Richtig IGeLn – gar nicht so einfach
Praxisalltag, Arztpraxis

Richtig IGeLn – gar nicht so einfach

Sensibilität und eine gute Aufklärung sind gefragt im Umgang mit den ‚Individuellen GesundheitsLeistungen‘ – kurz IGeL. Sie umfassen Leistungen, die nicht mit dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) gedeckt sind. Die Kosten sind also von den Patienten selbst zu tragen.

 

 

 

Was sind IGel-Leistungen?

IGeL sind ärztliche, zahnärztliche und psychotherapeutische Selbstzahlerleistungen, die ein Zusatzangebot für die Patienten darstellen. IGeL können sein: kosmetische Behandlungen oder (Schönheits-)Operationen, medizinische Beratung vor Fernreisen, Früherkennungsuntersuchungen, Impfungen, die nicht Bestandteil der STIKO-Empfehlungen sind oder auch neue Leistungen, deren Nutzenbewertung noch aussteht.

Welche Grundsätze gelten im Umgang mit IGeLn?

Beim Umgang mit den IGeLn ist bei den Patienten Fingerspitzengefühl gefragt. In einer Befragung gaben 90% der Bürger an, dass Ärzte den Patienten Selbstzahler-Leistungen gegen Bezahlung anbieten, die für die Patienten selbst keinen Nutzen bringen (Klemperer & Dierks, 2011). Die Skepsis ist also groß!

10 Gebote des guten IGeLns, die beim Deutschen Ärztetag 2006 als Empfehlungen verabschiedet wurden:
  1. Sachliche Information: Es sollen Nutzen und Risiken der IGeL umfassend erklärt werden. Es handelt sich in keinem Fall um ein Verkaufsgespräch.
  2. Zulässige Leistungen: Die Leistung sollte entweder notwendig oder aus ärztlicher Sicht empfehlenswert bzw. sinnvoll sein.
  3. Korrekte und transparente Indikationsstellung: Bei der Empfehlung von IGeLn sollte die zu Grunde liegende Indikation korrekt und transparent gestellt werden.
  4. Seriöse Beratung: Ein Patient darf sich nicht zu einer IGeL „gedrängt“ fühlen und es dürfen keine falschen Erwartungen geweckt werden.
  5. Aufklärung: Die Patientenaufklärung beinhaltet auch die Erklärung möglicher Alternativen.
  6. Angemessene Informations- und Bedenkzeit: Es kann sehr sinnvoll sein, den Patienten an das Recht auf eine Zweitmeinung zu erinnern und darüber zu informieren, dass leistungsrechtliche Fragen auch mit der Kasse geklärt werden können.
  7. Schriftlicher Behandlungsvertrag: Der Bundesmantelvertrag schreibt bei IGeLn einen schriftlichen Behandlungsvertrag vor. Er muss die Gebührenposition der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und den Steigerungssatz festlegen.
  8. Kopplung mit sonstigen Behandlungen: IGeL sollten nicht in Zusammenhang mit anderen Leistungen des Leistungskatalogs stehen und getrennt erbracht werden.
  9. Einhaltung von Gebietsgrenzen und Qualität: Fachspezifische IGeL dürfen nur durch Ärzte des jeweiligen Fachgebiets erbracht werden. Dabei müssen Qualitätsanforderungen der GKV eingehalten werden.
  10. GOÄ-Liquidation: Grundlage für die Abrechnung der IGeL ist die GOÄ und pauschale Vergütungen sind dabei nicht zulässig.
 

Tipps und Erfahrungen aus der Praxis

Häufig wurde ich als MFA von Patienten gefragt, ob die empfohlene IGeL wirklich sinnvoll ist. Pauschal ist das natürlich nicht zu beantworten und die Entscheidung, eine IGeL als Option anzusprechen, liegt beim behandelnden Arzt. Über die Jahre habe ich aber folgende Erfahrungen gesammelt, wie man in der Praxis einen Vertrauensverlust vermeiden kann:

  • Erklärt ggf. noch ein zweites Mal die Leistung und den damit verbundenen möglichen Nutzen und die Risiken. Fragt aktiv nach, ob eure Patienten die Information verstanden haben oder wo noch Unklarheiten sind.
  • Sagt euren Patienten nochmals, dass sie sich nicht sofort entscheiden müssen, sondern sich in Ruhe Gedanken machen können. Eine Zweitmeinung ist absolut in Ordnung.
  • Legt rechtzeitig den schriftlichen Vertrag mit den relevanten Informationen – auch die einhergehenden Kosten – vor, damit eure Patienten genug Zeit haben, die Informationen zu lesen.
  • Vermeidet in euren Praxen Gespräche zu IGeLn, wenn es eine eher sensible Situation ist, in der sich der Patient in dem Moment befindet (z.B. wenn ein Patient entkleidet ist oder er starke Schmerzen hat oder sich mitten in einer unangenehmen Wundbehandlung befindet).

Wie häufig sind IGeL-Angebote in eurer Praxis? Wie geht ihr damit um? Interessiert ihr euch für weitere Informationen hierzu? Was brennt euch momentan unter den Nägeln?
Ich freue mich auf eure Kommentare!

Viele Grüße
Steffi

Quelle:

Klemperer D, Dierks M-L. Evidenzbasierte Medizin und Qualitätssicherung medizinischer Leistungen: Erfahrungen und Einschätzungen der Bürger. In: Böcken J, Bernard Braun, Repschläger U, editors. Gesundheitsmonitor 2011. Bürgerorientierung im Gesundheitswesen. Kooperationsprojekt der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK. Verlag Bertelsmann Stiftung. Gütersloh 2011 (S. 32-55). Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung, 2011:32-55.

Die Autorin Steffi, MFA/Wundexpertin (ICW)
Steffi Blog

Nach der Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten in einer dermatologischen Praxis für 5 Jahre im Praxisalltag als MFA, seit 2014 bei Dr. Ausbüttel (DRACO®). Wundexpertin (ICW) und bloggende MFA mit Leidenschaft.

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