Tabuthemen in der Praxis
Mundgeruch, Fußpilz, Hämorrhoiden oder gar hochsensible Themen wie häusliche oder sexuelle Gewalterfahrungen, Alkohol- oder Drogensucht: das alles sind Tabuthemen unserer Patienten. Als medizinische Fachangestellte (MFA) sind wir oft die erste Ansprechperson für Patienten in der Arztpraxis.
Schon bei der Patientenaufnahme müssen wir MFA schnell erkennen, ob ein Patient möglicherweise zögert, ein Thema auszusprechen oder sich verlegen verhält. Je nachdem, ob wir den Patienten einschätzen können oder nicht, können wir hier unterschiedlich reagieren.
Umgang mit Tabuthemen am Empfang
- Der Patient ist eurer Praxis bekannt? Dann schaut kurz in die Akte, ob ihr einen Vermerk oder Hinweis findet, worum es gehen könnte. Dann müsst ihr nicht nachhaken. Oder ihr vertraut eurem Bauchgefühl und bietet an, das Gespräch im Behandlungsraum fortzuführen. So könnt ihr eurem Patienten sagen: „Schön, Sie wiederzusehen. Sollen wir alles Weitere in Ruhe im Behandlungsraum besprechen?“
- Der Patient ist neu in eurer Praxis? Euch bleibt wenig anderes übrig, als nachzufragen, mit welchem Anliegen er in die Praxis kommt. Falls ihr keine belastbare Antwort bekommt, könnt ihr dem Patienten beispielsweise Folgendes sagen: „Wir kümmern uns gerne um Ihr Anliegen. Wenn Sie mögen, besprechen wir alles Weitere gleich im Behandlungsraum. Da haben wir mehr Ruhe.“
Mögliche Tabuthemen
- Bestimmte Erkrankungen: beispielsweise Erkrankungen, die den Intimbereich betreffen, wie Geschlechtskrankheiten, Erkrankungen, die unangenehme Begleiterscheinungen verursachen, wie Mundgeruch, Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schuppenflechte (Psoriasis) oder Verstopfung, Inkontinenz, Hämorrhoiden, Fußpilz. Die Liste ist nicht abschließend.
- Psychische Gesundheit: Viele Patienten zögern, über Depressionen, Angstzustände oder andere psychische Probleme zu sprechen.
- Sexuelle Gesundheit: Themen wie sexuell übertragbare Infektionen, erektile Dysfunktion oder sexuelle Präferenzen werden oft vermieden.
- Häusliche Gewalt: Opfer häuslicher Gewalt sprechen selten offen darüber. Die Gründe dazu sind vielschichtig und insgesamt braucht es hier einen hochsensiblen Umgang mit der Gesamtsituation.
- Sucht: Patienten können Probleme mit Alkohol, Drogen oder verschreibungspflichtigen Medikamenten verbergen wollen.
Als MFA können wir dazu beitragen, eine offene und unterstützende Umgebung zu schaffen, in der Patienten sich unsere wohl und sicher fühlen, über diese Themen zu sprechen.
Gesprächsansätze für MFA bei Tabuthemen
- Vertraulichkeit betonen: Versichert den Patienten, dass ihre Informationen vertraulich behandelt werden.
- Offenheit anbieten: Stellt offene und wertfreie Fragen, wie: „Was bereitet Ihnen Probleme?“, oder „Wie äußern sich Ihre Beschwerden?“ Vermeidet geschlossene Fragen.
- Empathie zeigen: Zeigt Verständnis und Mitgefühl, um den Patienten zu ermutigen, sich zu öffnen.
- Weiterleitung an Spezialisten: Bietet an, den Patienten an einen Arzt oder Berater zu verweisen, der auf das spezifische Tabuthema spezialisiert ist.
Um eine angenehme Gesprächsatmosphäre zu fördern, können Arztpraxen Schulungen für das Personal anbieten, die darauf abzielen, Empathie und Kommunikationsfähigkeiten zu stärken. Zudem können Informationsmaterialien zu sensiblen Themen in den Wartebereichen ausgelegt werden, um Patienten zu ermutigen, Fragen zu stellen und sich über diese Themen zu informieren.
Insgesamt ist es wichtig, dass wir als MFA sensibel auf Tabuthemen reagieren und eine unterstützende Umgebung schaffen, in der die Patienten offen über ihre Anliegen sprechen können.
Wie geht ihr mit solchen Situationen um? Welche Strategien habt ihr euch dazu überlegt? Ich freue mich über eure Anregungen und Erfahrungen.
Viele Grüße
Eure Steffi
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