Fehlerkultur in der Medizin: Wie MFA damit umgehen können
Praxisalltag

Fehlerkultur in der Medizin: Wie MFA damit umgehen können

Ein gut umgesetztes Fehlermanagement in einer Arztpraxis ist der Schlüssel zur Verbesserung der Patientensicherheit und der Qualität der medizinischen Versorgung. In diesem Artikel beleuchte ich die wichtigsten Aspekte des Fehlermanagements und der Fehlerkultur in der Arztpraxis.

Grundprinzipien des Fehlermanagements

Ein effektives Fehlermanagement basiert auf folgenden Grundprinzipien:

  • Fehler offen ansprechen ohne Angst vor Konsequenzen
  • Systematische Fehlererfassung und -analyse
  • Fokus auf Lösungen statt Schuldzuweisungen, indem Fehler als Lernchance betrachtet werden
  • Kontinuierlicher Verbesserungsprozess, in welchem gemeinsam Lösungen zur Fehlervermeidung entwickelt werden
  • Teambasierter Ansatz im gesamten Fehlermanagement

Diese Prinzipien sollten das Fundament bilden, um eine positive Fehlerkultur in der Praxis zu etablieren.

Die Rolle des Qualitätsmanagements

Das Qualitätsmanagement (QM) spielt eine zentrale Rolle im Fehlermanagement. Es bietet den strukturellen Rahmen für die

  • Implementierung von Fehlermeldesystemen
  • Durchführung regelmäßiger Schulungen
  • Entwicklung von Checklisten und Standardprozeduren
  • Organisation von Team-Meetings zur Fehlerbesprechung

Das QM unterstützt den kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) und hilft, eine systematische Herangehensweise an das Fehlermanagement zu etablieren.

Umgang mit Fehlern in der Praxis

Hier möchte ich euch ein paar Beispiele zeigen, was passieren kann, wenn kein funktionierendes Fehlermanagement in einer Arztpraxis etabliert ist.

  1. Verwechslung von Patientenakten: Eine MFA gibt versehentlich die Laborergebnisse des falschen Patienten an den Arzt weiter. Der Arzt stellt daraufhin eine Fehldiagnose und leitet eine unnötige Behandlung ein. Statt den Fehler offen anzusprechen, wird er vertuscht, um Konsequenzen zu vermeiden. Der Patient fordert Schmerzensgeld über einen anwaltlich begleiteten Prozess ein.
  2. Übersehen einer Medikamentenallergie: Ein Arzt verschreibt einem Patienten ein Antibiotikum, ohne die in der Akte vermerkte Allergie zu beachten. Die MFA bemerkt den Fehler, traut sich aber nicht, den Arzt darauf hinzuweisen. Der Patient erleidet eine allergische Reaktion.
  3. Fehlerhaftes Ablegen von Befunden: Ein wichtiger Röntgenbefund wird falsch abgelegt und nicht in die Patientenakte eingeordnet. Bei der nächsten Konsultation fehlt diese Information, was zu einer verzögerten Diagnose führt. Das Praxisteam schiebt sich gegenseitig die Schuld zu, anstatt gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Die Stimmung in der Praxis kippt in der Belegschaft.
  4. Vergessene Terminbestätigung: Eine MFA vergisst, einen wichtigen Facharzttermin für einen Patienten zu bestätigen. Der Termin verfällt, was zu einer erheblichen Verzögerung in der Behandlung führt. Aus Angst vor Kritik verschweigt die MFA den Vorfall. Der Patient veröffentlicht eine negative Bewertung im Internet.
  5. Falsche Medikamentendosierung: Ein Arzt verschreibt versehentlich eine zu hohe Dosis eines Blutdruckmedikaments. Die Apotheke bemerkt den Fehler, kontaktiert aber die Praxis nicht. Der Patient nimmt das Medikament ein und erleidet Nebenwirkungen. In der Praxis wird der Vorfall nicht systematisch aufgearbeitet, um ähnliche Fehler in Zukunft zu vermeiden.

Diese Beispiele zeigen, wie wichtig eine offene Fehlerkultur und ein systematisches Fehlermanagement in der Arztpraxis sind, um die Patientensicherheit zu gewährleisten und die Versorgungsqualität zu verbessern.

In einer Arztpraxis sollte daher mit Fehlern konstruktiv umgegangen werden und – ganz wichtig – ohne mit dem Finger auf eine Person zu zeigen, bei der etwas schiefgelaufen ist. Es soll eine Atmosphäre existieren, in der Fehler offen angesprochen und nicht vertuscht werden. Anschließend braucht es eine systematische Aufarbeitung des Fehlers, um ähnliche Fehler zukünftig zu vermeiden.

Es ist wichtig, eine "Fehlerkultur" zu etablieren, in der alle Teammitglieder aktiv am Fehlermanagement beteiligt sind.

Praktische Umsetzung des Fehlermanagements

Um ein effektives Fehlermanagement in eurer Praxis zu implementieren, beachtet folgende Punkte:

  • Schafft eine vertrauensvolle Atmosphäre
  • Etabliert klare Prozesse zur Fehlermeldung und -analyse
  • Nutzt (anonyme) Fehlermeldesysteme wie CIRS
  • Führt regelmäßige Schulungen zum Thema Fehlermanagement durch
  • Entwickelt gemeinsam mit dem Team Strategien zur Fehlervermeidung
  • Entwickelt Checklisten für kritische Prozesse
  • Implementiert ein Doppelkontrollsystem bei der Medikamentengabe
  • Führt Simulationstrainings für Notfallsituationen durch

Ein gut umgesetztes Fehlermanagement ist essenziell für die Patientensicherheit und die Qualität der medizinischen Versorgung. Als MFA können wir aktiv dazu beitragen, indem ihr eine offene Fehlerkultur fördert und euch aktiv am Fehlermanagementprozess beteiligt. Aus Fehlern zu lernen ist der beste Weg, um die Versorgungsqualität kontinuierlich zu verbessern

Wie geht ihr in eurer Praxis mit Fehlern um? Welche Fehlerkultur herrscht bei euch? Habt ihr „Best Practices“, die ihr hier teilen wollt? 

Viele Grüße

Eure Steffi

Die Autorin Steffi, MFA/Wundexpertin (ICW)
Steffi Blog

Nach der Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten in einer dermatologischen Praxis für 5 Jahre im Praxisalltag als MFA, seit 2014 bei Dr. Ausbüttel (DRACO®). Wundexpertin (ICW) und bloggende MFA mit Leidenschaft.

E-Mail schreiben