Umweltmedizin: Aktuelle Erkenntnisse für Medizinische Fachangestellte
Praxisalltag

Umweltmedizin: Aktuelle Erkenntnisse für Medizinische Fachangestellte

Umweltmedizin ist ein interdisziplinäres Fachgebiet, das sich mit den Wechselwirkungen zwischen Umweltfaktoren und der menschlichen Gesundheit befasst. Viele Gesundheitsprobleme sind direkt oder indirekt mit Umwelteinflüssen verbunden, wie Luftverschmutzung, Chemikalienbelastung oder Lärmexposition. 

In diesem Blog-Beitrag möchte ich euch einen Überblick über einige umweltmedizinische Themen geben, die in eurem Arbeitsalltag als Medizinische Fachangestellte (MFA) interessant sein können. 

Im Praxisalltag könnt ihr Aspekte der Umweltmedizin in der Anamnese und Beratung von Patienten berücksichtigen. 

Luftverschmutzung: Neue WHO-Richtlinien setzen ambitionierte Ziele

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2021 ihre Luftqualitätsrichtlinien deutlich verschärft. Die neuen Empfehlungen sehen deutlich niedrigere maximale jährliche Grenzwerte für Feinstaubbelastung vor. Auch der Richtwert für Stickstoffdioxid (NO2) wurde deutlich gesenkt. Diese Senkung basiert auf umfangreichen Forschungsergebnissen, die zeigen, dass Luftverschmutzung selbst bei niedrigen Konzentrationen gesundheitsschädlich ist. Besonders besorgniserregend: Es konnte bisher kein Schwellenwert identifiziert werden, unterhalb dessen keine negativen Gesundheitseffekte auftreten.

Praxisrelevanz für MFAs:

  • Sensibilisiert eure Patienten für die Gefahren der Luftverschmutzung, insbesondere Risikogruppen wie Asthmatiker oder COPD-Patienten.
  • Empfehlt bei Bedarf die Nutzung von Luftqualitäts-Apps (oft Bestandteil von gängigen Wetter-Apps) zur Vermeidung stark belasteter Gebiete.

Hier ein interessanter Beitrag zur Luftverschmutzung: Sondergutachten: Luftverschmutzung schadet der Gesundheit extrem

Lärmbelastung: Unterschätzte Gesundheitsgefahr

Chronische Lärmbelastung wird in ihrer gesundheitlichen Bedeutung oft unterschätzt. Epidemiologische Studien zeigen jedoch deutliche Zusammenhänge zwischen Lärmexposition und verschiedenen Erkrankungen, wie:

  • Erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Beeinträchtigung der kognitiven Entwicklung bei Kindern
  • Schlafstörungen und psychische Belastungen

Praxisrelevanz für MFAs:

  • Erfragt bei der Anamnese auch die Lärmbelastung am Wohn- und Arbeitsort.
  • Informiert über Möglichkeiten des Lärmschutzes, z.B. durch Schallschutzfenster.

UV-Strahlung: Dosis-Wirkungs-Beziehung 

Die Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen UV-Exposition und Vitamin-D-Produktion sowie der Entstehung durch Hautkrebs nach häufigen Sonnenbränden ist gut belegt. 

Besonders kritisch sind:

  • Sonnenbrände, vor allem in der Kindheit
  • Übermäßige Sonnenexposition, ohne den Hauttyp zu berücksichtigen
  • Kumulative UV-Belastung über das Leben

Praxisrelevanz für MFAs:

  • Weist eure Patienten auf die Bedeutung regelmäßiger Hautkrebsvorsorge hin.
  • Ermutigt zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Sonnenbädern, also durchaus Sonne „tanken“, aber im Sommer die Mittagszeit meiden.
  • Klärt eure Patienten mit Kindern und Jugendlichen regelmäßig auf, Sonnenbrände der jungen Haut in jedem Fall zu meiden.

