Angst vor Spritzen: So können MFA helfen, die Spritzenangst von Patienten zu überwinden
Praxisalltag

Angst vor Spritzen: So können MFA helfen, die Spritzenangst von Patienten zu überwinden

Die Angst vor Spritzen ist eine weit verbreitete Phobie, die Menschen jeden Alters betrifft. Als Medizinische Fachangestellte (MFA) in einer Arztpraxis haben wir fast täglich mit Patienten zu tun, die unter Angst vor einer Injektion, sogenannter Trypanophobie, leiden. Die Bewältigung dieser Angst erfordert Einfühlungsvermögen, Geduld und eine respektvolle Herangehensweise. 

Schweißausbrüche, Schwindel, Panik bis hin zur Ohnmacht: in der Form kann der Körper von Patienten mit Spritzenangst regelrecht überreagieren und kollabieren. Die Angst vor Spritzen ist weiter verbreitet, als viele Betroffene es offen zugeben möchten. Unter Jugendlichen weisen 20 bis 50 Prozent und unter jungen Erwachsenen 20 bis 30 Prozent eine Angst vor Spritzen auf, wobei die Spritzenangst mit zunehmendem Alter abnimmt1.

In diesem Artikel zeige ich euch Ideen, wie ihr als MFA helfen können, die Spritzenangst eurer Patienten zu lindern und den Arztbesuch für sie angenehmer zu gestalten.

1. Verständnis für die Angst zeigen

Der erste Schritt bei der Bewältigung der Spritzenangst von Patienten ist, Verständnis zu zeigen. Es ist wichtig zu erkennen, dass diese Angst real und ernsthaft ist. Oftmals fühlen sich Patienten mit Angst vor Spritzen unverstanden oder sogar verurteilt. Ein Herunterspielen der Angst oder genervte Reaktionen machen das Problem für die Betroffenen tatsächlich eher nur noch größer. Nehmt euch also Zeit, um zuzuhören und die Sorgen und Ängste eures Patienten zu verstehen.

2. Aufklärung und Information

Informiert eure Patienten über den bevorstehenden Eingriff, die Art der Injektion und die damit verbundenen Vorteile. Dies kann die Angst reduzieren, da ein Mehr an Wissen oft die Unsicherheit mindert. Beantwortet geduldig alle Fragen, die eure Patienten haben, und stellt sicher, dass sie sich gut vorbereitet fühlen. Auch wenn es für euch als MFA abwegig erscheint, könnt ihr beispielsweise auf Folgendes hinweisen:

  • Erklärt, dass die Nadel zu kurz ist, um Organe zu verletzen. 
  • Erklärt, dass die Nadel nicht abbricht und nicht im Körper verbleibt.
  • Beschreibt, was ihr als MFA machen werdet, wenn euer Patient ohnmächtig oder eine Panikattacke bekommen sollte.
  • Weist eventuell darauf hin, dass ihr der Verschwiegenheit unterliegt und alles, was im Behandlungsraum passiert, nicht nach außen getragen wird. 
  • Fragt eure Patienten gezielt nach ihren Ängsten und Befürchtungen, um diese Fragen mit eurem Fachwissen beantworten zu können und sie so zu beruhigen.

3.  Alternatives Equipment prüfen

Grundsätzlich macht es bei Patienten mit Spritzenangst Sinn, die Behandlung auf einer Liege durchzuführen, sodass sich euer Patient bei Bedarf hinlegen kann. Überlegt, ob ihr die Behandlung, die ihr durchführen müsst, mit einer kleineren Spritze machen könnt oder ob ihr vor dem Einstich noch ein örtlich wirkendes Betäubungsmittel auftragen könnt. Falls es alternative Behandlungsarten gibt, die nasal oder sublingual verabreicht werden können, könntet ihr das bei Spritzenangst-Patienten ebenfalls in Erwägung ziehen. Bei Patienten, die sich regelmäßig selbst spritzen müssen, kann es helfen, einen Pen als Applikator auszuwählen, bei dem die Spritze zumindest nicht sichtbar ist. 

