandschuhe sterilisiert
- Hautantiseptikum
- Abwurfbehälter
- Evtl. sterile Pinzette
- Sterile Kompressen oder Kugeltupfer (Desinfektion)
- Sterile Schlitzkompressen und Fixiervlies (Verbandanlage)
Wie ist der Verbandwechsel durchzuführen?
* Der nachfolgende Abschnitt erläutert nur das methodische Vorgehen eines Verbandswechsels. Während des Verbandswechsels ist der Patient stets über das Vorgehen zu informieren und auf seine Befindlichkeiten zu achten.
Der Arzt führt die Anlage eines suprapubischen Blasenkatheters in Lokalanästhesie oder Vollnarkose unter sterilen Bedingungen durch.6 Danach erfolgt der erste Verbandwechsel nach 48 Stunden bzw. nach ärztlicher Anordnung, in der Regel durch den Arzt.1 In der Folge kann der Verbandwechsel an Pflegende delegiert werden.
- Die durchführende Person wäscht sich dazu gründlich die Hände, führt eine Händedesinfektion durch und zieht sich Handschuhe an.
- Sie stellt alle erforderlichen Materialien auf einer desinfizierten Arbeitsfläche bereit.
- Dabei legt sie die Verbandmaterialien so auf der Arbeitsfläche ab, dass die Innenseite der Verpackung als sterile Ablagefläche dient (siehe Materialliste).
- Zunächst entfernt sie vorsichtig den alten Verband und wirft diesen zusammen mit den Handschuhen in den Abfall (Handschuhwechsel).
- Sie inspiziert die Eintrittsstelle auf Entzündungszeichen und mögliche Absonderungen.
- Beim Abziehen des Verbandes fixiert sie mit einer Hand den Katheterschlauch, um keinen Zug auf den Katheter auszuüben.
- Am besten wird der Klebeverband in Haarwuchsrichtung gelöst, um einer schmerzhaften Haarentfernung vorzubeugen.
- Bei starker Körperbehaarung sollte eine Haarentfernung im Bereich des Verbandes vorab erwogen werden.
- Anschließend desinfiziert sie die Wunde mit einem Wund-/Schleimhautantiseptikum.
- Es sollte darauf geachtet werden, dass das Antiseptikum das Material des Katheters nicht angreift.
- Die Pflegekraft reinigt die Eintrittsstelle mit einem sterilen Tupfer gründlich von innen nach außen.
- Auch wischt sie den hautnahen Teil des Katheterschlauchs mit einem weiteren Tupfer, von der Eintrittsstelle weg, ab.
- Bei stärkerer Verschmutzung des Schlauches oder der Einstichstelle wird dieser Vorgang wiederholt.
- Danach sprüht die Pflegekraft die Eintrittsstelle/Wundumgebung erneut ab und lässt sie vollkommen abtrocknen.
- Dann nimmt sie eine sterile Schlitzkompresse und legt diese um den Katheter herum.
- Der Schlauch liegt dabei auf dem Tupfer, um Druckstellen zu vermeiden.
Anschließend deckt sie die Schlitzkompresse mit einer weiteren sterilen Kompresse ab.
- Zum Schluss befestigt die Pflegekraft die Kompressen beispielsweise mit Fixierverbandstoff. 7, 8
- Die Pflegekraft entfernt alle überschüssigen Materialien und desinfiziert erneut die Arbeitsfläche.
- Sie dokumentiert den Verbandswechsel und ggf. Auffälligkeiten.
- Bei guter Wundheilung ist es später möglich, die Eintrittsstelle nur mit einem Pflaster abzudecken oder ganz auf den Verband zu verzichten.6
Was ist bei der Pflege zu beachten? – 5 Tipps
Tipp 1 – Auf mögliche Komplikationen achten: Die Aufgabe der Pflegekräfte ist es, den Katheter und die Urinableitung – auch direkt nach der Anlage eines suprapubischen Katheters – zu überwachen. Dazu kontrollieren sie den Verband und Urin regelmäßig auf Nachblutungen. Auch müssen sie die möglichen Komplikationen kennen, wie z. B. Darmverletzungen, Leckagen an der Hautstelle oder Infektionen, und diese regelmäßig überprüfen.1
Tipp 2 – So hygienisch wie möglich arbeiten: Um Wundinfektionen oder eine Urosepsis zu vermeiden, sollten Pflegekräfte gerade beim Verbandwechsel so aseptisch wie möglich arbeiten. Der Katheter und der Drainageschlauch/Beutel sollten nur in Ausnahmefällen diskonnektiert werden, z. B. aufgrund von sichtbarer Verschmutzung. In diesem Fall wischt/sprüht die Pflegekraft die Konnektionsstelle vorher mit einem alkoholfreien Schnelldesinfektionsmittel ab.6 Auch beim Wechsel vom Urinableitungssystem, z. B. auf einen Beinbeutel ist eine solche Desinfektion erforderlich. Zudem sollte jeglicher Bodenkontakt des Beutels vermieden werden, um einer Infektionsgefahr vorzubeugen.8
Tipp 3 – Dauerhaften Abfluss sicherstellen: Katheter und Drainageschlauch sind so zu platzieren, dass sie weder unter Zug stehen noch abgeknickt oder abgedrückt werden können. Liegt der Patient im Bett, sollte der Katheter nicht unter, sondern über dem Oberschenkel liegen, um Druckstellen zu vermeiden. Auch sollte der Urinbeutel – ob am Bett, Rollstuhl oder Körper – nie über Blasenniveau hängen, damit der Urin in jedem Fall abfließen kann.8 Wichtig ist bei desorientierten oder verwirrten Patienten darauf zu achten, dass diese nicht versuchen, sich selbst den Blasenkatheter zu ziehen.1
Tipp 4 – Patienten zum Trinken auffordern: Bei einem Dauerkatheter sollte die Pflegeperson auf eine ausreichende Trinkmenge achten, sofern keine Kontraindikation wie eine Herz- oder Nierenerkrankung vorliegt. Über eine gute Urinausscheidung können mögliche Erreger ausgespült und damit Infektionen vermieden werden.
Tipp 5 – Indikation prüfen und Wechselintervalle im Blick behalten: Wird ein Dauerkatheter gelegt, sollten bei der Erstanlage die Indikation und relevante Hintergrundinformationen dokumentiert werden. Jeder Dauerkatheter ist ein potenzielles Risiko. Die Indikation muss daher in regelmäßigen Abständen überprüft werden.5 Suprapubische Katheter sollten alle 6 bis 8 Wochen bzw. lt. Herstellerangaben gewechselt werden. Bei jedem Katheterwechsel muss auch das Ableitungssystem mit gewechselt werden.6