Ein interessanter Artikel zur Vorbeugung von Hautkrebs: Sonnenschutz zur Vorbeugung von Hautkrebs immer wichtiger

Chemikalien im Alltag: Biomonitoring als wichtiges Instrument

Die Belastung mit Umweltchemikalien lässt sich durch Biomonitoring erfassen. Biomonitoring ist eine wissenschaftliche Methode, um die Belastung von Lebewesen durch Umweltschadstoffe zu messen und zu bewerten. Schadstoffe oder deren Abbauprodukte werden dabei in Körperflüssigkeiten oder Geweben gemessen. Dies ermöglicht:

  • Abschätzung der tatsächlichen individuellen Belastung
  • Identifikation von Risikogruppen
  • Evaluation von Präventionsmaßnahmen

Praxisrelevanz für MFAs:

  • Informiert euch über Möglichkeiten des Biomonitorings in eurer Region.
  • Beratet eure Patienten zu Wegen der Schadstoffvermeidung im Alltag, z.B. bei Lebensmitteln oder Kosmetika.

Klimawandel: Langzeitstudien zeigen Gesundheitsauswirkungen

Longitudinalstudien belegen zunehmend die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels:

  • Zunahme von Herz-Kreislauf-Problemen bei Hitzewellen
  • Veränderte Verbreitung von Infektionskrankheiten
  • Psychische Belastungen durch Extremwetterereignisse

Praxisrelevanz für MFAs:

  • Achtet besonders auf vulnerable Patientengruppen bei Extremwetterereignissen (z.B. Anpassen der Öffnungszeiten in Hitzeperioden).
  • Informiert über Präventionsmaßnahmen, z.B. ausreichende Flüssigkeitszufuhr bei Hitze.

Hier findet ihr Beiträge rund um das Thema Hitze in der Arztpraxis:

Wissenschaftliche Studien besser verstehen

Damit ihr Studienergebnisse besser beurteilen könnt, die in der Umweltmedizin eine große Rolle spielen, möchte ich euch abschließend noch einmal den Unterschied zwischen Kausalität und Korrelation ins Gedächtnis rufen.

Eine Korrelation bezeichnet einen statistischen Zusammenhang zwischen zwei Variablen, bei dem sich beide gemeinsam verändern. Beispielsweise könnte eine Korrelation zwischen der Einnahme eines Medikaments und der Verbesserung von Symptomen beobachtet werden. Es ist wichtig zu beachten, dass eine Korrelation nicht automatisch auf einen kausalen Zusammenhang schließen lässt.

Kausalität hingegen bedeutet, dass eine Variable tatsächlich die Veränderung in der anderen Variable verursacht. Im genannten Beispiel würde Kausalität bedeuten, dass das Medikament nachweislich für die Symptomverbesserung verantwortlich oder ursächlich ist. Um diese Ursächlichkeit nachzuweisen, sind in der Regel kontrollierte klinische Studien erforderlich, in denen eine sogenannte Interventionsgruppe ein neues Medikament und eine Kontrollgruppe beispielsweise nur Placebo erhält. Ein gezeigter Effekt in der Interventionsgruppe lässt dann auf einen kausalen Effekt des neuen Medikamentes schließen, wenn sich nur geringe Effekte in der Placebo-kontrollierten Gruppe zeigen. 

Die Umweltmedizin stellt in unserem Arbeitsalltag als MFA ein zunehmend wichtiges Feld dar. In eurer täglichen Arbeit könnt ihr einen wertvollen Beitrag leisten, indem ihr Patienten für umweltbedingte Gesundheitsrisiken sensibilisiert und bei der Erfassung relevanter Umweltfaktoren in der Anamnese zur Seite steht. Euer Engagement kann also einen echten Unterschied machen!

Seid ihr euch über die Relevanz der Umweltmedizin schon bewusst? Wie berücksichtigt ihr die verschiedenen Aspekte? Worüber möchtet ihr noch mehr erfahren?

Viele Grüße

Eure Steffi

Die Autorin Steffi, MFA/Wundexpertin (ICW)
Steffi Blog

Nach der Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten in einer dermatologischen Praxis für 5 Jahre im Praxisalltag als MFA, seit 2014 bei Dr. Ausbüttel (DRACO®). Wundexpertin (ICW) und bloggende MFA mit Leidenschaft.

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