4. Ablenkung bieten

Während des Eingriffs kann Ablenkung eine wirksame Methode zur Angstbewältigung sein. Verwickelt eure Patienten in ein unterhaltsames Gespräch, bietet ihnen an, Musik zu hören oder ein Spiel auf dem Smartphone zu spielen. Ablenkung kann helfen, den Fokus von der Spritze abzulenken und die Angst zu reduzieren.

5. Beruhigende Worte und Unterstützung

Eure Worte und Unterstützung können einen großen Unterschied machen. Ermutigt eure Patienten, tief zu atmen und sich zu entspannen. Beruhigende Worte wie "Sie sind in sicheren Händen" oder "Es wird nur einen Moment dauern" können hilfreich sein. Zeigt Mitgefühl und nehmt die Ängste eurer Patienten ernst. Bietet euren Patienten gerne ein Glas Wasser an.

6. Langsames Vorgehen

Geht langsam und behutsam vor, ohne den Stress der Praxis in den Behandlungsraum zu tragen. Patienten mit Spritzenangst benötigen oft mehr Zeit, um sich auf den Eingriff vorzubereiten. Weist den behandelnden Arzt auf die Spritzenangst beim Patienten hin, sodass der Eingriff in einem ruhigen Tempo durchgeführt wird. So fühlt sich der Patient wohler.

7. Entspannungstechniken anbieten

Bietet Entspannungstechniken wie Atemübungen oder progressive Muskelentspannung an. Diese Methoden können dazu beitragen, die Angst vor der Spritze zu lindern und die Patienten zu beruhigen. Ihr könnt diese Techniken auch kurz erklären und euren Patienten empfehlen, sich mit diesen Techniken auseinanderzusetzen, um sie bei der nächsten Spritze anwenden zu können.

8. Nachsorge und Aufmunterung

Nach der Injektion ist es wichtig, sicherzustellen, dass sich der Patient gut fühlt. Bietet ihm an, noch etwas sitzen zu bleiben und schaut nach kurzer Zeit, ob es ihm gut geht. Muntert eure Patienten auf, dass der unangenehme Teil schon geschafft ist.

 

Die Spritzenangst zu bewältigen erfordert Geduld und Empathie. Als MFA könnt ihr einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass der Arztbesuch für eure Patienten weniger stressig wird. Indem ihr Verständnis zeigt, Informationen bereitstellt, Ablenkung bietet, beruhigende Worte verwendet, langsam vorgeht, Entspannungstechniken anbietet und nach der Injektion für Aufmunterung sorgt, könnt ihr dazu beitragen, dass sich eure Patienten wohler fühlen und ihre Angst allmählich überwinden.

In extremen Fällen solltet ihr mit dem Arzt oder der Ärztin in eurer Praxis sprechen, ob eine Überweisung zu einem Psychotherapeuten sinnvoll ist, wo eine Phobie beispielsweise mittels Verhaltenstherapie behandelt werden kann. 

Welche Erfahrungen habt ihr mit Spritzenangst-Patienten gemacht? Wie geht ihr damit um? Habt ihr spezielle Tipps und Tricks, die ihr hier mit uns teilen wollt?

Viele Grüße

Eure Steffi

Trypanophobie – Was ist die „Spritzenphobie“?

Die Trypanophobie zählt zu den spezifischen Phobien, bei denen Betroffene eine krankhafte Angst haben vor einer Injektion, Spritzen im Allgemeinen oder dem Anblick von Blut, Spritzen oder Verletzungen. Diese Phobie ist mit dem ICD-Code F40.2 offiziell anerkannt.2

In den meisten Fällen entsteht diese Angst bei einem kleinen Anteil von Kindern, die aufgrund einer chronischen Erkrankung längere Aufenthalte im Krankenhaus hatten und dabei Angst und Schmerzen erlebt haben. 

Quellen:

Die Autorin Steffi, MFA/Wundexpertin (ICW)
Steffi Blog

Nach der Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten in einer dermatologischen Praxis für 5 Jahre im Praxisalltag als MFA, seit 2014 bei Dr. Ausbüttel (DRACO®). Wundexpertin (ICW) und bloggende MFA mit Leidenschaft.

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